Schriften in gesonderten Heften herausgegeben werden.
Dieser Anregung folgend, haben sich die Verlagsnach-
folger der Firma Carl Teufel kürzlich entschlossen, nach
dem Muster der Pariser Nationalbibliothek, wenn auch in
anderer Ausführung, eine umfassende Reihe der wichtigsten
Miniaturenhandschriften der Münchner Bibliothek in Repro-
duktionen zu veröffentlichen. Vielfach geäußerten Wünschen
entsprechend, wird den Abbildungen ein Text beigegeben,
welcher alle wissenswerten Angaben über die betreffenden
Handschriften selbst, ihre Herkunft, Geschichte, kunsthisto-
rische Bedeutung usw. und insbesondere ikonographische
Erläuterungen enthalten soll. Die Überwachung der Repro-
duktionen sowie die Abfassung der textlichen Beschrei-
bungen hat der hierfür wohl am besten berufene Vorstand
der Handschriftenabteilung Dr. Georg Leidinger, über-
nommen; die orientalischen Handschriften werden von Dr. E.
Gratzl behandelt. Die Veröffentlichung wird in der Weise
erfolgen, daß die einzelnen Hefte in sich abgeschlossen in
zwangloser Folge erscheinen werden. Größte Genauig-
keit in der Wiedergabe der Bilder und beste äußere Aus-
stattung sollen sich mit billiger Preisstellung (zirka 50 Pfg.
pro Tafel und Mk. 1.— pro Textbogen) vereinigen, um
Gelehrten und Studierenden, Kunstforschern und Kunst-
liebhabern etwas wirklich Brauchbares zu bieten, das sich
mit nicht zu großen Opfern erwerben läßt. Grothe.
Bücher-Besprechungen.
Rudolf Frank. Scheich 'Adi, der große Heilige des
Jezidis. Mit einer Tafel. Berlin 1911. Mayer & Müller.
Über das mohammedanische Sektenwesen beginnen
dank eifriger Nachforschungen in letzter Zeit die Quellen
reichlicher zu fließen. Georg Jacob, der mit seinen scharf-
sinnigen Untersuchungen über die Bektaschis ein bisher wenig
sorgfältig bearbeitetes Stoffgebiet gründlich gesichtet hat,
gab auch die Anregung zu der vorliegenden Schrift. Sie
ist daher als 14. Band von Jacobs „Türkischer Bibliothek“
erschienen. Neben der Darstellung, die Theodor Menzel
auf Grund eines von mir in Mosul beschafften Druckes in
Bd. I der wissenschaftlichen Resultate meiner Vorderasien-
expedition 1906 und 1907 von den Jesiden gegeben hat
(Die Teufelsanbeter oder ein Blick auf die widerspenstige
Sekte der Jesiden. Ein türkischer Text über die Jesiden
von Mustafa Nuri Pascha, dem Kreter, S. LXXXIX—CCX1)
darf Franks fleißige und tüchtige Arbeit als die beachtens-
werteste gelten. Derselbe versucht, nachdem Klarheit über
die Persönlichkeit des Sektenstifters 'Adi ben Musäfir al
Hekkäri (f 557) geschaffen ist, die von diesem stammenden
Schriften und Gedichte zusammenzustellen, weiterhin be-
hufs kritischer Analyse des Überlieferten die in der orien-
talischen Literatur sich findenden Bemerkungen über den
Heiligen und seine Lehre. Bemerkenswert ist die Franksche
Feststellung, daß eine Ordensgemeinschaft ('Adiwija) die
Verehrung 'Adis in die Jesiden hineintrug, ebenso daß
sufische Philosophie bei ihnen ihre Niederschläge fand,
wie durch von al-Hasan stammende Reflexionen erwiesen
wird. Verdienstlich ist die Wiedergabe einer Reihe volks-
tümlicher mittelalterlich-islamitischer Legenden über die
Wundertaten großer Heiliger. Auch Frank vermag die sich
Kleine Mitteilungen.
bietenden Probleme (Entwicklung der Jesidenlehre und Ur-
sprung der einzelnen gnostischen Elemente) noch nicht voll-
ständig zu lösen. Aber sein streng methodisches Forschen
und seine Literaturkenntnis lieferten mannige neue glück-
liche Gesichtspunkte. Grothe.
