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WELT KUNST

Jahrg. V, Nr. 11 vom 15. März 1931

Einweihung cles Museums
von Leptis Magna
Soeben hat der Gouverneur von Tripolis
und Cirenaika, Gen. Badoglio, das neue
Museum von Leptis Magna eingeweiht. In
diesem Museum sind sämtliche Statuen,
Skulpturen und sonstigen Funde aus der Stadt
des Septimius Severus vereint worden. Das
Museum zeigt zunächst ein Vestibül mit vier
kleinen Nischen für Statuetten, es führt in
einen großen Ehrenhof, der den Namen
„Peristilio dei Togafi“ erhalten hat. Es folgt
der Saal des Diadumenos, in dem der Torso
Polyklets, sowie der Torso eines Epheben
untergebracht sind. Der Saal des Mars
Borghese schliefst sich an. Dieser Mars ist
eine römische Nachbildung eines griechischen
Originals, ähnlich jener berühmten Marsstatue,
die im Besiß der Prinzen Borghese war und
von Napoleon nach Paris geschafft worden ist.
Im gleichen Saal findet sich eine Medusa,
ferner ein Apoll, der dadurch sehr interessant
ist, als auf einen Torso aus dem 4. vorchrist-
lichen Jahrhundert unter Hadrian das Haupt
durch einen Antinouskopf erseßt worden ist.
Von besonderem Interesse ist die Rekonstruk-
tion eines Marktgebäudes von Leptis Magna,
in der in Neupunisch eine Inschrift über zwei
Blöcke läuft. Die Datierung der Inschrift kann
auf Augustus zurückgeführt werden. Der Saal
des Elefanten ist nach dem dekumanischen
Elefanten benannt, welcher als Zeugnis für
den antiken Elfenbeinhandel aufzufassen ist.
Bei der Ordnung des Museums haben beson-
dere Rücksicht nur jene Stücke gefunden, bei
denen die Datierung und Herkunft einiger-
maßen sicher war. Besonders die Ausbeute
der Thermen von Leptis Magna ist stark

Inhalt Nr. 11

Dr. W. R. D e u s c h :
Eine neue Museums-Schöpfung ... 1
G. R e i n b o t h (Rom):
Einweihung des Museums von Leptis
Magna .2
C. Einstein (Paris):
Zentralasiatische Nomadenkunst
(m. 4 Abb.).2/3
Die Wiener Akademie-Ausstellung von 1830 3
Dr. Friß N e u g a s s :
Schweizer Kunst in Paris (m. Abb.) . . 3
Das älteste Dantebildnis.3
Auktionsvorberichte (m. 5 Abb.) . . . .4,7
Auktions-Kalender.5
Preisberichte — Berichte aus Amerika —
Kunst im Rundfunk.6
Ausstellungen der Woche.7
Auktionsnachberichte .7,10
»D er Nu mi smati k er«.8/9
Dr. H. Gebhart: Die Staatliche Münz-
sammlung in München (m. Abb.) ... 8
Prof. Dr. H. B u c h e n a u :
Weltmünzung 1929 .8
Münzauktionen.8/9
Dr. P. Grotemeyer:
Medaille und Kleinkunst.9
Neues Interesse für alte Karten (m. Abb.) 9
Literatur.10
Dr. Grete Ring:
Fälschungspsychose.10/11
Ausstellungen (m. 2 Abb.) .... 11
Dr. F. E c k h a r d t :
Poelzig und seine Schule.11
F. Neugass: George Grosz in Paris 11
Amiet-Austeilung.11
Nachrichten von überall.12
Unter Kollegen .12

herangezogen worden. In den Thermen selbst
beabsichtigt man an Stelle der in das Museum
geschafften Skulpturen Abgüsse der Origi-
nale an den ursprünglichen Pläßen aufzu-
stellen. Restaurationsarbeiten an den auf¬

gefundenen Objekten sind glücklicherweise
nur beschränkt vorgenommen worden, und
zwar nur in Fällen, in denen man absolut
sicher über die ursprüngliche Form und Ge-
stalt war. G. Reinboth (Rom)

Zentralasiatische
Nomadenkunst
Zur Ausstellung in der Galerie d e 1 a N o u v e 11 e R e v u e F r a n <; a i s e
Von Carl Einstein, Paris

Nomadenkunst, ein Stil im Wandern er- I
lebt. Hie und da macht staunend man Rast, I
sieht bei fremden Völkern neue Zeichen, deren
Kräfte verzaubern: man ist eklektisch, wählt
vielerorts Symbole von manchem Glauben und
anvertraut sich fremden Domänen, wenn die


