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Prähistorische Blätter — 6.1894

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Nr. 5
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Ausgrabungen und Funde
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https://doi.org/10.11588/diglit.32977#0114
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76

Ausgrabungen uncl Funde.

setzen lassen. Die Ilörner. die für das hiesige altnordiscbe Museum er-
worben wurden, zeigen denselben Typ wie diejenigen , die man bisher in
Dänemark gefunden hat; sie sind konisch geformt und zwei Meter lang.
Eine charakteristische Eigenschaft ist die am Ende der Hörner befindliche
flache Platte mit Schildbuckeln. Die Hörner stammen aus der Zeit won
etwa 600 v. Chr. her, und nach Ansicht des Museumsdirektors Dr. Müller
muss am Fundorte in alter Zeit ein heiliger Hain gestanden haben, der als
Opferhain benutzt wurde und wo die Hörner als Opfer uiedei'gelegt worden
sind. Das Paar, das man in diesen Tagen in Norwegen gefunden hat, lag
in der Umgegend von Stavanger, dessen Museum es. einverleibt wurde.
Dieso beiden Hörner sind von der gleichen Art und Grösse wie die meisten,
die in Däuemark gefunden worden sind. Namentlich das eine von ihneu
ist vorzüglich erhalten. Charakteristisch ist, dass, wie in den meisten
friiheren Fällen auch jetzt wiedei' diese Instrumente paarweise gefunden
worden sind, und je zwei und zwei stimmen auch dem Tone nach zusammen.
Einige der im altnordischen Museum befindlichen Hörner haben sich näm-
lich in dem Moorboden, in dem sie gefunden worden, die tausende Jahre
hindurch so gut erhalten, dass noch alle ihre musikalischen Eigenschaften,
Tonumfang, Klang u. s. w. beurtheilt werden können. Nach den Unter-
suchungen des Dr. Hammerich hier stimmen einige in C, einige kleinere in
Es, andere in D, E oder G. Im übrigen zeugen diese elegant geschwungenen
und verzierten altnordischen Hörner von sehr entwickeltem Geschmack und
grossei' technischer Fertigkeit im Alterthum. Äls eine Art Vorbild haben
vermuthlich grosse Thierhörner gedient. Die Hörner sind in verschiedenen
Theilen gegossen und dann zusammengesetzt. Von dem zugleich kräftigen
und weichen Ton dieser Hörner hat sich in Kopenhagen ein grösseres
Publikum iiberzeugen können, denn sowohl im vorigen wie in diesem Jahre
iiess die Museumsvenvaltung durch einige Kammermusiker mit zwei alt-
noi'disclien Hörnern eine ßeihe von Musikstücken aufführen, wobei sich ein
ganz bedeutender Tonumfang ergab. In . der Hauptsache dienten diese
Hörner früher jedenfalls dem Tempeldienst.

Aus Kreta meldet die „Academy“ neue Funde, wodurch uns die Ur-
bevölkerung von Kreta und clen Kiisten des mittelländischen Meeres immer
mehr bekannt wird; namentlick siud clie hieroglyphischen Schriftzeichen,
clie dort gefunden worden sincl, einer genaueren Betrachtung unterzogen
worden. Zugleich werden Melclungen von neuen Ausgrabuugen mitgeteilt,
die Dr. Halbherr in Kreta angestellt kat.. „Nach einer theilweiseu
Untersuchung der Nekropoien von Curtes und Camares habe ich eine ein-
gehende Nachforschuhg in der Nekropolis von Erganos angestellt, wo ich
clrei Kuppelgräber der mykenischen Periode untersuchte. Eines davon war
völlig unberührt und ganz und gar erhalten. Es enthielt clie Reste von
sechs Körpern mit dem ganzen Bestattungsapparat, cler aus einer Sammlung
von verschiecleneneu mykenischen Yasen bestand ; sie waren so gut wie
unberükrt und standen nock in der ursprünglichen Stellung, iu der sie
tausend Jahre vor Christi Geburt aufgestellt waren. Bevor sie aufgenommen
wurden, liess ich genau die Stellung bgzeichnen, iu der sie gefunden wurden.
Die am Besten erhaltenen Schädel sind in das Museum in Kandia gebracht
worden, wo sie zum Studium der Bevölkerung dienen sollen, die einst die
mykenische Kultur in Kreta ausbreitet'e. Jetzt haben wir das Material von
Camares, Curtes und Erganos, so dass die Frage nach der mykenischen
Kultur in diesen Gegenden reicklich gefördert werden kaun. Ausserdem
habe ich zwei bisher unbekannte Städte entdeckt; die eine ist die, zu
welcher die Nekropolis auf den Bergen von Erganos gehört, die andere eine
grosse Stadt auf einer Höhe zwischen Lyttos uud Thatos. Die erste ergab
 
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