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WELT KUNST

Jalirg. V, Nr. 14 vom 5. April

A n unsere Abonnenten!
Das I. Quartal 1931 lief mit Nummer 13
ab. Wir bitten Sie, uns die Abonnements-
gebühr für das II. Quartal 1931 im Betrage von
4,50 RM (für Deutschland) oder 5,50 RM (für
das Ausland) bis zum 8. April 1931 ein-
zusenden. Wir werden uns andernfalls er-
lauben, den Quartalsbetrag durch die Post
nachnehmen zu lassen.
Eine Zahlkarte liegt dieser Nummer bei.
WELTKUNST-VERLAG

unter denen ein Hausaltar aus Ebenholz und
Silber von dem Augsburger Matthäus Wall-
baum um 1600, ein Paar großer deutscher oder
niederländischer Silberschüsseln des späten
17. Jahrhunderts und zwei silbergetriebene
Deckelkrüge mit geschnitten Mänteln aus
Elfenbein genannt seien.
Den Beschluß des umfangreichen Materials
bilden die Tapisserien und Teppiche,
leßtere gute alte Knüpfungen persischen und
kleinasiatischen Ursprungs des 17. und
18. Jahrhunderts. Unter den ersteren seien ge¬

nannt der Wandteppich mit dem Medici-
Wappen von Willem Pannemaker um 1550, ein
Brüsseler Wandteppich des 16. Jahrhunderts
mit Jagdszene im Walde und zwei Teppiche
der Coriolans-Folge nach Entwürfen der
Rubenswerkstatt um 1630.
Dieser Abriß muß genügen, Umfang und
Charakter eines Kunstbesißes zu kennzeich-
nen, der zu den bekanntesten und gepfleg-
testen Sammlungen des Berlin der Vor-
kriegszeit unter der Aera Bodes gerechnet
werden darf. A. T.

denen vor allem die Wandvertäfelung mit
Sißbank aus dem 16. Jahrhundert und die
große Reihe der Lehnstühle hervorgehoben
seien, zum Ausgebot. Besondere Beachtung
dürfen zwei sieben- bzw. dreiteilige Sißgarni-
turen im Stile Louis XVI mit alten Aubusson-
Bezügen um 1780, denen sich zwei Kamin-
schirme mit Tapisserie- und Aubusson-
Füllungen um 1700 und um 1765 anschließen,
beanspruchen.
Bei den kunstgewerblichen Ar-
beiten sind in vorderster Linie die hervor-
ragende Kollektion der italienischen Majo-
liken zu nennen, Arbeiten der Werkstätten
von Deruta, Faenza, Urbino, Castel Durante,
Gubbio u. a. mit großenteils ganz besonders
erlesenen Einzelstücken wie dem hellblau-
glasierten Faentiner Teller der Casa Pirota
um 1540 oder dem Teller derselben Werkstatt
mit dem Bildnis des Brutus, schönen Schüsseln
und Henkelvasen aus Deruta um 1520 oder
den figürlich polychrom bemalten Tellern des
Francesco Avelli da Rovigo und Nicola da
Urbino. Unter den Emails nennen wir zwei
Limoger Religuienkasten des 13. Jahrhunderts,
eine Limousiner Kupfertafel der Kreuzigung
mit Grubenschmelz um 1220 und mehrere
Emailmalereien des 16. Jahrhunderts, beson-
ders aber die ovale Prunkschüssel von Pierre
Raymond, 1572, mit Szenen aus der Geschichte
Davids. Bei den Elfenbeinen fungieren
als Hauptstücke ein venezianischer Kasten aus
der Werkstatt der Embriacchi um 1400 mit
menschlichen Figuren sowie eine niederlän-
dische Madonna des 15. Jahrhunderts und eine
reliefmäßig behandelte französische Mutter-
gottes um 1320 aus der ehemaligen Sammlung
Kann. Die Glasmalereien umfassen
größere Reihen süddeutscher Wappenscheiben
des 16. Jahrhunderts und Schweizerscheiben
derselben Epoche, darunter zwei signierte und
1598 datierte Fenster mit Szenen aus dem
alten Testament von Christoph Murer. Sehr
bedeutend sind die Silberarbeiten,

