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Schenkel, Wolfgang
Die altaegyptische Suffixkonjugation: Theorie der inneraegyptischen Entstehung aus Nomina actionis — Wiesbaden, 1975

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https://doi.org/10.11588/diglit.14994#0077

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Die Suffixkonjugation in der altägyptischen Sprachgeschichte

65

Pseudopartizip auf die zweite unmittelbare Konstituente eines Satzes beschränkt
ist.

Ferner können Verbalnomina zusätzlich in Satellitenfunktion (z. B. als Apposi-
tionen, als „Objekte") stehen.

Diese universelle Verwendbarkeit der Verbalnomina ist offensichtlich der Grund
für ihre Morphologisierung in der Suffixkonjugation und in der „Relativkon-
jugation".

Daß der Ansatz eines relativ primitiven nominalen syntaktischen Systems der
vorgeschlagenen Art keine glottogonische Spekulation ist, sondern linguistisch sinn-
voll und sprachhistorisch wahrscheinlich ist, wird unten Abschnitt 5.5.3 zu zeigen
sein.

5.4.2 Nominalsatz- und Nominalkomplex-Negation

Die beiden wichtigsten Negationen des historisch überlieferten Sprachsystems, nj
(n/nn) und tm lassen sich im Rahmen der im vorausgehenden Abschnitt skizzierten
Syntax und, soweit die Suffixkonjugation betroffen ist, so erklären:

1. tm, ein Verbalnomen, ist Nukleus eines Nominalkomplexes; z.B. tm--]
sdm.w „sein Nichthören" > „daß er nicht hört".

2. nj, ein Nicht-Verbalnomen, ist die erste unmittelbare Konstituente (Erst-
nomen) eines Satzes; z. B. nj (nn) X „ein Nichtvorhandenes ist X". Wohl noch in
prähistorischer Zeit erhält nj daneben durch eine Gliederungsverschiebung (Ent-
klammerung) eine zweite Funktion, die als Partikel; z.B. *nj {sdm-f) „ein Nicht-
vorhandenes ist sein Hören" > nj (n) sdm-f „er hört nicht"165; die Form nj (nn)
sdm-f bleibt in futurischer Bedeutung „er wird nicht hören" erhalten.

5.4.3 Die Schlüsselrolle der Nomina actionis in der Sprachgeschichte

Die Entwicklung der Suffixkonjugation bleibt eine — wenn auch millennare —
Episode der altägyptisch-koptischen Sprachgeschichte; spätestens in koptischer Zeit
ist die Suffixkonjugation im Sprachsystem als erloschen zu betrachten.

Während aber die in die Suffixkonjugation mündende Entwicklung der Nomina
actionis rückläufig wird, erweist sich ein weiteres Mal die Stoßkraft der Nomina
actionis, die nun in der Form der durch einen Konzentrationsprozeß ausgefilterten
„Infinitive" in periphrastischen Konjugationen neben dem Pseudopartizip in ein
neues Konjugationssystem eingehen, das seine letzte Systematisierung im Koptischen
erfuhr.

165 Siehe Schenkel, Scmiverb.
 
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