Ananda K. Coomaraswamy. Indian drawings. Mit
39 Tafeln und 25 Abbild, im Text. S.-A. Burlington
Magazine. 1910.
Was der Verfasser in diesem bemerkenswerten Werke
vorlegt, ist die Arbeit eines Pioniers auf dem Gebiete der
indischen Kunst. Seine rege Sammeltätigkeit, in Indien
selbst durch längere Zeit betrieben, hat ihn in den Stand
gesetzt, in den Besitz zahlreicher noch unbekannter und
unveröffentlichter, zumeist aus dem 17. Jahrhundert stam-
mender indischer Zeichnungen zu kommen. Er steht also
bezüglich dessen, was er hier über die Räjpüt und Mughal-
schule zu sagen weiß, durchaus nicht auf fremden Schul-
tern. Was die Untersuchungen von Coomaraswamy aus-
zeichnet, sind die Perspektiven, die er hinsichtlich der Zu-
sammenhänge mit der übrigen orientalischen Kunst, nament-
lich der persischen, bietet, sowie seine kulturgeschichtlichen
Ausblicke, die Indiens Vorstellungs- und Sagenwelt prächtig
erfassen. So bieten seine Ausführungen bei weitem mehr
als einen bloßen begleitenden Text zu dem reichlich repro-
duzierten Material von ziemlich 100 indischen Zeichnungen,
von denen einzelne in ihrem verblüffenden Realismus und
ihrer Sorgfalt in der Ausführung einzelner Details an euro-
päische Meister wie Holbein und Dürer erinnern. Wün-
schenswert gewesen wäre eine kleine historische Zusammen-
fassung der Hauptvertreter der besprochenen Zeichenschulen
nach ihren Lebensdaten und bekannten Werken. Gr.
Bernhard Kellermann. Ein Spaziergang in Japan.
Berlin 1911. Paul Cassirer.
Impressionistisch gehaltene geistreiche Plaudereien
über Japan sind öfters geschrieben worden, bald im Tone
des spöttelnden blasierten Globetrotters, bald im Stile des
ästhetischen jauchzenden Bewunderers. Was Kellermann
versucht, das ist, die japanische Natur- und Menschenseele
in aller Kraft und Reinheit auf sich wirken zu lassen.
Eine der schönsten Partien des Buches ist „Wie die
japanischen Götter wohnen“, in der die berühmten Tempel
von Izumo geschildert werden. Ich führe einige Sätze aus
den Eingangsworten zu diesem Kapitel an, die zeigen, wie
der Autor in künstlerischer Darstellung die Seele Japans
zu erlauschen trachtet: „Die Wohnung eines Gottes kann
wie ein verstaubter Dachboden sein, angefüllt mit Gerümpel
und Moder, riesigen Papierlaternen, vergilbten Bildwerken,
beschmutzt von Vögeln und bedeckt mit kleinen Papier-
kugeln, die die Gläubigen gegen sie schleuderten. Der
Tempel kann so groß sein, daß das Bildnis des Gottes
winzig erscheint, aber zuweilen scheinen die runden
Schultern des lächelnd sitzenden riesenhaften Gottes das
enge Gehäuse zu sprengen. Es können Tausende von
Gottheiten in einem Tempel wohnen, eine Armee von
Göttern, ein Feuermeer von Gold, Büscheln von Armen
und Schmuck. Die Götter können in Palästen wohnen
und in Strohhütten, in einer Grotte unter der Erde oder
auf einem Hügel im Schatten alter Fichten. Ihre Wohnung
Orientalisches Archiv II, 21
151
Dieser Anregung folgend, haben sich die Verlagsnach-
folger der Firma Carl Teufel kürzlich entschlossen, nach
dem Muster der Pariser Nationalbibliothek, wenn auch in
anderer Ausführung, eine umfassende Reihe der wichtigsten
Miniaturenhandschriften der Münchner Bibliothek in Repro-
duktionen zu veröffentlichen. Vielfach geäußerten Wünschen
entsprechend, wird den Abbildungen ein Text beigegeben,
welcher alle wissenswerten Angaben über die betreffenden
Handschriften selbst, ihre Herkunft, Geschichte, kunsthisto-
rische Bedeutung usw. und insbesondere ikonographische
Erläuterungen enthalten soll. Die Überwachung der Repro-
duktionen sowie die Abfassung der textlichen Beschrei-
bungen hat der hierfür wohl am besten berufene Vorstand
der Handschriftenabteilung Dr. Georg Leidinger, über-
nommen; die orientalischen Handschriften werden von Dr. E.