Inhalt Nr. 14

Die Sammlung W. v. Dirksen (in. 3 Abb.) . 1/2
Carl Einstein:
Pariser Ausstellungen: Kleine Bit lerfabrik . . 2/3
Isaac Grünewald (m. 2 Abb).3
Handzeichnungen und Graphik,
Bei C. G. B o e r n e r (m. Abb.).3, 8
Auktionsvorberichte (in. 3 Abb.).4
Auktionsnachberiehte .4
Auktions-Kalender.5
Preisberichte — Berichte aus Amerika — Kunst im
Rundfunk — Literatur.6
A u s s t e 11 u n g e n d e r W o c h e.7
Ausstellungen (m. 3 Abb.).7
Schmidt-Rottluff — Expressionisten —
G. Graf — Grazer Sezession
Dr. F. Neugass: Jugendwerke von
Toulouse-Lautrec (m. Abb) .... 8/9
Heckel in Chemnitz.9
English Supplement.9
Nachrichten von überall.10
Unter Kollegen.10

P ariser Ausstellungen

Kleine Bilderfabrik

Von
Carl Einstein
Kunst ist im Ganzen Sporfplaß der Mittel-
mäßigen, die hier ihre Laster vorreiten. Durch
hübsche Farbe will man schmeichelnd über-
reden. Blaues Meer beschläfert Sybillens
Wange, rote Bäume überschauern Rogers im-
pertinente Krawatte, und angenehm füllt man
die Leere eines Nachmittags zwischen abge-


Diana, Venedig, 2. Hälfte 16. Jahrh.
Zugeschrieben — attribuee ä — attributed to:
Tiziano Aspetti
Bronze — Bronce, H. 25 cm
Collection W. v. Dirksen, Berlin — Kat.-Nr. 447
Versteigerung —• Vente — Sale:
Rudolph Lepke’s Kunst-Auctions-Haus
Berlin, 28.—29. April 1931

rissenen Rahmen mit vagem Gespräch und
neuer Bekanntschaft.
Die Ausstellung bei Pierre Colle bietet
einiges für Cocktail-Jünglinge. Wir kennen

diese Bilder, die angenehm zu einem Chanel-
kleid stehen, eine Einrichtung im Stil mo-
derne nicht stören; Nachmittagsmalerei und
rasch verpuffter Esprit.
Christian Berard, ein Schüßling Coc-
teaus schluchzt die Epoche bleue Picassos in
dürre Schatten. Die mageren Mannequins der
Jugend verfetten mit dem Erfolg zu weiner-
lich kraftlosen Dandys. Man arbeitet mit zer-
rinnendem Aschgrau für zarte Nerven. Berard
versandet in ebenso falscher Lyrik wie die
Gedichte Cocteaus; mondäne Melancholie für
die Haute Couture.
Jean Hugo flötet in populär. Man stickt
baskische Idylle, doch fern von den kräftigen
Sardegnas. Wann wird man diese hüpfenden
dörflichen Symphonietten kennen, die mit der
Flöte des Marsyas in jeden Beginn locken.
Mädchenmalerei für Erfahrene.
Dann noch der gute Max J a c o b , ein Nach-
impressionist, der verfallene Reste des Rous-
seau erfahren mitunter benußt. All dies be-
sißt den Charme bequemer Verkäuflichkeit.
Dann zeigt man noch Dali. Ich schrieb
bereits von diesem dämonisierten Klassi-
zisten, dessen Symbolik suppenklar verab-
reicht wird. Mama ruht als zerlöcherte Lava,
während der Papa bunt und müde als far-
biger Staubwedel kokettiert. Symbole deut-
lich wie Margarineplakate, doch zu jeder lite-
rarischen Umschreibung angenehm geöffnet.
Das ist gemalt wie veilchenblaue Ansichts-
postkarte, Akademie wird hier als Wagnis
verzapft. Auferstehung der routinierten Nach-
tigall in längst ausverkaufter Hölle. Präzi-
sieren wir: also ungefähr Oberländer aus der
schizophrenen Ecke. Die klassizistische Hal-
tung mag dem früheren Chirico entstammen.
Jedoch ist man vlamisch geschwäßig.
Bei Paul Guillaume zeigt D e r a i n
Landschaften. Sieg des Öldrucks. Der früh-
italienische Corot wird mitunter wörtlich ver-
breitert und hilflos verklobt. Die Landschaft
hat heute noch keine Formulierung gewonnen,
sie erscheint fast als Umweg oder Ausrede.
Morgenrot und Blaue Stunde, Schweiz, Tos-
kana und der Midi sind ausgetreten wie Tahiti
oder die Marquesas. Auf den Südmeeren
schwimmen leere Oltuben, die Leinwände be-
schatten die sprossenden Oliven, und Staffe-
leien wachsen auf dem steinigsten Boden. Der
Montparnasse verwüstet die Erde und ver-
ramscht sie um des Motivs willen. Wann end-
lich wird man Reiseführer für Maler bringen?
Grüner Schnee im Hindukusch, Flußpartie mit
belesenen Affen auf dem Orinoko, Sibirien
als schicker Antiquitätenladen. Die Erde als
Sonntagspartie ist restlos erledigt.
Wir lieben nicht diese so bequemen Motive,
worin Gott oder die Eiszeit die Bilder prompt
liefern und der Mensch als Affe Gottes die
Schaufenster dekoriert. Derain versinkt immer
hilfloser in die wohlgenährten Polster des
Louis Philipp. Man arrangiert Motive, Klischees
selbstgewiß wie Familienanzeigen. Der alte
Schirmer hat in Karlsruhe mit bewegterer
Phantasie italienisch gemalt.
Viele Leute glauben an ihr Talent, ungefähr
weil sie in Paris sißen, wo die Feßen male¬

