Der Sturm: Monatsschrift für Kultur und die Künste (11.1920)

Grabgang
Lothar Schreyer
Totensehen
Erde
Malmen Erde
Kauen Steine
Fressen Steine
Steine Herzen
Schürfen schärfen Schneide
Blute Herzen
Blüh wächst aus mir der Leih
Urstimme haucht
Brennt der Baum
Tief aus Schweigen
Tief aus Schreien
Wehen
Wühlen weit zerissen
Kreisen in Wurf
Wachen
Wachen
Über Erde
Erde über Erde
Zerschlägt das Herz
Zernichten
Hauchen
Stummen
Weh verlöschen
Zart verwehen
Sturm verlöschen
Erdenwundc
Nieder
Staub erheben
Steine neigen
Auferstehen
Brausen wandeln
Schreiten
Brausen Schreiten
Schrei aus Licht
Zerschreiten Strahlen
Zerschreicn Strahlen
Auferstehen
Auferstehen
Kreisen
Nieder
Totengehen
Baum wächst aus Brust
Blut tränkt Mensch
Milch thränt Mensch
Meer weinen die Augen
Schwer bäumt der Schatten
Tier schleicht auf Leih
Blume knospet auf Herz
Würmer umliegen mich wüst

Weh rag ich auf
Sturm schwebt der Adler steil
Tag Nacht zucken Hügel steil
Klagen rauschen
Freuen rauschen
Neigt mich der Sterne Gesang
Schlagen Kinderherzen mich
Lüstern nagen die Münder die Knospen
Zart biegen die Hälse
Trinken die Wunden
Sang schattet der schwanke Zweig
Fall rennt das Tier
Steig rennt das Tier
Starrt Geburt
Starrt Grab
Totensingen
Liebe
Leben Leben
Nie
Leben Bein Dein Leben
Nie
Leben Mein Mein Leben
Nie
Sterben Sterben
Nie
Sterben Dein Dein Sterben
Nie
Sterben Mein Mein Sterben
Nie
Liebe
Grauen splittert Leib
Die trocknen Wurzeln umringelt der Wurm
Blitz stürzt Lichtfrucht in mich
Vögel fallen zum Staub
Vögel fressen die Leiche
Irr kreist die Sonne
Sonne küsst den müden Mond
Bund fährt das Schiff und fährt
Wandert der Baum
Wandert Gesicht
Meer wäscht salzen in Wunden
DcrDonncrderMenschendröhntin mein Herz
Mutter schreit
Schreiendes Kind
Arme umarmen mich Fuss
Wüster Kuss beisst aus mir Fleisch
Becken zum Tanze die Starren
Wittern um
Wachen um
Trümmern in Blüte
Mensch dämmert in Welt
Meer bricht der Damm
Blenden