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Schenkel, Wolfgang
Die altaegyptische Suffixkonjugation: Theorie der inneraegyptischen Entstehung aus Nomina actionis — Wiesbaden, 1975

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https://doi.org/10.11588/diglit.14994#0025

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2. Theorien zum hamitosemitischen Ursprung der altägyptischen
Suffixkonjugation

Wenn das Altägyptische in seiner Vorgeschichte jemals eine der hamitosemiti-
schen Präfixkonjugation entsprechende Verbalflexion besaß, müssen sich Reste
davon in der überlieferten Sprache finden. Dies ergibt sich mit hoher Wahrschein-
lichkeit aus dem Befund des der semitischen Suffixkonjugation materiell und funk-
tionell weitgehend entsprechenden Pseudopartizips. Die gute Ubereinstimmung
zwischen den beiden Sprachgruppen in diesem Fall16 läßt es als unwahrscheinlich
erscheinen, daß die Trennung des Altägyptischen und der semitischen Sprachen und
der anschließende Verlust der Präfixkonjugation so weit in prähistorischer Tiefe
liegen, daß sich sämtliche Spuren der Präfixkonjugation verloren haben sollten.
Wie sich die angenommene Präfixkonjugation in historischer Zeit verhalten haben
könnte, läßt sich am Befund des Pseudopartizips veranschaulichen: das Pseudoparti-
zip wird zwar im Laufe der historischen Zeit durch die altägyptische Suffixkon-
jugation aus einer Reihe seiner angestammten Funktionen verdrängt, es verliert
sogar die Flexion, es ist aber bis in allerspäteste, koptische Zeit, bis zum Aussterben
der Sprache, — wenn auch in anderer Funktion — materiell vorhanden. Nun
braucht man für die Präfixkonjugation keine ebenso große Zählebigkeit anzusetzen;
man sollte aber erwarten, daß die Präfixkonjugation materiell mit mehr oder
minder veränderten Funktionen und/oder mit mehr oder minder großen materiel-
len Veränderungen in historischer Zeit nachweisbar wäre, und sei es auch nur in
irgendwelchen zu Wörtern erstarrten Syntagmen.

Beachtenswert ist, daß von ägyptologischer Seite nie recht die Möglichkeit ge-
sehen wurde, Spuren einer Präfixkonjugation des hamitosemitischen Typs zu be-
legen. Höchstens ließ man die — oben als unwahrscheinlich bezeichnete — Lösung
zu, daß die Präfixkonjugation im prähistorischen Altägyptisch vorhanden war,
aber ohne Hinterlassung von Spuren ausgestorben ist17.

Alle bemerkenswerten Versuche, Spuren der Präfixkonjugation im Altägypti-
schen nachzuweisen, gingen von Semitisten aus. Die Veranlassung liegt auf der
Hand: Sollte bereits die hamitosemitische Grundsprache die beiden Konjugations-
arten der Präfixkonjugation und der Suffixkonjugation besessen haben — eine in
Anbetracht der Verbreitung auch über das Semitische hinaus naheliegende An-
nahme —, so müßte auch das Altägyptische Spuren davon zeigen, wenn es — worauf

10 Vgl. Sdicnkel, Pseudopartizip.

17 Erman, Flexion, 29f. [345 f.]; ältere, vorsichtigere Formulierung: Erman, Neue
Art, 81.
 
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