rischer Erbschaft nur so umherfliegen,
gehört eben der Pariser Schule an und . .
den Vetter Cezanne. Man zerstöre endU1
den Bluff einer fragwürdigen Warenmarke'
Die mißbrauchte Seine ist von Ölfarbe £Je'
staut, die Quais versinken vor Scham, Not>e
Dame wird genotzüchtigt, und Akte, heruntef'
gemalt bis unter die emaillierte Haut, übel'
schaukeln vermottete Kanapees, die übe1
alterte Anekdoten und Flytox ausdünsten.
Auch Rom starb an der Übervölkerung
durch zugereiste Talentlose. Eine Traditio'1
wird hier zum Meeting ausbeutender PupilK11
verplattet. Vor dem Krieg beanspruchte m3

Man
duz*


Kleopatra, Padua, Ende 15. Jahrh.
Padoue, fin du XVe siede
Bronze — Bronce, H. 32 cm ,
Collection W. v. Dirksen, Berlin' —• Kat.-Nr.
Versteigerung — Vente — Sale:
Rudolph Lepke’s Kunst-Auctions-Haus
Berlin, 28.—29. April 1931

Talent, weil man im Dom eine Anzahl CabL
cremes eingenommen hatte. Doch dies blelje
peinlich; man vulgarisiert so flink, daß )eCj
anständige Revolte zum kleinen Warenhaim
verpöbelt wird. . ..
Wir stellen fest; der Kitscher von l'11
dünkt mich verächtlicher als der blöde Sah1. .
rock mit Vollbart. Der Linkshänder treibt a
Dinge im Werden ab. Schamlos verhökert .
den entstehenden Gedanken. Man ist rn^.
besser, weil man Wagnis und Aufruhr d
andern kastriert; feige erstickt man den Rl.
que. Es gibt nicht nur alte falsche Bilder,
gibt übleres: fälschendes Verpöbeln ein
Neuen. Die billige Ausgabe ermöglicht P f
pont und Schulzen, ihre Gemeinpläße üb
Schinken auszugießen, die von der sabbef^
den Plauderei der Snobs leben; dann läßt 5’
so schön reden über das Unendliche und S’U
liehe, die Handschrift der zuckenden PbU
und die blauen Geheimnisse Holzpapier b> ,
hender Wälder. Die Erde ist von ParafriseUiG
manikürt, und man bobbt Berge wie j
Köpfe gefügiger Eintänzer. Die Natur
massiert, Schluchten und Blicke ein Ram5“,,-
Aus südlicher Landschaft läßt sich noch im'1’
Rente ziehen.

nemoTTe

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TAPISSERIES“ IVOIRES
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