2
DIE WELT KUNST
Jahrg. V, Nr. 16 vom 19, April 1931
Inhalt Nr. 16
Antike Rahmen. Ausstellung in Paris . 1/3
Dr. K. P f i s t e r :
Riemenschneidertage in Würzburg (m. 4 Abb.) 4/5
L. F. Fuchs:
Gemälde der Sammlung Rohonez in München 5
Stanislav V i n a v e r :
Deutsche Kunst in Belgrad.5
Auktionsvorberichte (m. 7 Abb.).6
Gemäldesammlung Gral M o 11 k e (4 Abb.) . . 6
Auktionskalender . 7
Preisberichte — Kunst im Rundfunk.8
Ausstellungen der Woche . . . . . 10
Literatur. 11
Ausstellungen (m. 3 Abb.) .... 5, 11/12
Werke alter Plastik — Fotomontage — Künst-
ler unter sich — Lilly Steiner (2 Abb.)
C. Einstein:
Toulouse-Lautrec (m. Abb.).12
Dr. B. Lasch:
Niederländische Fayencen (m. Abb.) .... 12
» B a u - u n d Raumkunst« (m. 3 Abb.) . . 13
Dr. H. W. Leisegang:
Raum und Persönlichkeit.13
F r h. v. Oelsen:
Abstraktion in der Architektur.13
Nachrichten von überall.14
Unter Kollegen.14
Im 16. Jahrhundert treten Florenz und Venedig
in Wettbewerb, um in geistreichen Einfällen
nicht nur die Gemälde in den Kirchen, son-
dern auch die in öffentlichen und privaten
Palästen zu schmücken. Unter dem Einfluß
Michelangelos brechen sich die graden Linien
der Renaissance, — damit beginnt die Zeit
der gebrochenen Giebel, der gedrehten Säu-
len. Der architekturale Stil der Rahmen bleibt
vorherrschend, aber mehr und mehr wird der
Rahmen zu einer Einfassung ohne Giebel und
ohne Unterbau. Das Material, das zur Ver-
wendung kommt, besteht nicht nur ausschließ-
lich aus vergoldeten und gemalten Holz-
schnißereien, sondern aus Stuck, ferner aus
Marmor, Bronze, Eisen, auch Naturholz mit
Goldauflage.
Das 17. Jahrhundert lernt die Übertreibun-
gen des Barock mit seinen ausschweifenden
und problematischen Werken kennen. In
Bologna freilich sind einfachere Rahmen mit
Goldpunzierung vorherrschend. In Florenz
werden die breiten, durchbrochenen Rahmen
mit schwerem Profil und glänzender Vergol-
dung bevorzugt, wie man sie im Palazzo Pitti
findet. Die Vorherrschaft fällt im 18. Jahr-
hundert an Venedig: auf der einen Seite trifft
man auf leichte Rahmen, die der französischen
Überlieferung folgen, — auf der anderen Seite
auf die bekannten prachtvollen Spiegelrahmen
aus vergoldetem Holz und besonders aus ge-
sponnenem und vielfarbigem Glas, Herr
Roche hat zahlreiche Kunstgegenstände dieser
Zeit vereinigt, — ein ganzer Saal ist lediglich
mit Spiegeln behängt.