Photo Germaine Krull
Zentralasiatische Nomadenkunst
Art des nomades de l’Asie centrale
Ausstellung — Exposition — Exhibition:
Galerie de la Nouveile Revue Frangaise
Paris

eigenen Alten nicht helfen wollen. Eine
Ornamentkunst von Wanderern, die Formen
ziehen sich und kreisen wie Karawanen oder
Herden.
Man lebt mit den Tieren, also vor allem
bildet man diese ab. Eng bleibt man ihnen
verwandt, mit ihren Bewegungen ist man
vertraut. Diese Tiere sind erste Bedingung
des nomadischen Daseins. Also fast
schulende oder gefährdende Verwandte.
Uber das Tuch des Himmels fährt der
Sturm, ein wütend schlagender Drache. Mit
tausend Füßen kriecht ein Stamm über die
Wange steiler Hänge.
Volkskunst, allzu wenig von den Gelehrten
beachtet, etwas verächtlich behandelt, da sie
außerhalb der gebildeten, klassischen Zone
liegt. Schwer zu deuten, da im Jüngsten man
noch altes Gut wahrt, da in ihr fast wahl¬

los die Zeiten sich kreuzen; eine sonderlich
konservative Kunst, die das Bedeutende oft
entkräftet erst übernimmt.
Solche Volkskunst ist voll vergessene'-
Symbolik. Sitten und Zeichen von Siegern,
die der Wind verwehte, werden hier oft miß-
verstanden bewahrt oder die Erinnerung an
längst Besiegte findet noch schwache Spur.
Alte, verstorbene Formen werden bewahrt,
vergessener oder überdeckter Glaube redet.
Diese Stücke zeugen noch von dem alten
Dämonenglauben, dem Bon-Po, buddhistisch
überkleidet; doch sinken die Zeichen
buddhistischer Anschauung in die älteren
Schichten des Dämonenglaubens zurück.
Ein Chef ist erkrankt. Man geht zum
Zauberer; ein Mann, der die Geheimnisse der
Metalle kennt und ihre Kräfte beherrscht. Bei
ihm bestellt man einen Kopf, ein grob ge-
schnißter Holzkern, mit Zeichen bedeckt. Als
Schuß des Kopfes vielleicht ein sassanidini-
scher Menschenhelm, der den Kopf überdeckt,
damit die Seele nicht durch ein ausgerissenes
Haar entweiche. Ein Kranz fast skythischer oder
thibetanischer Schreckmasken umzäunt den
Kopf, die bösen Geister abzuwehren. Sonnen-
umblätterte Türkise starren als Augen, die
metallische Zunge spring! über das Gitter der


Photo Germaine Krull
Zentralasiatische Nomadenkunst
Art des nomades de l’Asie centrale
Austeilung — Exposition — Exhibition:
Galerie de la Nouveile Revue Frangaise
Paris

Zähne heraus, ein altes Schreckmotiv seit der
Medusa. Vielleicht spricht man ein zauberi-
sches Abwehrwort aus. Flügelohren wachsen
über den Augenbrauen hervor und oft be-
kriecht der Tausendfuß die schmale Backe. Un-
willkürlich erinnert man sich der Flügelohren
der Verstorbenen und des Seelenwurmes,
Zeichen der Unsterblichkeit, auf den Guinea-
masken. Wird der Häuptling geheilt oder

stirbt er, der Kopf wird verbrannt. Vielleicht
ist seine Medizin in den Geheilten überge-
strömt oder der zauberische Kopf war kraft'"
los, oder vielleicht ist der Dämon der Krank-


Photo Germaine Krull
Zentralasiatische Nomadenkunst
Art des nomades de l’Asie centrale
Ausstellung — Exposition — Exhibition:
Galerie de la Nouveile Revue Franpaise
Paris

heil in ihn entwichen. In jedem Fall, da solche
Köpfe nicht als Kunstwerke, sondern magische
Mittel gelten, werden sie nach Gebrauch ver-
nichtet. Entweder weil ihre Kräfte erschöpft
oder damit kein anderer die Kraft de»
Fetischs zum Bösen nüße.
Jedenfalls, man fürchtet die metallkundigen
Zauberer und mißtraut ihnen, zumal sie auch
als Schmiede die tötenden Waffen verfertigen-
In Zauberern oder Schmieden kreuzt sich oft
der Heilige mit dem Outcast. Der Segen-
bringende ist auch der Gefürchtete und miß'
tragisch Gemiedene.
Vor solchen Köpfen denkt man an alt-
bewahrten Schädelkult. Als Zeichen könnten
hierfür die thibetanischen Schädelbecher
gelten. Hierzu kann uns vielleicht der metall-
verzierte Schädel eines jungen Yaks er-
mutigen. Off dienen Knochen zur Verferti-
gung magischer Medizin und sie gelten art’
Menschen als Zeichen der Dauer.
Diese Köpfe sind von Gebilden übersät,
die endlose Wanderung anzeigen. Die ge-
schwärzten Wangen sind wie von Wegen
durchzogen. Den Stirnen drückte man eine
Art Swastika auf oder ein chinesisches
Zeichen. Meander schlängeln aus dem Westen
heran und dienen als Schädelbasis. Del
chinesische Drache krallt sich in die Schädel,
glückbringende Fische werden verwandt, dje
skytische Tierwelt lebt hier weiter, sassani-
dische Formmotive kehren immer wieder.
Die Karawanen kreisen und der Nomade
nüßt eklektisch fremde Formen und Symbole,
doch ordnet sic altem Zauberglauben ein.
Diese Köpfe blühen auf wie Mikrokosmen
Dämonen, Blumen und Tiere wachsen aus
ihnen, sie ruhen im Strom der Meander, die
endlos die Karawanen wandern. Wie die

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