einigermassen bewährt hat. Und wenn er
ganz genau Zusehen wollte, würde er bei
diesem Maler sogar seine verfluchten oder
gepriesenen Futuristen wiederfinden. — So,
Herr Westheim, nun lassen Sie mich, bitte,
in Ruh. Sie sehen ja: tout comme chez vous
und damit können Sie sich trösten. — Nein,
Sie wollen nicht? Sie sind noch nicht ge-
tröstet? Sie möchten noch mehr hören? Von
wem? Von Osborn? Sieh doch, sieh doch,
was sind Sie für ein Feinschmecker. Und
ich hätte Ihnen so gern einiges von Robert
Breuer zu lesen gegeben, obgleich ich be-
fürchten muss, dass Ihnen bei dieser Lektüre
der Kamm gar gewaltig schwellen würde.
Wissen Sie was? Ich werde Ihnen eins zu
raten aufgeben. Strengen Sie sich an. Wer
mag wohl das geschrieben haben?
„Oft kann man sich vor Kokoschkas Blättern
schief lachen, wie etwa vor dem mit dem
komischen Titel: Die Erstebeste darf der
süssen Lilith das Haar kämmen, auf dem
ich kaum etwas zu erkennen vermag."
Haben Sie's, Herr Westheim? Nur nicht
gleich wieder ängstlich sein, dass Sie es ge-
schrieben haben. Herr Osborn hat's ge-
schrieben. Und wir wollen hoffen, dass er
sich noch heute vor dem Bild schief lacht.
Lachen — sich totlachen oder schieflachen,
viel mehr fällt den Herren meist nicht ein,
wenn sie vor einem Kunstwerk stehen.
Aber je mehr sie lachen, um so ernsthafter
will ich werden. Sehen Sie sich das Blatt
an, auf dem Herr Osborn das nicht erkennen
kann, was jedes Kind sieht. Und fragen
Sie sich: welchen Wert mag wohl Herr Os-
born seinen eigenen heutigen Kritikern bei-
legen, wenn er quasi selbst zugibt, dass
seine früheren nichts getaugt haben. Und
wo nimmt er die Courage her, dem Sturm
Kritiklosigkeit vorzuwerfen ? Er weiss doch,
dass er derjenige war, der sich jahraus,
jahrein geirrt hat. Wie aber, um Gottes-
willen, geht so etwas zu? Fehlt es den
Herren an jeder Einsicht? Haben sie wirk-
lich ein so ganz unglaublich schlechtes Ge-
dächtnis? Haben sie vergessen, dass Herwarth
Waiden sich noch nie geirrt hat, sie aber
immer?
Jetzt also, Herr Westheim, wissen Sie, dass
es keine besondere Schikane war, als ich
Ihnen zu Anfang dieses Schreibens einiges
aus alten Chroniken zu lesen gab. .Viel-
leicht glauben Sie mir gar nicht", schrieb
ich gegen Ende meines zweiten Briete, .viel-
leicht halten Sie diese Kritiken für die Er-
zeugnisse eines einzigen, ganz sonderbar
konstruierten Gehirns. Sie haben beinahe
Recht." Oder ich hatte Recht. Es lohnt
sich kaum, von Unterschieden zu sprechen,
die meist nur in der Auswahl der Schimpf-
worte bestehen. Mag der gespendete Trost
noch so gering für Sie sein, es ist ein Trost,
zu wissen, dass keiner, nicht einmal der
moderne Kritiker Herr Osborn, Steine auf
Sie werfen darf, und dass Herr Kiepenheuer
nichts Vorteilhaftes gegen Sie einhandeln
könnte — damit Sie wissen, wie weit ich
gekommen bin. Oder wie wenig weit.
Denn ich sagte schon in meinem ersten
Brief, das Jahr 1920 wird zu Ende gehen,
ehe ich zeige, wie Sie aus einem gewissen
Satz in den nächsten hineinstolpern. Heute
glaube ich fast, es wird Frühling werden.
Meine Schuld ist es nicht.
Rudolf Blümner
Zuginsfeld
Otto Nebel
Fortsetzung
Wenn Feuer trichtert
Man soll Trichter verlassen
Man kann sich auf Trichter nicht verlassen
Lasst uns Trichterlinge noch einen verlöten
Hinten sind Niederlassungen mit Stollen
Die hat Herr Unteroffizier nicht übergeben
Er musste eilen
(Flandrisch' Mädchen)
Mittlerweile ist die Stellung verloren
Und so fort
Teils so, teils anders
Zerteilte Schädel
Brüllende Wunden
Leibeigenschaften
Eigentlicher Schuft, der Unteroffizier
Wer kein Schuft ist, ist Schulter
Schufter sind die Dummen
Dann werden sie schlau
All-so gemein
Gemeiniglich
Im Allgemeinen wird nachts geschuftet
Stabsschreiber schuften tags und nachts
Befehl oder nächtliche Ruhestörung
Übereilte Schreibfehler unter: Eilt!
Immer langsam
Sonst eilt nichts.
