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Schenkel, Wolfgang
Die altaegyptische Suffixkonjugation: Theorie der inneraegyptischen Entstehung aus Nomina actionis — Wiesbaden, 1975

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https://doi.org/10.11588/diglit.14994#0032

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20

Theorien zur innerägyptischen Entstehung

2. Ist das Personalelement ein enklitisches Pronomen, so ist das gesamte Syn-
tagma ein Nominaler Nominalsatz; z. B. sdm--f „er hört" < *sdm fj „er ist hörend/
ein Hörender" o. ä., entsprechend nfr sw (sw ~ */;') „er ist schön/ein Schöner".

Konstruktionen mit nominalem „Subjekt" lassen ebenfalls beide Erklärungen
zu, da in diesem Fall — anders als bei „echter" Verbalflexion38 — statt eines Prono-
mens einfach ein Nomen steht: sdm sn „der Bruder hört" läßt sich sowohl als *„das
Gehörte des Bruders", ::'„das Hören des Bruders" o. ä. erklären wie auch als ^„der
Bruder ist hörend/der Hörende".

Sätze (im Fall 1) bzw. kompliziertere Sätze, insbesondere solche mit Objekt,
(in beiden Fällen) lassen sich durch Einbettungen erklären, und zwar entweder (a)
durch Einbettung des Nominalkomplexes in einen Nominalen Nominalsatz oder
in einen Adverbialen Nominalsatz (z.B. sdm-f sn „er hört den Bruder" < *{sdmtf}
sn „sein Gehörtes ist der Bruder"; prr*f m pr „Aus dem Haus kommt er her-
aus" <C *{prr--f} m pr „Daß er herausgeht, ist aus dem Haus") oder (b) durch Ein-
bettung eines durch das Verb dominierten Syntagmas (z.B. '"sdm sn „(das) den
Bruder Hören") oder „((der) den Bruder hörende") an der Verbalstelle (z.B. sdm--f
sn „er hört den Bruder" <C :;*„sein den Bruder Hören"; oder < ''sdm fj sn „den
Bruder hörend ist er", wobei eventuell noch die Satzstellung zu klären wäre). Es
ist zu beachten, daß die Lösungen (a) und (b) nicht ein-eindeutig den Lösungen 1
und 2 zugeordnet werden können.

Der Einwand H. Junkers gegen die Ableitung der Suffixkonjugation aus einem
Nominalkomplex, eine Genitivverbindung sei kein Satz39, war zwar insofern
gerechtfertigt, als die Theorien der Entstehung der Suffixkonjugation nicht aus-
drücklich genug auf die notwendige Einbettung der Nominalkomplexe eingingen,
ist aber wegen der Möglichkeit der Einbettung irrelevant.

3.2.3 Der Verbalstamm, ein Nomen

Sowohl als Nukleus eines Nominalkomplexes (zusammen mit dem Possessiv-
pronomen als Satelliten) als auch als Erstnomen eines Nominalen Nominalsatzes
(zusammen mit dem enklitischen Pronomen als Zweitnomen) ist der Verbalstamm
ursprünglich ein Nomen. Die Art des Nomens läßt sich einschränken: aus Gründen
der Semantik kommt nur ein Verbalnomen in Frage, d. h. ein Nomen, das eine
Tätigkeit oder einen Vorgang bezeichnet, und das eventuell mit finiten Verbal-
formen korrespondiert, nämlich mit dem Pseudopartizip und/oder dem Imperativ.

An Verbalnomina kennt das Altägyptische zwei Arten, die sich durch ihre Genus-
variabilität bzw. Genusinvariabilität voneinander unterscheiden:

1. Verbalsubstantive: Infinitiv(e), Komplementsinfinitiv(e), Negativkomple-
ment(?) und eventuell andere Nomina actionis.

38 Vgl. Satzinger, Äthiopische Parallelen, 163, A. 3.

39 Siehe Rössler, Verbalbau, 489.
 
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