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Schenkel, Wolfgang
Die altaegyptische Suffixkonjugation: Theorie der inneraegyptischen Entstehung aus Nomina actionis — Wiesbaden, 1975

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https://doi.org/10.11588/diglit.14994#0038

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Theorien zur innerägyptischen Entstehung

erscheint aber auch — wie zu zeigen sein wird — die Passiv-Theorie, die später an
die Stelle der Ermanschen gesetzt und mehr oder minder zur Communis opinio
wurde, nicht als in jedem Punkt ihr überlegen, da zu ihrer Begründung ebenfalls
Argumente benutzt wurden, die heute nicht mehr gültig sind (siehe unten Abschnitt
3.3.2 — 3.3.3). Leider wurde der Kern des Ermanschen Ansatzes — aktive Verbal-
formen entstehen aus aktiven Partizipien, passive aus passiven — im Schlagschat-
ten der Passiv-Theorie nicht sehr gründlich fortentwickelt, obwohl er entwick-
lungsfähig ist; siehe unten Abschnitt 3.3.4.

In anderer Hinsicht wirkte sich bereits der Ermansche Ansatz selbst nachteilig
aus: der Versuch einer Problemlösung auf der Basis von Verbalsubstantiven wurde
bereits in dieser frühen Phase abgeschnitten, und zwar aus Gründen, die heute eben-
falls nicht mehr haltbar sind; siehe unten Abschnitt 3.4.

3.3.2 Der Ansatz zu einer Passiv-Theorie bei K. Sethe

Ohne sich mit dem älteren Ansatz A. Ermans65 und mit seinen eigenen früheren
Beobachtungen06 auseinanderzusetzen, schlägt K. Sethe vor, die mit den Forma-
tiven -«-, -jn-, -hr- und -kl- gebildeten aktiven Verbalformen von passiven
Partizipien (PPP, nicht PIP) mit folgenden Präpositionen abzuleiten (letzteres
mit der Ausnahme von -k;-)67. 2. B. sdm.n--} hrw-k „er hat deine Stimme gehört"
< '''54171 n-j hrw-k „gehört ist ihm deine Stimme".

K. Sethe weist, um eine solche Erklärung sprachpsychologisch plausibel zu
machen, auf ähnliche Entwicklungen in anderen Sprachen hin:

1. auf den Ersatz des alten Perfekts durch passives Partizip mit folgendem
„Dativ" im Syrischen (passives Partizip + le + Personalsuffix): sml' Ii X „ich
habe X gehört" < „gehört ist mir X"68.

2. auf moderne europäische Sprachen, die das Perfekt mit „haben" umschrei-
ben (dessen mögliches Äquivalent, Präposition + Personalsuffix/Nomen, das
sdm.n-f bildet): „ich habe deine Stimme gehört", „j'ai entendu ta voix"09.

Ein Problem bleibt bei der Erklärung der Präpositionen k,; das als solche nicht
belegt ist. Man könnte selbstverständlich k; als Präposition hypothetisch ansetzen.
Eine andere Lösung, die K. Sethe vorschlägt, ist die, in kl--) (nach K. Sethes nicht
sehr überzeugender Argumentation aber kaum in ;'«=;, hr-j) einen zwischengescho-
benen Satz anzusetzen70: z. B. sdm.k,--j hrw-k < ''sdm — ki--j — hrw-k „gehört ist —
so denke ich — deine Stimme". Am Ansatz eines passiven Partizips (PPP) ändert
sich dadurch nichts.

05 Erman, Flexion; Erman, Entstehung.

66 Sethe, Verbum, II, §§ 136; 358; 369; 399; 420 f.; 437.

67 Sethe, Sekundäre Verben, 140 f.; Sethe, Ursprung.

68 Vgl. Junge, SDM.F-Theorie, 330-3.

69 Vgl. Polotsky, Egyptian, 132; Gardiner, EG1, § 411, 2.

70 Siehe schon Sethe, Verbum, II, §§ 399; 421; 437.
 
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