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Deutsche Kunst- und Antiquitätenmesse [Hrsg.]
Die Weltkunst — 5.1931

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Nr. 14 (5. April)
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WELTKUNST

3



Eines jedoch bleibt selten, das Bild, das man
seinem Kopf bezahlt. Man kann den
~uden nicht mehr sehen, so wenig wie eine
Q‘e Kokotte; die Zykladen sind ein Golfplaß
geworden, Schneesfeppen bieten angenehme
^anatorien und Cocktailpartys und Ästheten
^rkloppen mit gepflegten Händen ermüdete,
allgenubte Weltwunder.
Bilderfabrikation ohne Anschauung und
Wagnis ist niederer als Mädchenhandel, da
beflissenen Pinsler keine Strafe droht,
s°ndern bequeme Rente.
*

Isaac Grünewald
Galerie Georges Bernheim
.Der schwedische Maler I. Grünewald, der
oinerzeit durch seine großen Bilder auf der
chwedischen Kunstausstellung bei Publikum
■ nJ> Presse starkes Aufsehen erregte, zeig!
eBt über 50 seiner Werke in der Galerie

Georges Bernheim. In seinen Werken
gewahrt man mancherlei Erinnerungen an
wahlverwandte Geister. Am stärksten hat
Matisse auf ihn gewirkt; ihm verdankt er die
geschlossene Form und die innere Größe
seiner Bilder. Er wurde für ihn zum Befreier
seiner eigenen Individualität. Die Farbe, an-
fangs noch hart und unvermittelt in ihrem
Zusammenhang, gewinnt allmählich kräftige
und freudige Harmonien und verschmilzt zu
einer immer wärmeren und leuchtenderen
Materie. Die Farbe bleibt immer der Haupt-
akzent der Bilder. Das Blau des Himmels
und des Meeres, das Rot der Dächer und das
Grün der Wiesen und Bäume bilden einen
freudigen Dreiklang. Sein Temperament ist
stärker als die Natur und gibt ihr eine ganz
persönliche Note von starker Farbigkeit, die
der höchste Ausdruck seines künstlerischen
Schaffens ist. Es fehlt bei Grünewald der
Widerglanz der Atmosphäre. Die fernsten
Hintergründe haben die gleiche Leuchlkraft
wie ganz nah gesehene Dinge. Daher haben

seine Landschaften immer etwas Flächen-
haftes und Dekoratives (Abbildungen auf
Seite 8).
Auch die Porträts, die Gruppenbilder und
die Aktkompositionen seiner lebten Jahre sind
stark koloristisch. Die Linie hält mit selbst-
verständlicher Leichtigkeit den psychologi-
schen Ausdruck des verträumten Schauens,
des lässigen Sißens oder des in sich Ver-
sunkenseins fest. Die Farben mit ihren
kühnen und lebhaften Kontrasten schwingen
in der gleichen seelischen Stimmung.
Grünewald ist nicht an eine beslimmie
Materie gebunden. Er arbeitet mit der glei-
chen Freiheit in Ol, Guache' und Aquarell und
weiß auch mit Stift und Kohle Stimmungen
einzu fangen, die die größte malerische Wir-
kung ausüben. Es ist schwer, für das künst-
lerische Werk dieses Malers ein Schlagwort
zu finden, das seinen ganzen inneren Reich-
tum wiedergibt, zumal er fern von aller
Kunstpolitik aus innerem Zwang heraus seine
| Werke schafft.

