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Rahn, Johann Rudolf
Geschichte der bildenden Künste in der Schweiz: von den ältesten Zeiten bis zum Schlusse des Mittelalters ; mit 2 Tafeln und 167 in den Text gedruckten Holzschnitten — Zürich, 1876

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https://doi.org/10.11588/diglit.29817#0369

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Der Chor.

Function von Strebepfeilern, zwischen denen die Wandflächen mit beliebig
grossen und zahlreichen Fenstern durchbrochen werden können. Ueber-
diess fiel damit der unschöne Anblick doppelter Curven weg, welchen die
bisher in einer halbkreisförmigen Mauer angebrachten Rundbogenfenster

darboten. Aber auch das neue Ge-
11 r- wölbesystem, die Eintheilung der Decke

in dreieckige Felder, bedingte die An-
wendung des polygonen Chorabschlusses.
Gewöhnlich wurde derselbe aus drei
Seiten gebildet, deren mittlere der
Fagade parallel war. Da ferner der
Schlussstein, in welchen die von den
Ecken aufsteigenden Rippen zusam-
mentrafen , ausserhalb des Polygones
lag, mussten, um demselben das nöthige
Widerlager zu verleihen, zwei andere
Diagonalen in entgegengesetzter Rich-
tung nach diesem Mittelpunkte geführt
werden, was dadurch geschah, dass
man das Polygon nach Westen hin
durch zwei den übrigen Seiten gleiche
Schenkelmauern verlängerte, und von
da aus die neuen Diagonalen nach dem
Schlusstein spannte, in welchem somit
die sämmtlichen Rippen, wie Strahlen
in einem Centrum, Zusammentreffen.
(Fig. iio). Gewöhnlich wurde das
Chorpolygon aus drei Seiten des Acht-
ecks, bei grösseren Kirchen, in der
Kathedrale von Genf z. B.; wohl auch
aus fünf Seiten des Zehnecks gebildet.
Flöchst selten — in den schweize-
rischen Bauten ist diess nur inS. Fran-
gois zu Lausanne der Fall — kömmt es vor, dass die Zahl der Seiten
eine gerade ist, so dass dann die Mitte des Chorabschlusses durch eine
Ecke gebildet wird. Im Gegensätze ferner zu der einfachen Choranlage
romanischer Bauten, die oft nur aus einer einfachen Apsis in unmittelbarem
Anschlüsse an das Langhaus besteht, ist das gothische Polygon stets mit
einer Verlängerung von wenigstens einem, in der Regel aber mehreren
westlich darauf folgenden Jochen versehen. Höchst selten dagegen findet
.sich jene besonders in französischen Bauten so häufige Auszeichnung des

JH..

Kathedrale zu Lasanne.
 
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