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Repertorium für Kunstwissenschaft — 1.1875

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Janitschek, Hubert: Zur Charakteristik der palermitanischen Malerei der Renaissance-Zeit, 1, Antonio Crescenzo und seine Schule
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https://doi.org/10.11588/diglit.61801#0368

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Janitschek: Zur Charakteristik

sculpturen des Klosterhofes von Monreale; wahrlich, man wird da nicht
selten durch eine so hohe Formvollendung überrascht, dass man ver-
meint, es schaffe hier schon derselbe Geist, der auf dem Festlande erst
im Quattrocento erwacht.
Schon unter den Hohenstauffen ist die Thätigkeit auf diesen
Kunslgebieten in Abnahme begriffen. Friedrich II., wohl mit Recht im
Rufe eines Freigeistes, ist wenig zu kirchlichen Bauten aufgelegt. Sein
literarischer Hof in Palermo kennzeichnet das goldene Zeitalter der
Poesie für Sizilien; er selbst und seine beiden Söhne glänzen unter den
ältesten Poeten italienischer Zunge 3). Die fortdauernden inneren Kämpfe,
welche Sizilien nach Abschluss der Hohenstauffen-Tragödie heimsuchen,
der Wechsel der Dynastien, die schlimmen Leidenschaften, welche von
diesen zum Zwecke der Selbsterhaltung wachgerufen werden, der wach-
sende Uebermuth der Feudalherren gegenüber den Städten: alles dies
hält mit Verwirrung und Sorge die Gemüther gefesselt und lässt nicht
jene Heiterkeit und Freiheit der Stimmung aufkommen, welche das
wahre zeugende Element künstlerischer Thätigkeit ist. Daher die trost-
lose Oede nach solcher Rührigkeit, wie sie das 12. und zum Theile
noch die erste Hälfte des 13. Jahrhunderts zeigt, und kräftigere Spuren
künstlerischen Lebens erst wieder, da Alfons I. kräftigerer Hand und
weiseren Geistes als seine meisten Vorgänger die Regierung Siziliens
führt. Das selbstständige künstlerische Leben ist aber erloschen; die
heimische Kunstpflege bringt es nicht weit über die Reproduction
erstarrter alter Formen und Typen hinaus. Es bedarf des Anstosses
von Aussen, soll einige Rührigkeit, einiger Fortschritt sichtbar werden.
Wahrlich, es ist verlorene Liebesmüh, wenn noch Kunsthistoriker, wie
der jüngste und tüchtigste Siziliens, di Marzo, allen Ernstes darzulegen
versuchen, dass die künstlerischen Traditionen auf der Insel nicht unter-
brochen wurden, dass das künstlerische Leben sich stets aus eigener
Kraft regenerirte, ohne des Anstosses von Aussen zu bedürfen 4).
Damit will ich keineswegs sagen, dass die Nachbbäthe, welche der
grossen Thätigkeit des 12. Jahrhunderts im 15., 16. und noch 17. Jahr-
hundert folgt, jene Missachtung verdiente, die ihm nach dem Vorgänge
Vasari’s von Seite der Kunstforschung zu Theil wurde. Man begegnet
auch in dieser Periode ansprechenden, ja bedeutenden Erscheinungen,
frischen Phantasie die erstarrten byzantinischen Formen und wird verantwortlich zu
machen sein für die Fülle der Genre-Motive und deren fast naturalistische Darstel-
lung , welchen man in der Palatina und noch mehr im Dom von Monreale so oft
begegnet.
3) Scelte Poesie Liriche di Scrittori anteriori al Petrarca. Milano, 1871.
4) Di Marzo, Delle belle arti in Sicilia, bis 1862 4. vol. Palermo. 4°.
 
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