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Repertorium für Kunstwissenschaft — 1.1875

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Janitschek, Hubert: Zur Charakteristik der palermitanischen Malerei der Renaissance-Zeit, 1, Antonio Crescenzo und seine Schule
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https://doi.org/10.11588/diglit.61801#0383

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der palermitanischen Malerei der Renaissancezeit. 369
Marzo ist geneigt, ein ungezeichnetes Bild im Museo (Nr. 85), das sich
früher in der Confraternität S. Giovanni e Giacomo befand, dem An-
tonio Grescenzo zuzuschreiben, wogegen der Katalog einen Antonello Cres-
cenzo nennt, der am Ende des 15. und Anfang des 16. Jahrhunderts
geblüht haben soll. Das Bild ist im Style der Conversazioni aufgebaut.
Maria sitzt auf reich geschmücktem Throne, das Kind steht ihr auf
dem linken Knie und streckt die Hand nach der Brust aus. Ueber Maria
halten zwei Engel eine Krone, sechs Heilige assistiren — Petrus, Pau-
lus, Cosmas und Damian, Agatha und Apollonia. St. Agatha präsen-
tirt die blutende Brust, Apollonia (?) eine Tasse mit ihren Augen. Die
Typen zeigen eine ziemlich allgemeine doch harte Modellirung, die Ma-
donna ist von jener todten Starrheit, wie sie uns auf schlechteren Mo-
saiken entgegentritt. Das Colorit, obgleich von warmer Stimmung, ent-
behrt jeder Delicatesse sowohl in den Haupt- als Mitteltönen.
Wenn di Marzo in Styl, Zeichnung, Compositionsweise, in dem
würdigen Ernste des Gesichtsausdruckes, im Colorit eine »völlige Ueber-
einstimmung« mit vielen Figuren des Trionfo und der Cacilia entdeckt
hat29), so möge er dies nach der einen wie nach der andern Seite hin
verantworten. Selbst aber, wenn di Marzo seine Glaubensforderung um
etwas herabstimmt und meint, zum Mindesten müsse man es einem der
Söhne oder tüchtigsten Schüler des Antonio Grescenzo zueignen, so
wende ich gegen das Erstere nichts ein, denn der Apfel kann weit vom
Stamme fallen; ein tüchtiger Schüler Grescenzo’s aber hätte sicherlich
einen mehr geläuterten Geschmack des Vortrags und einen höheren
Adel der Form bewiesen.
Schliesslich trägt eine Verkündigung in zwei Stücken (Museo Nr. 74
und 76) im Katalog die Bemerkung: In der Manier Antonello Grescenzo’s
— wobei jener Vorgenannte gemeint ist. Es hat mit der früher erwähnten
Conversazione nichts Gemeinsames, zeigt dagegen stark flandrischen Ein-
fluss und erinnert in der Darstellung des Vorganges sowohl wie in den
Typen leicht an die Verkündigung aus dem Genter Altar Hubert’s
van Eyck, jetzt im Berliner Museum. Auch die sorgfältige Behandlung
der Landschaft, die Genrescenen, die in kleinsten Figuren-Dimensionen
im Hintergründe angebracht, bekunden diesen Einfluss. Das Bild ist
trefflich gezeichnet; über das Colorit lässt sich bei der Uebermalung
und starken Ueberfirnissung kaum ein Urtheil fällen 30). Antonio Cres-
29) Di Marzo III. pag. 116.
’°i .Sollte hier an jenen Thomas Grescentius zu denken sein, welchen
H. W. Schulz anführt als eine der auffallendsten Erscheinungen, an der sich flan-
drischer Einfluss besonders offenbare und von dem er sagt, dass bei ihm ein »breiter
Charakter« vorherrsche? Denkmäler der Kunst des Mittelalters in Unteritalien. III.
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