Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Rahn, Johann Rudolf
Geschichte der bildenden Künste in der Schweiz: von den ältesten Zeiten bis zum Schlusse des Mittelalters ; mit 2 Tafeln und 167 in den Text gedruckten Holzschnitten — Zürich, 1876

DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.29817#0070

DWork-Logo
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
38

Die Architektur. Tempel und Nutzbauten.

nichts anderes als ein Gemisch von altitalischen, etruskischen Ueberliefe-
rangen, und griechischen Elementen. Was die Römer an diesem Ausbau-
vollendet haben, kommt lediglich auf die Rechnung ihrer Prunksucht und-
Praxis zu stehen. Dahin gehört die Vermehrung des Säulenschmuckes durch
neue Ordnungen, die Verbindung derselben mit dem etruskischen Gewölbe-
bau, auch neue Grundrissformen brachten die Römer auf, den Monop-
t e r o s, wo die Kuppel auf einem Kreise von Säulen ruht und den Peripteros,
wo die Stützen in Form eines runden Umganges, die gewölbte Cella, den.
Mauerbau des Tempels begleiten.

Alle diese Bauten aber treten an Umfang und Bedeutung zurück
neben einer anderen Classe von Denkmälern, in denen sich der Geist des^
Römers in seiner wahren Grösse aber auch in der ganzen Schärfe seiner
Einseitigkeit zu erkennen giebt. Die Kunst der Hellenen war der Gottheit
und den Musen geweiht, ihre höchsten Leistungen sind die Tempel und die
Theater, diesen allein auch kam die Auszeichnung zu in dem bildgeschmückten
Giebel die Triumphe der Plastik zu zeigen. Die Kunst der Römer um-
gekehrt erscheint in erster Linie bürgerlichen Zwecken gewidmet. Wo es
gilt seine Macht zu festigen, da erkennt der Herrscher ein sicheres Mittel
in der Gründung derjenigen Institute, welche den Unterthanen zu Lust und
Nutzen gereichen. Als Augustus einmal einen Schauspieler wegen des Be-
nehmens gegen seinen Rivalen tadelte, da erhielt er zur Antwort: „Es ist
Dein Vortheil Caesar, dass sich das Volk mit uns beschäftige!“ Roms Un-
heil war sein Pöbel, kostspielig weil er unterhalten sein wollte, gefährlich
weil er müssig ging. Kaiser war nur der, welcher für Brodt und Spiele
sorgte. So wurden diese Letzteren, welche ursprünglich zur Verherrlichung“
der Götterfeste dienten, ein Mittel, durch welches sich die wahnsinnig-
sten Regenten in der Volksgunst zu erhalten wussten. Bühnenspiele mögen
die älteste Gattung gewesen sein. Im Allgemeinen kam die Einrichtung
des römischen Theaters derjenigen des griechischen ziemlich gleich. Sie-
bestand aus einer erhöhten Bühne, der Seena vor welcher sich halbrund
und treppenförmig ansteigend die Sitze für die Zuschauer aufbaueten.
„Aber der Menge, deren Nerven kaum mehr durch die krasseste Wirklichkeit
erschüttert werden konnten, blieben der Schein der Bühne natürlich unendlich
fern und die Gestalten der idealen Welt nur leblose Schatten.“ Für die
römische Plebs war eine kräftigere Nahrung nöthig. Sie fand sich in den
Rasereien der Cirken und Amphitheater, jene für das Wettlaufen der
Wagen und Reiter und diese für die Thierhetzen, für die Gladiatorenkämpfe,
ja selbst für ganze Seeschlachten (Naumachien). In beiden Bauten um-
schlossen amphitheatralisch aufsteigende Sitzreihen, dort in länglicher Aus-
dehnung, hier, im Amphitheater, in Form einer gedrungenen Ellipse den
tiefliegenden Kampfplatz, die Arena. So gewaltig waren einzelne dieser
 
Annotationen