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Schenkel, Wolfgang
Die altaegyptische Suffixkonjugation: Theorie der inneraegyptischen Entstehung aus Nomina actionis — Wiesbaden, 1975

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https://doi.org/10.11588/diglit.14994#0033

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Nomen und Nominalsatz als Basis für die Erklärung

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2. (Substantivierbare) Verbaladjektive: Partizipien, Relativformen, Verbal-
adjektiv sdm.tj-fj (von denen die beiden letzten für die Erklärung der Suffix-
konjugation nicht in Frage kommen: das Verbaladjektiv sdm.tj-fj ist ähnlich oder
gleich gebaut wie die Suffixkonjugation und daher selber in diesem Zusammen-
hang erklärungsbedürftig; die Relativformen sind entweder SpezialVerwendungen
der Partizipien oder, jedenfalls möglicherweise im Falle der 5c??w.«=/-Relativform,
Spezialverwendungen der Suffixkonjugation selbst).

Der Verbalstamm der Suffixkonjugation ist — sieht man eventuell von der spe-
ziellen Verwendung als Relativform ab — genusinvariabel. Sollte der Verbalstamm
auf ein Verbalsubstantiv zurückzuführen sein, so entspricht dies der Erwartung.
Sollte der Verbalstamm dagegen auf ein Verbaladjektiv zurückzuführen sein, so
sind zwei Fälle zu unterscheiden:

1. Wird die Suffixkonjugation auf einen Nominalen Nominalsatz zurückge-
führt, so istGenusinvariabilität zu erwarten, da entsprechende Nominale Nominal-
sätze in historischer Zeit ebenfalls Genusinvariabilität zeigen: sdm-s „sie hört"
< *sdm sj „sie ist hörend" ist zu vergleichen mit nfr sj (nicht '''nfr.t sj) „sie ist
schön".

2. Wird die Suffixkonjugation auf einen Nominalkomplex zurückgeführt, so
muß wohl eine Ad-hoc-Erklärung — eine Analogiebildung zum Satztyp nfr sj „sie
ist schön" — gegeben werden: sdm-s sn.t „sie hört die Schwester" < ''sdm-s sn.t
„ihr Gehörtes ist die Schwester" <C ■'sdm.t-s sn.t „ihre Gehörte ist die Schwester".

Von Bedeutung ist bei der Heranziehung von Verbalsubstantiven und Verbal-
adjektiven zur Rekonstruktion der innerägyptischen Entstehung der Suffixkon-
jugation nur, daß die beiden Kategorien der Verbalsubstantive und Verbaladjektive
innerägyptisch vorhanden sind, nicht dagegen, daß genau die Verbalsubstantive
und Verbaladjektive, die zur Rekonstruktion herangezogen werden, in historischer
Zeit belegbar sind. Von vornherein muß nämlich mit der Möglichkeit gerechnet
werden, daß diejenigen Bildungstypen von Verbalsubstantiven bzw. Verbaladjek-
tiven, die in die Suffixkonjugation eingingen, auf diese Funktion eingeschränkt
wurden und daher in historischer Zeit nicht mehr selbständig außerhalb der Suffix-
konjugation existierten. Dies steht in schroffem Gegensatz zur Verfahrensweise eini-
ger Ägyptologen, die eine Lösung gerade dann verwerfen zu müssen glaubten,
wenn die herangezogenen Formen in historischer Zeit nicht belegbar waren40. Die
Ironie des Schicksals wollte es, daß kaum eine der Lösungen, die als diesem fal-
schen Kriterium genügend angesehen wurde, beim heutigen Kenntnisstand diesem
Kriterium noch genügt (siehe unten, besonders Abschnitt 3.3.2 und 3.3.3).

3.2.4 Forschungsstand

Von den hier entwickelten Lösungen, die alle schon von A. Erman und K. Sethe
einmal ansatzweise formuliert wurden, wurde nur ein Teil bisher systematisch aus-

40 Vgl. z. B. Sethe, Verbum, II, § 136.
 
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