Handzeichnungen und Graphik
Frühjahrsversteigerung bei C. G. Boern er, Leipzig

■ Die in diesen Tagen in Berlin stattgehabte
, Usstellung des Materials an Handzeichnungen
:.nd Graphik, das den Inhalt der dies-
maligen Leipziger Frühjahrsauktion bei C. G.
j.°erner am 27.-29. April ausmacht, bildete
J'1 den Kunstfreund und Sammler wie für den
pssenschaftler eine Überraschung in bezug
uf die Schönheit, Seltenheit und Kostbarkeit
.. e.r angebotenen Hauptblätter. Wie wir be-
l^'ts in \r_ 6 Jen „Weltkunst“ berichteten,
andelt es sich um die durch eine Holzschnitt-
c!!Tmilung aus Privatbesiß bereicherte Kupfer-
|dchsammlung des bekannten Dürerforschers
e r n h a r d Hausmann, um eine aus ver-
miedenem Besiß stammende Kollektion von
,. a P f e r s t i c h e n des 15.—18. Jahrhunderts,
j Handzeichnungen alter Meister aus
er Eremitage und anderen russischen Museen,
um deutsche Graphik und Zeich-
Un9en des 19. Jahrhunderts.
^us diesem reichen, von Kostbarkeiten
s’Hen Ranges durchseßten Material heben
£C1 in ihrer Einzigartigkeit die H a n d -
Qei.chn ungen aus russischem Besiß natur-
p.tnäß in erster Linie heraus. Die unberührte
Jlsche ur|d durchgehend wundervolle Er-
I^Hung dieser Blätter, die, wie die der Eremi-
Q 9e, großenteils bereits im 18. Jahrhundert
?. berühmten Sammlungen wie Cobenzl,
^luEl, Beßky u. a. in die Hände des russischen
.ö,serhauses gelangten und sich noch jeßf auf
l>n a'Len Originalauflagen präsentieren, ist
U, e bei im Handel vorkommenden Zeich-
nungen nur noch in Ausnahmefällen anzu-
in-J.60. ganz abgesehen von einer zahlen-
(n?®’g so umfangreichen Reihe erster Quali-
] ’en von internationalem Wert, wie sie seit
unren nicht auf dem Markt angeboten wurde.
7,,- en Höhepunkt bilden die französischen
^'Hinungen, eine kleine Gruppe von Bild-
des 16. Jahrhunderts und die lange
der klassischen Meister des Dixhuitieme.
]j„i r den ersteren ist das Bildnis der jugend-
t/'“n Elisabeth, Tochter Heinrichs II. und nach-
q uger Königin von Spanien, von Franqois
Wp , u e t (Abbildung nebenst.) als Haupt-
t anzusPrechen, dem an zeichnerischer Fein-
Bg Ur|d Zartheit nur noch das Brustbild einer
von Dumoütier 1’OncIe, wenig später
p| s*anden, gleichkommb Eine Anzahl weiterer,
in d- gleichzeitig entstandener Blätter, wird
Vj die Nähe des leßteren gerückt, während
]Ori’ Herren- und Damenbildnisse, in psycho-
in zeichnerischer
Generation an-
„t. _Daniel Dumoütier
l()erzeugend zugewiesen sind. Noch dem

D,
von uumouneri vncie, wenig spaier
sMnden, gleichkommt. Eine Anzahl weiterer,
; '’Ü nl ö>/'Iv r, zvi li n ante-I n zJ an or P» 1 4- 4- r- wird
’n rl- -
V die 1.
fc Her...,- ...d D.:.....L-
biks5h.er Erfassung wie
Mir j. Ehrung eine neue
jjjj digend, dem jüngeren
iL,Jahrhundert gehören ein von Dimier um
<ltl | datiertes Profilbildnis Karls IX. und ein
&ildres Herrenporträt sowie das alt datierte
<jnan’s des Grafen von Shrewsbury von 1582
dj ’ "'eich leßteres zu den besten Leistungen
scr er späteren französischen Porträtisten-
p.e zu rechnen ist.
lg :'ne Heraushebung der Hauptblätter des
Eeiri rhunderts ist auf diesem kurzen Raum
1^0?ahe unmöglich. Die Panneau-Skizze in
Qr c|. von Watteau gibt den Inbegriff an
dip 2le und träumerischer Verspieltheit, deren
lj(, Zeitalter fähig war. Sie enthält alle
dpr^Hfe, die wir in den weiteren Blättern, in
bg ' graziösen Sfudienblatt einer stehenden
büjjp^figur von Watteau, in dem farbig
dip-fsf subtil und raffiniert angelegten Mäd-
EojipOPf von Boucher oder dessen beiden
scljp lch reifen Aktfiguren, in den drei italieni-
VOtl n Landschaften voll heimlicher Romantik
KOtn f’ragonard, den beiden Ruinen-
^Pij^sitionen von Pern et oder der langen
Zpjc^c charmanter Rötel- und Tuschpinsel-
<U Lnungen von Greuze wiederfinden, die,
Eßhlr bekanntesten Schößen der Eremitage
Mpj !er|d, das wirkliche Wesen dieses
ers besser enthüllen als seine Gemälde
Mstr>?e'ne ganze Entwicklung bis zum Klassi-
’M t| s aufrollen. Mit diesen wenigen Namen
V'p^j s Material nicht entfernt umrissen: neben
1och9er bekannten Meistern wäre mindestens
so herrliche Blätter wie L a n c r e t s
. e zweier stehender Männer, Louis Gabriel

Moreaus aquarellierte Zeichnungen von
Ruinenlandschaften, die beiden farbigen Park-
ansichten von H o i n , mehrere äußerst reiz-
volle Blätter von Hubert Robert und die
beiden zart angelegten, impressionistischen
Tuschpinselzeichnungen Moreau de Jeunes
mit Darstellung des Aufstiegs der Mont-
golfiere 1783 zu nennen, um wenigstens mit

