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Schenkel, Wolfgang
Die altaegyptische Suffixkonjugation: Theorie der inneraegyptischen Entstehung aus Nomina actionis — Wiesbaden, 1975

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https://doi.org/10.11588/diglit.14994#0062

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Nomen-actionis-Theorie

einer syntaktischen Funktion unterschiedlich große Notwendigkeit gehabt haben.

Die Verteilung der Formen auf bestimmte Funktionen ist allerdings so klar, daß
man auch annehmen könnte, man hätte hier erste Kristallisationspunkte für neue
altägyptische „Tempora", die dann allerdings durch die fernere Entwicklung der
Sprache (nach dem Mittleren Reich) überholt wurden.

Es braucht somit hier keine zentrale Erscheinung des altägyptischen Verbal-
systems vorzuliegen; es könnte sich ebenso gut um eine periphäre Besonderheit
handeln: um eines der heterogenen Subsysteme, wie sie für die systemoide mensch-
liche Sprache charakteristisch sind137.

Für den Ansatz von Nomina actionis als Basis für die „Tempora" der Suffix-
konjugation ergibt sich daraus folgende Konsequenz: für den Subjunktiv jwt zu
jwj „kommen" und jnt zu jnj „bringen" können, wie oben geschehen, spezielle
Nomina actionis angesetzt werden (jw.t; jn.t); für die „regelmäßigen" Verben
brauchen deswegen aber noch keine Suppletivbildungen, die sich nur durch die
Vokalisation unterscheiden könnten, in Rechnung gestellt zu werden.

5.2.3 Die Bildungselemente -n-, -jn-, -hr-, -ki-, -tj- als Lexeme

Im Rahmen einer Nomen-actionis-Theorie können die Bildungselemente
-}r-, -hr-, -ki-, und -tj- in gleicher Weise wie in den verschiedenen Partizipial-Theo-
rien (siehe oben Abschnitt 3.3) erklärt werden. Grundsätzlich bieten sich zwei ver-
schiedene Lösungen an:

1. -n-, -jn-, -hr-, -ki- und -tj- bzw. ein Teil dieser Elemente sind prähistorische
Wortbildungsaffixe. Gegen diese Lösung lassen sich mehrere Einwände erheben:

(1.1) Abgesehen von -n- sind alle Bildungselemente zweikonsonantig, wäh-
rend im historischen Altägyptisch die Wortbildungsaffixe — abzüglich Feminin-
endung -t--nur einkonsonantig sind (Affixe wie -wtj bestehen aus den sukzessiv

angehängten Affixen -w(t) und -;'); das Argument ist insofern nicht schlüssig, als in
der hamitosemitischen Grundsprache die Verhältnisse anders gewesen sein können.

(1.2) Die Wortbildungsaffixe des Altägyptischen müßten für den speziellen
Fall der Suffixkonjugation um Affixe vermehrt werden, die weder in der Wort-
bildung der historischen Zeit noch — um vorzugreifen — (allenfalls mit Ausnahme
von -n und -jn) im Hamitosemitischen anzutreffen sind.

(1.3) -tj- wird mit -n-, -jn-, -hr-, -ki- zu -ntj-, -jntj-, -hrtj-, -kitj- verbun-
den, was die Schwierigkeiten aus 1.1 und 1.2 potenziert.

Insgesamt erscheint diese Lösung als sehr ungünstig für die später notwendige
Bewährung der systematischen Rekonstruktion als einer historischen; als systema-
tische ist sie jedoch nicht auszuschließen, da sich aus der hypothetischen Rekonstruk-
tion durchaus die historischen Verhältnisse ableiten lassen. Am wenigsten erheben
sich Einwände gegen den Ansatz von -n- als Wortbildungsaffix, auch unter dem
Gesichtspunkt der historischen Rekonstruktion; immerhin dürfte wohl der w-lose

Vgl. Martinet, Functional View, 1—38.
 
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