und Bern.
723
kannt ist dagegen die Zeit-ihrer Entstehung, die zwar kaum über das ge-
nannte Jahr hinabreicht, wohl aber nahezu zwei Decennien früher angesetzt
werden könnte, indem Meister Erhard schon 1466 als Besitzer eines Hauses
und „Bildmacher“ in den bernischen Acten erscheint.1)
Ein Aufwand üppigster Formen, wie sie die Gothik in ihrer höchsten
Reife erzeugte, ist hier in Bildwerken, Ornamenten und architektonischen
Zierden vereint, und was noch kahl des plastischen Schmuckes entbehrte,
das hat der Maler mit Gold und Farben belebt.2) Zwei nunmehr zerstörte
Bilder an den Schmalseiten der Vorhalle stellten grau in Grau gemalt den
Sündenfall im Paradiese und die Verkündigung dar; sie galten für Werke
des bernischen Malers Lux Löwensprung, der 1499 in der Schlacht von
Dörnach fiel. Darüber wölbt sich ein zierliches Netz von Rippen. Die
Kappen sind blau bemalt und mit goldenen Sternen besät, die Kreuzungen
der Rippen durch sieben Planeten bezeichnet und die Embleme der Evan-
gelisten, jene von Engeln begleitet, zu denen noch andere, neun an der
Zahl, die Repräsentanten der himmlischen Chöre, sich in den grossen Schluss-
steinen gesellen. Eine Doppelpforte führt von der Tiefe der Halle ins
-Schiff des Münsters hinein. Zwei Flachbogen krönen dieselbe, mit Laub-
werk üppig verziert und gemeinsam von einem starken Mittelpfosten ge-
tragen, an welchem, von Engeln fiankirt, das Bild der Madonna stand.
Ein Standbild der Justitia vertritt jetzt die Stelle desselben, ein reizendes
Werk im Stile der Renaissance, wie die Statuen der klugen und thörichten
Jungfrauen, welche die Wandungen des Portales schmücken. Den kraft-
voll gegliederten Hauptbogen schmückt eine dreifache Folge von Statuetten.
In den beiden inneren Kehlen, der Bewegung des Bogens folgend, sind
auf zierlichen Consolen unter reichen Baldachinen von verschiedener Form
hier fünf Engel angebracht mit den Leidenswerkzeugen, in der zweiten
Kehle die thronenden Gestalten Davids und der Propheten, endlich, im
dritten Range, wo über dem Scheitel des Bogens der Weltenrichter zwischen
der fürbittenden Mutter und dem Täufer Johannes erscheint, die grösseren
Standbilder der zwölf Apostel, die thronend von aufrecht aus der Archi-
volte emporwachsenden Consolen getragen werden. Es sind markige Ge-
stalten, voll individuellen Lebens, prächtig drapirt und in freien stets wech-
selnden Bewegungen dargestellt.
Die Mitte des Ganzen, die weite Fläche des Bogenfeldes mit einem
Wirrsal unzähliger Figuren füllend, nimmt die Darstellung des jüngsten
*) Stantz, Münsterbuch. S. 257 Note 25.
2) Eine kleine Abbildung des Portales a. a. O. Taf. I. Zwei Statuen von
Engeln und das spätere Standbild der Justitia im Neujahrsblatt (Neujahrsgeschenk)
von dem Künstlerverein in Bern für 1835.
46;
723
kannt ist dagegen die Zeit-ihrer Entstehung, die zwar kaum über das ge-
nannte Jahr hinabreicht, wohl aber nahezu zwei Decennien früher angesetzt
werden könnte, indem Meister Erhard schon 1466 als Besitzer eines Hauses
und „Bildmacher“ in den bernischen Acten erscheint.1)
Ein Aufwand üppigster Formen, wie sie die Gothik in ihrer höchsten
Reife erzeugte, ist hier in Bildwerken, Ornamenten und architektonischen
Zierden vereint, und was noch kahl des plastischen Schmuckes entbehrte,
das hat der Maler mit Gold und Farben belebt.2) Zwei nunmehr zerstörte
Bilder an den Schmalseiten der Vorhalle stellten grau in Grau gemalt den
Sündenfall im Paradiese und die Verkündigung dar; sie galten für Werke
des bernischen Malers Lux Löwensprung, der 1499 in der Schlacht von
Dörnach fiel. Darüber wölbt sich ein zierliches Netz von Rippen. Die
Kappen sind blau bemalt und mit goldenen Sternen besät, die Kreuzungen
der Rippen durch sieben Planeten bezeichnet und die Embleme der Evan-
gelisten, jene von Engeln begleitet, zu denen noch andere, neun an der
Zahl, die Repräsentanten der himmlischen Chöre, sich in den grossen Schluss-
steinen gesellen. Eine Doppelpforte führt von der Tiefe der Halle ins
-Schiff des Münsters hinein. Zwei Flachbogen krönen dieselbe, mit Laub-
werk üppig verziert und gemeinsam von einem starken Mittelpfosten ge-
tragen, an welchem, von Engeln fiankirt, das Bild der Madonna stand.
Ein Standbild der Justitia vertritt jetzt die Stelle desselben, ein reizendes
Werk im Stile der Renaissance, wie die Statuen der klugen und thörichten
Jungfrauen, welche die Wandungen des Portales schmücken. Den kraft-
voll gegliederten Hauptbogen schmückt eine dreifache Folge von Statuetten.
In den beiden inneren Kehlen, der Bewegung des Bogens folgend, sind
auf zierlichen Consolen unter reichen Baldachinen von verschiedener Form
hier fünf Engel angebracht mit den Leidenswerkzeugen, in der zweiten
Kehle die thronenden Gestalten Davids und der Propheten, endlich, im
dritten Range, wo über dem Scheitel des Bogens der Weltenrichter zwischen
der fürbittenden Mutter und dem Täufer Johannes erscheint, die grösseren
Standbilder der zwölf Apostel, die thronend von aufrecht aus der Archi-
volte emporwachsenden Consolen getragen werden. Es sind markige Ge-
stalten, voll individuellen Lebens, prächtig drapirt und in freien stets wech-
selnden Bewegungen dargestellt.
Die Mitte des Ganzen, die weite Fläche des Bogenfeldes mit einem
Wirrsal unzähliger Figuren füllend, nimmt die Darstellung des jüngsten
*) Stantz, Münsterbuch. S. 257 Note 25.
2) Eine kleine Abbildung des Portales a. a. O. Taf. I. Zwei Statuen von
Engeln und das spätere Standbild der Justitia im Neujahrsblatt (Neujahrsgeschenk)
von dem Künstlerverein in Bern für 1835.
46;