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Schenkel, Wolfgang
Die altaegyptische Suffixkonjugation: Theorie der inneraegyptischen Entstehung aus Nomina actionis — Wiesbaden, 1975

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https://doi.org/10.11588/diglit.14994#0073

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Historische Folgewirkungen der prähistorischen Entstehung 61

5.3 Historische Folgewirkungen der prähistorischen Entstehung der Suf-
fixkonjugation

Die im vorausgehenden entwickelte Nomen-actionis-Theorie ist — wie gesagt —
soweit eine nur-systematische, nicht-historische Theorie. Man sieht ihr jedoch das
Ziel der späteren Verengung auf eine historische Theorie an: es wurde versucht —
ohne daran zu kleben —, möglichst nahe an den Befunden des historisch belegten
Altägyptisch zu bleiben, weil auch die Sprache keine Sprünge macht und deshalb
anzunehmen ist, daß sich die Veränderungen zwischen der hamitosemitischen
Grundsprache und dem historisch belegten Altägyptisch, aufs Ganze gesehen, in
passablen Grenzen bewegen. Es wurden zweitens zur Konstituierung der Theorie,
sooft alternative Lösungen bestanden, solche bevorzugt, die mit der größeren
Wahrscheinlichkeit dem Kriterium der Historizität standhalten dürften.

An dieser Stelle sollen nun als eines der oben angegebenen Kriterien der Histo-
rizität der Nomen-actionis-Theorie (siehe Abschnitt 1.2) die in historischer alt-
ägyptischer Zeit feststellbaren Folgewirkungen der prähistorischen Entstehung der
Suffixkonjugation behandelt werden. Um die Folgewirkungen klarer zu sehen, soll
zunächst noch einmal die hypothetische Entwicklung kurz in etwas allgemeinerer
Form skizziert werden.

Die Suffixkonjugation ist entstanden durch die Morphologisierung von Wort-
bildungstypen (Nomina actionis) und bestimmten Lexemen (z.B. hr(w)). Die
Etappen der Morphologisierung sind folgende:

1. Es gibt eine Anzahl Verbalnomina (Nomina actionis) verschiedener Bil-
dungsweise und Bedeutung, die mutmaßlich — wie die Verhältnisse im historischen
Altägyptisch nahelegen — nicht gleichmäßig von allen Verbalklassen gebildet wer-
den. Die Nomina actionis können wie jede andere Verbalform (Pseudopartizip,
Imperativ) verbaler Nukleus eines von einem Verbum dominierten Syntagmas sein;
insbesondere können sie ein „Objekt" (falls transitiv) und ein „Subjekt" dominie-
ren. Das „Objekt" hat die Form des „Zweitnomens" (enklitisches Pronomen), das
„Subjekt" ist formal nicht von einem direkten „Genitiv" zu unterscheiden und
wohl einfach als solcher anzusehen. Beispiel: sdm X Y „das Hören des X den Y".

2. Nomen actionis + folgendes Subjekt werden in folgender Weise zu einer
neuen grammatischen Einheit umfunktioniert:

(2.1) Einige Lexeme, die häufig in „Subjekt"-Stelle gestanden haben müßten
(-»-, -jn-, -hr-, -kl-, -tj-), werden durch Gliederungsverschiebung mit dem Nomen
actionis fest verbunden. Beispiel: sdm + jn > sdm.jn.

(2.2) Bestimmte Nomen-actionis-Bildungen werden schematisch auf Verbal-
klassen übertragen, in denen sie ursprünglich nicht gebildet werden konnten, mit
dem Ergebnis, daß — mit relikthaften Ausnahmen (defektive „Tempora", siehe
unten) — alle Verben alle Verbalformen der Suffixkonjugation bilden können, so-
fern sie semantisch in Frage kommen (Passiv nur von trans. Verben o. ä.). Beispiel
(irreal): angenommen, Verben 2-rad. besitzen einen Nominalbildungstyp '''mn.w
ursprünglich nicht, Verben 3-rad. besaßen ihn aber (::'sdm.w), so würde er jetzt
 
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