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Albert, Peter P.; Beyerle, Konrad [Hrsg.]
Die Kultur der Abtei Reichenau: Erinnerungsschrift zur zwölfhundertsten Wiederkehr des Gründungsjahres des Inselklosters 724-1924 (2. Halbband) — München: Verlag der Muenchner Drucke, 1925

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Beyerle, Konrad: Das Reichenauer Verbrüderungsbuch als Quelle der Klostergeschichte
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https://doi.org/10.11588/diglit.61011#0523

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Das Reichenauer V erbrüderungsbuch als Quelle der Kloster beschichte

1119

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wird für die Erkenntnis der Reichenauer Mönchs-
-hlechter jener Tage ein eigenartiges, viel-

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Zahl 527
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die von eher

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erDe'| leicht ein einzigartiges Kontrollmaterial erschloß-
SU sen. Und so spiegelt das Reichenauer Verbrü-
Jerungsbuch, in seinen beiden Teilen sich hierin
ergänzend, in der Tat die Blüte des Konvents
*5^'^ jßit Anbeginn wider; man muß die Zeichen nur

Mönchsnamen den Stammeintrag des imponieren-
den Konvents der 111 Mönche unter Abt Erle-
bald fort. Wie die Unregelmäßigkeit der Schrift
erkennen läßt, geschah dies zumeist in Einträgen
von kleineren Namengruppen, die sich schon im
Schriftbild (man vgL Taf. 1 und 2) deutlich
voneinander abheben. Diese Namengruppen sind
sicherlich nicht an einem beliebigen Tage in das
sorgsam gehütete Buch des Lebens eingetragen
worden; so müssen denn die Jungmönche der
Reihe der ,lebendigen Brüder der Reichenau4 von
Seiten eines Oberen bei Gelegenheit ihrer Pro-
feßfeier einheitlich angefügt worden sein.
Bevor die weitgehende Übereinstimmung der Na-
men zwischen der Liste der Viventes (Taf. 1
und 2) und den Profeßeinträgen im Teil 2 des
Verbrüderungsbuches erkannt war, konnte man
vielleicht annehmen, daß auf der Reichenau der
Eintrag der jungen Mönche in die Serie der Vi-
ventes den Profeßeintrag ersetzt hätte, während
umgekehrt in St. Gallen die eigenhändig ge-
schriebenen Profeßgelübde der Mönche (MG.
LC. S. 111 ff.) für sich stehen und im dorti-
gen Verbrüderungsbuch keine Entsprechung ha-
ben. Doch steht dem gerade der Umstand im
Wege, daß die Reichenauer Mönche sich ganz
allgemein auf dem Blatt der Viventes keineswegs
eigenhändig eingetragen haben, wie es der Pro-
feßbrauch der Ordensregel vorschreibt, sondern
daß, wie bemerkt, ein Oberer sämtliche bei der-
selben Gelegenheit auf genommenen Mönche in das
Verbrüderungsbuch eintrug. Zwar finden sich
später vereinzelt auch eigenhändige Einträge; sie
bilden aber die Ausnahme. Einer der charakte-
ristischsten derartigen Einträge eines neuen Mit-
gliedes der Verbrüderung (col. 20, 6, 7), ,HIR-
MINMARIS VOCOR, FRATRIB: FIDE-
LISSIMUS4 — d. h. ,Ich heiße Hirminmar
und will meinen Mitbrüdern der treueste Bruder
sein‘ -—, gehört nicht einem Mönche des eigenen
Klosters an; wahrscheinlicher jener auf pag. IV,

U atz zu dem von St. Gallen, darin, daß es auch
( vom eigenen Kloster auf besonderen Blättern die
] [ebenden und verstorbenen Brüder bucht. Damit

e Die rechtlichen Seiten des Verbrüderungswesens
und der Profeßerklärung sind im Zusammen-
M hang der Benediktiner regel und Klosterverfas-
sung schon gewürdigt worden (oben S. 284 ff.).
Doch fordert die ungewöhnliche Bedeutung der
jetzt wieder entdeckten Reichenauer Profeßliste
für die Aufhellung der allgemeinen Geschichte
Jes Klosters, dazu noch einiges zu sagen. Pro-
feßerklärungen — mögen sie in ein Buch oder
in eine Rolle eingetragen worden sein — und
Aufnahme in eine Gebetsverbrüderung haben an
sich miteinander nichts zu tun. Dennoch zeigt
gerade das alte Reichenauer Verbrüderungsbuch,
indem es die eintretenden jungen Mönche auch
als Mitglieder der Verbrüderung des Klosters
einschrieb, welch nahe Verbindung zwischen der
Aufnahme in den Konvent und dem Beitritt zur
großen Gebetsverbrüderung des Klosters be-
stand. So erklärt sich zwanglos, wieso man im
' 10. Jht. Verbrüderungsbuch und Profeßliste auf
der Reichenau zu einer Einheit verschmolz, ein
Vorgang, der übrigens auch anderwärts seine
Parallelen hat.
Daß von Anbeginn zwischen Profeß und Auf-
nahme des jungen Mönchs in die Gebetsverbrü-
i derung des Klosters ein Zusammenhang bestand,
beweist der handschriftliche Befund des Ver-
zeichnisses der Fratres viventes im Reichenauer
Verbrüderungsbuch. Die Doppelseite pag. IV—V
(Taf. 1 und 2) setzt mit mehreren hundert
 
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