Gratzl behandelt. Die Veröffentlichung wird in der Weise
erfolgen, daß die einzelnen Hefte in sich abgeschlossen in
zwangloser Folge erscheinen werden. Größte Genauig-
keit in der Wiedergabe der Bilder und beste äußere Aus-
stattung sollen sich mit billiger Preisstellung (zirka 50 Pfg.
pro Tafel und Mk. 1.— pro Textbogen) vereinigen, um
Gelehrten und Studierenden, Kunstforschern und Kunst-
liebhabern etwas wirklich Brauchbares zu bieten, das sich
mit nicht zu großen Opfern erwerben läßt. Grothe.
Bücher-Besprechungen.
Rudolf Frank. Scheich 'Adi, der große Heilige des
Jezidis. Mit einer Tafel. Berlin 1911. Mayer & Müller.
Über das mohammedanische Sektenwesen beginnen
dank eifriger Nachforschungen in letzter Zeit die Quellen
reichlicher zu fließen. Georg Jacob, der mit seinen scharf-
sinnigen Untersuchungen über die Bektaschis ein bisher wenig
sorgfältig bearbeitetes Stoffgebiet gründlich gesichtet hat,
gab auch die Anregung zu der vorliegenden Schrift. Sie
ist daher als 14. Band von Jacobs „Türkischer Bibliothek“
erschienen. Neben der Darstellung, die Theodor Menzel
auf Grund eines von mir in Mosul beschafften Druckes in
Bd. I der wissenschaftlichen Resultate meiner Vorderasien-
expedition 1906 und 1907 von den Jesiden gegeben hat
(Die Teufelsanbeter oder ein Blick auf die widerspenstige
Sekte der Jesiden. Ein türkischer Text über die Jesiden
von Mustafa Nuri Pascha, dem Kreter, S. LXXXIX—CCX1)
darf Franks fleißige und tüchtige Arbeit als die beachtens-
werteste gelten. Derselbe versucht, nachdem Klarheit über
die Persönlichkeit des Sektenstifters 'Adi ben Musäfir al
Hekkäri (f 557) geschaffen ist, die von diesem stammenden
Schriften und Gedichte zusammenzustellen, weiterhin be-
hufs kritischer Analyse des Überlieferten die in der orien-
talischen Literatur sich findenden Bemerkungen über den
Heiligen und seine Lehre. Bemerkenswert ist die Franksche
Feststellung, daß eine Ordensgemeinschaft ('Adiwija) die
Verehrung 'Adis in die Jesiden hineintrug, ebenso daß
sufische Philosophie bei ihnen ihre Niederschläge fand,
wie durch von al-Hasan stammende Reflexionen erwiesen
wird. Verdienstlich ist die Wiedergabe einer Reihe volks-
tümlicher mittelalterlich-islamitischer Legenden über die
Wundertaten großer Heiliger. Auch Frank vermag die sich
Kleine Mitteilungen.
bietenden Probleme (Entwicklung der Jesidenlehre und Ur-
sprung der einzelnen gnostischen Elemente) noch nicht voll-
ständig zu lösen. Aber sein streng methodisches Forschen
und seine Literaturkenntnis lieferten mannige neue glück-
liche Gesichtspunkte. Grothe.
