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Weber, Gregor [Editor]
Kulturgeschichte des Hellenismus: von Alexander dem Großen bis Kleopatra — Stuttgart: Klett-Cotta, 2007

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https://doi.org/10.11588/diglit.45206#0352
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unmittelbar mit der widerrechtlichen Einrichtung des Asyls zusammen, wie es
Tacitus an der zitierten Stelle auch nahelegt. Wenn also Tacitus hinsichtlich der
Motive der römischen Reichsregierung bei der Revision richtig liegt, dann ist
dies auch hinsichtlich der Inititative wahrscheinlich.
Die Metropoliten verehrten Germanicus als Wohltäter in der Tradition des
städtischen Elerrscherkultes im Elellenismus. Damit wurde er in eine lange Tra-
dition hellenistischer Herrscher gestellt. Weitere Indizien bekräftigen, daß dies
ganz den politischen Intentionen des Germanicus entsprach, also gewollt war:
Germanicus hatte sich bereits zuvor als Oberbefehlshaber über acht Legio-
nen am Rhein der Eroberertradition Alexanders des Großen verpflichtet gese-
hen.55 Wegen seiner weit ausgreifenden Feldzüge im rechtsrheinischen Gebiet
geriet er mit Tiberius aneinander. Dieser vertrat gegenüber den Germanenstäm-
men eine defensive Politik. Der widerspenstige Germanicus war daraufhin vom
Rhein abberufen und als Oberbefehlshaber über die >überseeischen Provinzem
in den Osten versetzt worden.56 Aber auch dort war er, wie dargestellt, mit einer
für die eigene Person werbenden Politik als Wohltäter (wie ein hellenistischer
Herrscher) gegenüber der Revölkerung im Osten aufgetreten. Er hatte sogar —
gegen alle Richtlinien und mit aufreizenden symbolträchtigen Gesten — Ägypten
bereist.57 Damit hatte er erneut die Mißgunst des Tiberius auf sich gezogen.
Kurz danach (noch im Jahre 19) ist er in Syrien unter mysteriösen Umständen
verstorben. In den überall bekanntgemachten Totenehren wurde daraufhin,
auch für die Metropoliten erkennbar, das Wirken des Germanicus zwar gelobt,
aber im Sinne des Tiberius radikal uminterpretiert.58
Wie hätten also die Gesandten der Stadt Metropolis das ohnehin schon pro-
blematische Asyl nach dem Tod des Garanten Germanicus in Rom vertreten kön-
nen? In jedem Fall konnte Metropolis kein Interesse daran haben, von sich aus
eine Überprüfung des Asylstatus anzustreben. Wahrscheinlicher ist, daß man es
gar nicht erst versuchte. Tacitus schreibt nämlich, daß viele Städte - vermutlich
aus ähnlichen Gründen wie Metropolis — überhaupt keine Gesandtschaft nach
Rom zur Verteidigung der Asyl-Ansprüche abschickten. So verwundert es auch
nicht, daß auf dem Altar in Metropolis kein Verweis auf die staatliche Sanktio-
nierung des Asyls existiert. Dies hatte nämlich der Senat vorgeschrieben, wenn
eine Stadt die Ansprüche in Rom glaubhaft vertreten hatte. Rei dieser Revision
ging man gegen die eigenmächtig eingerichteten Asylorte rigoros vor. Nur die
traditionellen Tempelheiligtümer hatten eine Chance auf Anerkennung.
Das römische Reichsregiment wollte auf diese Weise eine effektive Admini-
stration sicherstellen und bereitete dadurch dem seit der hellenistischen Zeit
tradierten >Asylwildwuchs< bei den Griechen ein Ende. Aber auch die traditio-

QUELLEN. BESTAND, METHODEN UND NEUFUNDE

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