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Strzygowski, Josef; Strzygowski, Josef [Editor]
Die Baukunst der Armenier und Europa: Ergebnisse einer vom Kunsthistorischen Institute der Universität Wien 1913 durchgeführten Forschungsreise (Band 1) — Wien: Kunstverl. Schroll, 1918

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https://doi.org/10.11588/diglit.47010#0204
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DER LÄNGSGERICHTETE KUPPELBAU


hingehaucht über die Fläche gesponnenen Bogen, hier ausnahmsweise nur auf einem Dienste ruhend.
Bei näherem Zusehen gewahrt man um die Fenster, an den Blendbogen und in den Trichterschlitzen
reiche Flechtbänder. Darauf wie auf unzählige Einzelheiten des hochwichtigen Baues werde ich
unten gelegentlich und immer wieder einzugehen haben. Ebenso wird dann auch die Westseite zu
besprechen sein, an der Trichternischen fehlen, hinter der aber in der Pfeilervorlage links dafür
eine Treppe aufsteigt, die zu einem schmalen Umgang über dem Kämpfer führt (Abb. 222). Die Tore
zeigen wie die Bündelpfeiler die reichste Entwicklung und man begreift, wie Schnaase und andere
abendländische Forscher gotische Baumeister an dem Bau tätig denken mußten, um seine Reife
ohne genaue Kenntnis des altchristlichen Kuppelbaues der Armenier verstehen zu können1).
Die Kathedrale von Ani steht an der Grenze zwischen armenischer und romanisch-gotischer
Baukunst, den grundsätzlichen Baugedanken nach, auf die letztere überleitend. Man wird zugeben,
daß sie durchaus in den Rahmen der altchristlichen Entwicklung der armenischen Baukunst gehört
und sich nichts Fremdes in die durchaus einheitliche Wirkung eindrängt. Man lese oben, Seite 57 f.
nach, zu welchen gegen diesen unbefangenen Eindruck gerichteten Annahmen dieses Bauwerk
Forscher wie Schnaase u. a. geführt hat, die den Boden Armeniens nie betreten hatten oder Forscher
wie Kondakov, die eine Voreingenommenheit gegen den altchristlichen Ursprung der armenischen
Baukunst hatten. Ich denke, die einfache Vorführung der Denkmäler wird genügt haben zu zeigen,
daß die Kathedrale von Ani ohne fremdes Zutun aus dem Entwicklungsgang der altchristlichen
Kunst Armeniens heraus zu verstehen ist. Ich habe oben Seite 6 einen Ausspruch Abichs über diesen
Dom angeführt. Er fügt hinzu: »Es ist ein Bauwerk aus einem Gusse, was in alle Zeiten paßt, wo
nur irgend das Bedürfnis einer christlich-kirchlichen Kunst empfunden wird.«
’) Weitere Nachrichten: Texier, »Description de l’Armenie«, S. Ulf. Thoratnanian, »Tekor«, S. 7 f-> Rivoira, »Archittetura
mus.«, S. 226 f. Abich, »Aus kaukasischen Ländern« I S. 194 f. Über die späteren Schicksale der Kathedrale vgl. »Zapiski der
Gesellschaft der Liebhaber kaukasischer Archäologie«, 1875, S. 26 f. und Orbeli, »Führer«, S. 38 f.
 
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