Ananda K. Coomaraswamy. Indian drawings. Mit
39 Tafeln und 25 Abbild, im Text. S.-A. Burlington
Magazine. 1910.
Was der Verfasser in diesem bemerkenswerten Werke
vorlegt, ist die Arbeit eines Pioniers auf dem Gebiete der
indischen Kunst. Seine rege Sammeltätigkeit, in Indien
selbst durch längere Zeit betrieben, hat ihn in den Stand
gesetzt, in den Besitz zahlreicher noch unbekannter und
unveröffentlichter, zumeist aus dem 17. Jahrhundert stam-
mender indischer Zeichnungen zu kommen. Er steht also
bezüglich dessen, was er hier über die Räjpüt und Mughal-
schule zu sagen weiß, durchaus nicht auf fremden Schul-
tern. Was die Untersuchungen von Coomaraswamy aus-
zeichnet, sind die Perspektiven, die er hinsichtlich der Zu-
sammenhänge mit der übrigen orientalischen Kunst, nament-
lich der persischen, bietet, sowie seine kulturgeschichtlichen
Ausblicke, die Indiens Vorstellungs- und Sagenwelt prächtig
erfassen. So bieten seine Ausführungen bei weitem mehr
als einen bloßen begleitenden Text zu dem reichlich repro-
duzierten Material von ziemlich 100 indischen Zeichnungen,
von denen einzelne in ihrem verblüffenden Realismus und
ihrer Sorgfalt in der Ausführung einzelner Details an euro-
päische Meister wie Holbein und Dürer erinnern. Wün-
schenswert gewesen wäre eine kleine historische Zusammen-
fassung der Hauptvertreter der besprochenen Zeichenschulen
nach ihren Lebensdaten und bekannten Werken. Gr.
Bernhard Kellermann. Ein Spaziergang in Japan.
Berlin 1911. Paul Cassirer.
Impressionistisch gehaltene geistreiche Plaudereien
über Japan sind öfters geschrieben worden, bald im Tone
des spöttelnden blasierten Globetrotters, bald im Stile des
ästhetischen jauchzenden Bewunderers. Was Kellermann
versucht, das ist, die japanische Natur- und Menschenseele
in aller Kraft und Reinheit auf sich wirken zu lassen.
Eine der schönsten Partien des Buches ist „Wie die
japanischen Götter wohnen“, in der die berühmten Tempel
von Izumo geschildert werden. Ich führe einige Sätze aus
den Eingangsworten zu diesem Kapitel an, die zeigen, wie
der Autor in künstlerischer Darstellung die Seele Japans
zu erlauschen trachtet: „Die Wohnung eines Gottes kann
wie ein verstaubter Dachboden sein, angefüllt mit Gerümpel
und Moder, riesigen Papierlaternen, vergilbten Bildwerken,
beschmutzt von Vögeln und bedeckt mit kleinen Papier-
kugeln, die die Gläubigen gegen sie schleuderten. Der
Tempel kann so groß sein, daß das Bildnis des Gottes
winzig erscheint, aber zuweilen scheinen die runden
Schultern des lächelnd sitzenden riesenhaften Gottes das
enge Gehäuse zu sprengen. Es können Tausende von
Gottheiten in einem Tempel wohnen, eine Armee von
Göttern, ein Feuermeer von Gold, Büscheln von Armen
und Schmuck. Die Götter können in Palästen wohnen
und in Strohhütten, in einer Grotte unter der Erde oder
auf einem Hügel im Schatten alter Fichten. Ihre Wohnung
Orientalisches Archiv II, 21
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