Graf und eines der äußerst seltenen Studien-
blätter von Hirschvogel, das stilistisch
gut mit einigen der bekannten Budapester
Bläffer zusammengeht und vor 1545 zu da-
tieren ist, zu nennen.
Stark vertreten sind die niederländischen
Schulen des 17. Jahrhunderts, deren Bestände
namentlich an Kleinmeistern, durch Blätter der


Frangois Clouet, Bildnis der Königin Elisabeth von Spanien, Tochter Heinrichs II.
Portrait de la reine Elisabeth d’Espagne, fille de Henri II
Portrait of Queen Elisabeth of Spain, daughter of Henry II.
Schwarze und farbige Kreide — 33,2:22,2 cm — Collection Eremitage, Leningrad — Kat. Nr. 47
Versteigerung — Vente — Sale: C. G. Boerner, Leipzig, 29. April 1931

Namen ein Bild dieser erlesenen Kostbar-
keiten zu entwerfen.
Auch die übrigen Schulen ermangeln nicht
kunstwissenschaftlich hervorstechender, das
gleichmäßig schöne Qualitätsniveau über-
ragender Einzelblätfer. Italien ist am
schwächsten vertreten: grandios in Anlage
und Durchführung dafür die Federzeichnung
einer Anbetung der Könige von T i e p o 1 o.
Neben einigen anonymen deutschen Zeich-
nungen des späten 15. und frühen 16. Jahr-
hunderts wie der Figur einer Katharina oder
einer wohl dem Umkreis der Donauschule an-
gehörenden Ruinenlandschaft sind eine Reihe
Schweizer Scheibenrisse von Hans
Ulrich Fisch, Daniel Lindimayer d. J., Christoph
Meurer und Tobias Stimmer, sowie, als Höhe-
punkte, das zeichnerisch wundervolle Blatt
eines nackten kämpfenden Weibes von Urs

Sammlung Massaloff (Moskau, Museum) und
Alferoff (Charkow, Kunsthistorisches Museum)
ergänzt und abgerundet werden konnten. Aus
der Eremitage stammen der feine, um 1618/19
entstandene Bildniskopf von Rubens Sohn
Albert und die prachtvoll ausgeführte Skizze
zum sterbenden Seneca zu desselben Meisters
großem Gemälde in der Münchener Pinakothek
(um 1611), ferner die wesentlichsten Zeich-
nungen von J o r d a e n s wie der großartige,
hochbarocke farbige Kreide-Entwurf zu der
Anbetung der Könige in Dixmuide und drei von
den vier angebotenen Studienblättern Rem-
brandts: zwei nach Hofstede de Groot zu-
sammengehörige Feder-Entwürfe zu einer
Darstellung von Christus und der Samariterin
und die äußerst anziehende, in ihrer Autor-
schaft jedoch nicht ganz einstimmig bejahte
Kanallandschaft in Feder und Pinsel. Glänzend

