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Rahn, Johann Rudolf
Geschichte der bildenden Künste in der Schweiz: von den ältesten Zeiten bis zum Schlusse des Mittelalters ; mit 2 Tafeln und 167 in den Text gedruckten Holzschnitten — Zürich, 1876

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https://doi.org/10.11588/diglit.29817#0184

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Drittes Buch.

149

DRITTES BUCH.

DIE ROMANISCHE KUNST.

ERSTES KAPITEL.

EINLEITUNG.

Das XI. Jahrhundert bezeichnet einen bedeutsamen Wendepunkt für
die Geschichte der nordischen Kunstentwickelung. Es ist die Zeit von der
wir das eigentliche Mittelalter datiren.

Aus den Gährungen und Kämpfen, welche dem Sturze der karo-
lingischen Monarchie gefolgt waren, hatten sich allmählig wieder festere
Zustände und geordnetere Verhältnisse herausgebildet. In Deutschland
gelang es den sächsischen Kaisern das Reich von den Barbaren zu be-
freien, und auf Grundlage neuer, dem Volksgeiste zusagender Einrichtungen
•einen kräftigen Ausbau der Reichseinheit durchzuführen. DieseMachtentfaltung
und die Römerzüge erweiterten den Gesichtskreis und wie unter den neuge-
festigten Zuständen die materiellen Verhältnisse sich hoben, so traten auch
für die künstlerische Entwickelung wieder bessere Zeiten ein. Aehnliches ist in
anderen Ländern zu beobachten: in die Grenzscheide des X. und XI. Jahr-
hunderts fällt die Entstehung des heutigen Frankreichs und bald darauf die
Begründung des normännisch-sächsischen Reiches in England. Ueberall
begegnen wir einem Streben nach nationaler Entwickelung und den mannig-
faltigen Aeusserungen eines selbständig gereiften Volksgeistes in Staat und
Sitte, Sprache und Kunst. Wohl hatten ähnliche Erscheinungen schon
früher stattgefunden, allein sie standen noch in heidnischer oder doch nicht
in völlig christlicher Umgebung. Die Abhängigkeit von der Antike war
vorerst eine Nothwendigkeit, und zwar eine so grosse, dass sich das erste
Jahrtausend gar nicht von derselben zu befreien vermochte. War dann
freilich das Ergebniss ein Anderes als es sich in den gleichzeitigen Zu-
ständen des Orients darstellte, so lag der Grund dazu in dem Charakter
 
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