* *
ganz genau Zusehen wollte, würde er bei
diesem Maler sogar seine verfluchten oder
gepriesenen Futuristen wiederfinden. — So,
Herr Westheim, nun lassen Sie mich, bitte,
in Ruh. Sie sehen ja: tout comme chez vous
und damit können Sie sich trösten. — Nein,
Sie wollen nicht? Sie sind noch nicht ge-
tröstet? Sie möchten noch mehr hören? Von
wem? Von Osborn? Sieh doch, sieh doch,
was sind Sie für ein Feinschmecker. Und
ich hätte Ihnen so gern einiges von Robert
Breuer zu lesen gegeben, obgleich ich be-
fürchten muss, dass Ihnen bei dieser Lektüre
der Kamm gar gewaltig schwellen würde.
Wissen Sie was? Ich werde Ihnen eins zu
raten aufgeben. Strengen Sie sich an. Wer
mag wohl das geschrieben haben?
„Oft kann man sich vor Kokoschkas Blättern
schief lachen, wie etwa vor dem mit dem
komischen Titel: Die Erstebeste darf der
süssen Lilith das Haar kämmen, auf dem
ich kaum etwas zu erkennen vermag."
Haben Sie's, Herr Westheim? Nur nicht
gleich wieder ängstlich sein, dass Sie es ge-
schrieben haben. Herr Osborn hat's ge-
schrieben. Und wir wollen hoffen, dass er
sich noch heute vor dem Bild schief lacht.
Lachen — sich totlachen oder schieflachen,
viel mehr fällt den Herren meist nicht ein,
wenn sie vor einem Kunstwerk stehen.
Aber je mehr sie lachen, um so ernsthafter
will ich werden. Sehen Sie sich das Blatt
an, auf dem Herr Osborn das nicht erkennen
kann, was jedes Kind sieht. Und fragen
Sie sich: welchen Wert mag wohl Herr Os-
born seinen eigenen heutigen Kritikern bei-
legen, wenn er quasi selbst zugibt, dass
seine früheren nichts getaugt haben. Und
wo nimmt er die Courage her, dem Sturm
Kritiklosigkeit vorzuwerfen ? Er weiss doch,
dass er derjenige war, der sich jahraus,
jahrein geirrt hat. Wie aber, um Gottes-
willen, geht so etwas zu? Fehlt es den
Herren an jeder Einsicht? Haben sie wirk-
lich ein so ganz unglaublich schlechtes Ge-
dächtnis? Haben sie vergessen, dass Herwarth
Waiden sich noch nie geirrt hat, sie aber
immer?
Jetzt also, Herr Westheim, wissen Sie, dass
es keine besondere Schikane war, als ich
Ihnen zu Anfang dieses Schreibens einiges
aus alten Chroniken zu lesen gab. .Viel-
leicht glauben Sie mir gar nicht", schrieb
ich gegen Ende meines zweiten Briete, .viel-
leicht halten Sie diese Kritiken für die Er-
zeugnisse eines einzigen, ganz sonderbar
konstruierten Gehirns. Sie haben beinahe
Recht." Oder ich hatte Recht. Es lohnt
sich kaum, von Unterschieden zu sprechen,
die meist nur in der Auswahl der Schimpf-
worte bestehen. Mag der gespendete Trost
noch so gering für Sie sein, es ist ein Trost,
zu wissen, dass keiner, nicht einmal der
moderne Kritiker Herr Osborn, Steine auf
Sie werfen darf, und dass Herr Kiepenheuer
nichts Vorteilhaftes gegen Sie einhandeln
könnte — damit Sie wissen, wie weit ich
gekommen bin. Oder wie wenig weit.
Denn ich sagte schon in meinem ersten
Brief, das Jahr 1920 wird zu Ende gehen,
ehe ich zeige, wie Sie aus einem gewissen
Satz in den nächsten hineinstolpern. Heute
glaube ich fast, es wird Frühling werden.
Meine Schuld ist es nicht.
Rudolf Blümner
Zuginsfeld
Otto Nebel
Fortsetzung
Wenn Feuer trichtert
Man soll Trichter verlassen
Man kann sich auf Trichter nicht verlassen
Lasst uns Trichterlinge noch einen verlöten
Hinten sind Niederlassungen mit Stollen
Die hat Herr Unteroffizier nicht übergeben
Er musste eilen
(Flandrisch' Mädchen)
Mittlerweile ist die Stellung verloren
Und so fort
Teils so, teils anders
Zerteilte Schädel
Brüllende Wunden
Leibeigenschaften
Eigentlicher Schuft, der Unteroffizier
Wer kein Schuft ist, ist Schulter
Schufter sind die Dummen
Dann werden sie schlau
All-so gemein
Gemeiniglich
Im Allgemeinen wird nachts geschuftet
Stabsschreiber schuften tags und nachts
Befehl oder nächtliche Ruhestörung
Übereilte Schreibfehler unter: Eilt!
Immer langsam
Sonst eilt nichts.
* *