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Schenkel, Wolfgang
Die altaegyptische Suffixkonjugation: Theorie der inneraegyptischen Entstehung aus Nomina actionis — Wiesbaden, 1975

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https://doi.org/10.11588/diglit.14994#0049

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Nomina actionis

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vorliegt. So wurde vor allem lange ein narratives sdm.t'f als „Tempus" der Suf-
fixkonjugation angesetzt, dessen Belege sich schließlich als Infinitive erklären lie-
ßen95. Es zeigt sich hier auch besonders deutlich, daß das Altägyptische nicht selten
Nomen-actionis-(Infinitiv-)Konstruktionen verwendet, wo man — von den be-
kannten indogermanischen Sprachen herkommend — finite Verbalformen (der Suf-
fixkonjugation) erwartet.

Dieses Faktum ist seit langem bekannt: es hat sich in dem Ansatz eines speziellen
„narrativen" Infinitivs — eines Infinitivs, der der Gliederung der Erzählung dient —
niedergeschlagen, ein Ansatz, der, wie gesagt, nur auf der Folie des Indogermani-
schen verständlich ist, für den aber das altägyptische Verbalsystem, für sich be-
trachtet, keinen Anlaß gibt96.

Die syntaktische Ähnlichkeit von Suffixkonjugation und Nomina actionis (Infi-
nitiven) hinsichtlich der Angabe der Person wird unten genetisch zu interpretieren
sein.

4.1.2 Nomina actionis und Infinitiv

Der Infinitiv ist ein ausgezeichnetes Nomen actionis, dasjenige nämlich, das die
meisten Funktionen auf sich vereinen konnte und im Laufe der historischen Ent-
wicklung die anderen Nomina actionis (insbesondere Negativkomplement und
Komplementsinfinitiv) weitestgehend ersetzte97.

Die Entstehung der funktional definierbaren Einheit Infinitiv aus formal ver-
schiedenen Nomina actionis läßt sich an der unterschiedlichen Form des Infinitivs
in den verschiedenen Verbalklassen in historischer Zeit ablesen: am auffälligsten
ist — da in der Hieroglyphenschrift erkennbar —, daß ein Teil der Verbalklassen
maskuline, endungslose Infinitive hat, ein Teil feminine; andere Besonderheiten
(schwacher Radikal bei Verben ult. inf. oder nicht, Vokalisation) lassen sich anhand
der koptischen Infinitive rekonstruieren98.

Bei manchen Verbalklassen gibt es keine generelle Regelung: manche Verben
haben maskuline, endungslose Infinitive, manche feminine, z. B. die Verben IVae
inf.99.

Darüber hinaus gibt es im Alten Reich bei einigen Verben Nomina actionis, die
als Infinitive bezeichnet werden können, mit einer Endung -w100.

Schließlich ist der „Komplementsinfinitiv" zu erwähnen, der entweder durch
einen Infinitiv oder ein Nomen actionis auf -t bzw. -wt (in Abhängigkeit von der

95 Schenkel, sdm.uf.
06 Schenkel, s'dm.uf, 28.

97 Sethe, Verbum, II, §§ 545; 725; 1021.

98 Siehe z. B. Edel, AäG, §§ 684-94.

99 Edel, AäG, §§ 691 f.

100 Edel, AäG, §§ 693 f.
 
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