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Rahn, Johann Rudolf
Geschichte der bildenden Künste in der Schweiz: von den ältesten Zeiten bis zum Schlusse des Mittelalters ; mit 2 Tafeln und 167 in den Text gedruckten Holzschnitten — Zürich, 1876

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https://doi.org/10.11588/diglit.29817#0257

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222

Die Monumente in der Westschweiz,

kapitälen bekrönt, die, gleich den dazwischen befindlichen Pfeilergesimsen,
eine Fülle ornamentaler Motive und phantastischer Figuren zeigen. Statt-
licher präsentirt sich das Aeussere, namentlich die Hauptapsis, die in zwei
Geschossen mit Bogenfriesen und Wandsäulchen decorirt und mit einem
schönen Kranzgesimse von Rollschichten, aufrechtstehenden Blättern u.s.w.
bekrönt ist.1) An der Südseite des Chores öffnet sich das schon erwähnte
Portal mit einer rundbogigen aus Rollschichten, Kugelfriesen und Rund-
stäben gebildeten Archivolte, die von eleganten Säulchen getragen wird.
Dahinter sind die einspringenden Gewände mit den Reliefgestalten der
Apostelfürsten geschmückt, rohe, steife Figuren, die vielfach an die der
Gallenpforte des Basler Münsters erinnern, wie sich denn überhaupt in
manchen Details eine nahe Verwandtschaft zwischen diesem letzteren Ge-
bäude und dem Chore von Neuchätel zu erkennen giebt.

Als ein förmliches Mittelglied zwischen diesen beiden Monumenten
erscheint endlich der Chor der ehemaligen Stiftskirche von S. Ursanne.
Streng genommen gehört derselbe bereits der Epoche des sogenannten
Uebergangsstiles an, indessen trägt das Detail einen so vorwiegend ro-
manischen Charakter und weist die ganze Haltung der östlichen Theile
so sehr auf die Bauschule des Basler Münsters hin, dass eine Erinnerung
an dieser Stelle nicht zurückgewiesen werden kann. Das Altarbaus zeigt
dieselbe Mischung gothischer und romanischer Formen, wie sie in Neu-
chätel beobachtet wurde: die Schmalseiten von Spitzbögen überspannt
und halbrunde Schildbögen an den Langwänden, neben denen sich wieder
zwei Nebenräume in Form eines Doppeljoches erstrecken. Auf das Altar-
haus folgt, wie in Basel, ein kurzes Joch, schon gothisch überwölbt, worauf
ein polygones Chorhaupt den Abschluss bildet. Darunter befindet sich
eine kleine Krypta, die übrigens bis auf die Wanddienste gothisch er-
neuert ist. An der Südseite des Altarhauses öffnet sich wie in Neuchätel
ein rundbogiges Portal, nach Art eines Triumphbogens horizontal über-
mauert und neben dem Thürbogen von Nischen durchbrochen, in denen
die thronenden Gestalten der Maria und eines Heiligen angebracht sind.

VIERTES KAPITEL.

DIE MONUMENTE IN DER WESTSCHWEIZ.

Aus den Trümmern der karolingischen Weltmonarchie hatte sich im
Jahre 888 das neue Reich von Transjuranisch- oder Hoch-Burgund er-

*) Auffallend sind hier die vielen Werkzeichen, mit denen die Quader ver-
sehen sind, eine Erscheinung, die sich auch an dem Chore von S. Ursanne und
 
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