repräsentiert sind die holländischen Land-
schafter, voran Jacob van R u i s d a e 1 mit
nicht weniger als fünf Blättern, deren an-
ziehendstes vielleicht die „Ansicht von
Rhenen“, ferner Everdingen, Jan van Goyen,
Borssom, Doomer, de Momper, Aert van der
Neer, Salomon van Ruisdael, Saftleven, Simon
de Vlieger mit teilweise größeren Serien aus-
gezeichneter Studien. Besonders genannt sei
noch Ostade mit einer Reihe charakteristischer
Bauern-Skizzen.
Der größte Teil der in einem wie gewohnt
äußerst gewissenhaft bearbeiteten Katalog mit
guten Abbildungen verzeichneten Blätter war
1926 nach genauer Sichtung und Neuordnung
der Eremitage-Bestände durch M. Dobro-
klonsky in einer großen Ausstellung, von
der auch die außer-russische wissenschaftliche
Presse Notiz genommen hafte, vorgeführt
worden.
*
Aus der Sammlung .Bernhard
Hausmann, der am Ausbau seines Dürer-
Werkes von 1806 bis zu seinem Tode 1873 mit
immer kritischer werdendem Qualitätsgefühl
und größter Kennerschaft arbeitete, werden
am ersten Versteigerungstage die Kupfer-
stiche, beinahe das gesamte Oeuvre in zum
Teil prächtigen Abdrucken, versteigert,
während die Holzschnitte und die Hand-
zeichnungen im Besiß der Familie Blasius
in Braunschweig verbleiben. Diese Auktion
wird eine Quelle für Sammler bilden, da sie
die größten Seltenheiten, naturgemäß auch
sämtliche „Meisterstiche“ und wichtige Zu-
standsdrucke, in einwandfreien Qualitäten um-
faßt. Eine glückliche Ergänzung bildet eine
jüngere Sammlung von Dürer-Holzschnitten,
deren hohes Niveau durch die Nennung der
vollständigen Serien der großen und kleinen
Passion und des Marienlebens in Probe-
drucken, des „Triumphwagens“ im ersten Zu-
stand gekennzeichnet sei. Ein großer Teil der
hier angebotenen Blätter stammt aus der be-
kannten Dürer-Sammlung Vincent Mayer,
einige der besten zierten die große Dürer-
Gedächtnisschau in Nürnberg 1928.
Auch der Katalog, der „K u p f e r s t i c h e
des 15.—18. Jahrhunderts“ beschreibt,
weist eine größere Reihe kostbarer Stiche und
Holzschnitte Dürers, wie einen prachtvollen
Frühdruck von „Adam, und Eva“, einen aus-
gezeichneten „Hieronymus in der Zelle“, die
„Melancholie" in einem harmonischen Abdruck
von herrlicher Tiefe und den seltenen ersten
Zustand der „Großen Fortuna“ auf dem Papier
mit dem Wasserzeichen der hohen Krone,
sämtlich aus den Beständen zweier deutscher
Privatsammlungen, auf. An interessanten und
seltenen deutschen Blättern schließen sich an
von der Hand des Meisters E. S. die
seltene Stichvorlage für eine Patene mit Dar-
stellung Johannes d. T. in der Wüste und die
beiden in außerordentlicher Frische leuchten-
den Buchstaben p und y, von einem unbe-
kannten Nachfolger Schongauers die
große Darstellung einer Reiterschlacht und
von Veit Stoß die zu den allergrößten
Seltenheiten des Graphikmarktes gehörende
„Auferweckung des Lazarus“, eines der sehr
seltenen, im Handel beinahe unauffindbaren
Blätter des großen spätgotischen Plastikers,
der sich auch auf diesem Gebiet als ein
Meister von größter Bedeutung erweist. Unter
den Holzschnitt-Inkunabeln ist als Hauptstück
ein nach Schreiber vermutlich schwäbischer,
aükolorierfer Reiberdruck mit Darstellung des
Jüngsten Gerichtes um 1460 zu nennen.
Ein Unikum bildet der erst vor wenigen
Jahren entdeckte Helldunkelschnitt eines
Christophorus von Hans Wechtlin von
stärkster graphischer Wirkung. Ein Hauptblatt
der Frühzeit der Schabkunst, der „Henker mit
dem Haupte des Täufers“ von Prinz
Ruprecht von der Pfalz liegt in einem
wundervoll tonigen und frischen Exemplar des
raren zweiten Zustandes vor.
Auf die frühen italienischen Kupferstiche
wurde hier bereits anläßlich der Abbildung des
„1 emplum Pilati" in Nr. 12 hingewiesen. An-
zumerken wären noch die Serie von elf Ar-
beiten Manie gnas, darunter Blätter aus
dem „Triumph Caesars“ von seltener Schön-
heit und Vollkommenheit, ferner die an Tiefe
und Gleichmäßigkeit des Druckes das vor
einigen Jahren verkaufte Exemplar der Samm-
lung König Friedrich August II. weit über-
ragende „Büste eines jungen Mädchens“ von
Jacopo de’ Barbari, das vielleicht cha-
raktervollste und künstlerisch stärkste Er-
zeugnis dieses Meisters.
Die Rembrandt-Sammlung stammt
zu wertvollsten Teilen aus dem Besiß des in
Arnheim verstorbenen Dr. van Moll. Sie ist
durch ihren Umfang wie durch die Druck-
Qualität der Hauptblätter, unter denen nur das
aus der Slg. Esterhazy stammende „Petite
tombe‘\ ein früher Zustand des „Ungläubigen
Thomas“, oder der prachtvoll grätige „Hiero-
nymus in bergiger Landschaft“ genannt seien,
bemerkenswert.
Den Beschluß des Katalogs bilden eng-
lische und französische Farbstiche des 18. Jahr-
hunderts aus der Eremitage, deren Schönheit,
was Frische, Breitrandigkeit und Erhaltung an-
belangt, durchaus dem vor einem Jahre an
derselben Stelle veräußerten Material gleich-
kommt. Man findet hier berühmte Stücke wie
die „Sophia Western“ von J. R. Smith oder
die „Mrs. Benwell“ von William Ward, die
ovalen Morland-Blätter „A tea garden — SL
James Park“ oder dessen „Farmer’s stable",
als Glanzstücke John Raphael Smith’ „Ena-
(Fortseßung auf Seite 8)

GALERIE E.A. FLEISCHMANN

GEGRÜNDET 1804

MÜNCHEN • MAXIMILIANSTRASSE 1
 
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