Die französische Abteilung ist bei
weitem die wichtigste. Hier findet man einige
sehr schöne gotische Rahmen. Das 16. Jahr-
hundert wird von einigen Seltenheiten in
Natureiche, Ebenholz, Nußbaum mit Goldauf-
lagen oder mit Perlmutter- und Bronze-
Franz Hals, Herrenbildnis
Portrait d’homme — Portra.it of a gentleman
83:67 cm — Collection Marczell von Nemes
Versteigerung — Vente — Sale:
Paul Cassirer, Hugo Helbing, Frederik Muller & Co., München
16.—19. Juni 1931
Einlagen im Stil Franz’ I. und Heinrichs II. re'
präsentiert, die sich kaum von den italienischen
der Zeit unterscheiden. Der Stil Louis Xm
dagegen hat sich von allen fremdländischen
Einflüssen freigemacht. Der architekturale
Stil wird aufgegeben, — die Profile steigen an
und sind oft mit Früchten, Blumen und Blättern
reich verziert. Ein sehr schönes Exemplar von
der Mitte des 17. Jahrhunderts zeigt eine
wundervolle Durchbruchsarbeit, — man möchte
fast von Bronzearbeit sprechen. Doch ist das
nur eine Ausnahme: im allgemeinen ist die
Skulptur ziemlich schwerfällig. Gegen das
Ende des Jahrhunderts verschwindet der Na'
turalismus, um dem klaren Dekor von Berain
Plaß zu machen, bei dem grade Linien und
Laubwerk sich maßvoll und im Gleichgewicht
über die Rahmen, die Eck- und Mitfel-Verzie'
rungen aufweisen, verteilen. Der prunkvolle
Stil Louis XIV ist auf dieser Ausstellung durch
zahlreiche Beispiele vertreten, aus denen die
Wichtigkeit, die man damals den Rahmen bei'
maß, sehr klar hervorgeht. Die ornamentalen
Motive werden komplizierter, und ihre Anord'
nung ist nicht immer symmetrisch, — die
Muscheln werden mehr rokokohaft behandelt:
dies ist der sog. Regence-Stil. Diese Epoche
ist es, in welcher die Rahmen entstehen, die
vom Standpunkt der Schnißerei wie von dem
der Vergoldung aus am vollkommensten sind-
Für diese Stilepoche hat man in der Ausstellung
einen sehr großen Plaß reserviert, denn es
handelt sich sicherlich um den Gipfel der
französischen Rahmenkunst.
In Kürze bäumen sich die Linien, — die
Ornamente werden hohlgeschnißt und un'
symmetrisch, — die Rahmen werden immer
anmutiger und raffinierter. Das ist der Stil
Louis XV, der so vortrefflich zu den liebens'
würdigen Gemälden der Zeit paßt.
Dann führt in ziemlich scharfer Reaktion der
Geschmack für die Antike wieder zur Einfach'
heil zurück. Der Rahmen bevorzugt wieder
eine einfachere Linie. Der Rahmen Louis Xvl
zeigt nur an seinem oberen Rand einen be'
deutenderen Schmuck: ein Spiel von Bändern,
Vögeln, Blumen und Blättern.
Die Revolution bringt die Zerstörung der
meisten Rahmen mit sich, — der Geschmack
für schöne Rahmung verschwindet.
Die Versuche, die man unter Napoleon,
Louis-Philippe und im zweiten Kaiserreich
macht, waren ebenso armselig in ideeller wie
in technischer Hinsicht, — wie man das sehr
deutlich in dieser Ausstellung sieht.
Die spanische Abteilung zeigt Rahmen
des 16. und 17. Jahrhunderts. Die Rahmen des
16. Jahrhunderts unterscheiden sich ziemlich
wenig von den italienischen Rahmen der gleu
chen Zeit, ausgenommen vielleicht in Bezug am
die Qualität der dickeren Goldschicht, das
schwerere Schnißwerk und die Farbigkeit-
(Fortsetzung auf S'
VERSTEIGERUNGEN:
1. u. 2. Juni 1931
Gemäldesammlung
GRAF MOLTKE
Ant. v. Dyck, Meindert Hobbema,
Adriaen van Ostade, Jacob Ruisdael,
Paulus Potter, Petrus Paulus Rubens u. a.
3. Juni 1931
Kupferstiche und Gemälde
aus dem Besitz
des Baron F. M. ROSENÖRN-LEHN, Oreby
Gemälde von Nicolas Lancret,
Philip Köninck u. a.
Radierungen von Rembrandt:
hervorragende Abdrücke.
Kupferstiche alter Meister
Italienische Majolika
4. u. 5. Juni 1931
Kupferstiche
aus dem Besitz
des Fabrikanten Joh. G. Guildal, Kopenhagen
Radierungen von Rembandt,
Anders Zorn u. a.
V. WINKEL & MAGNUSSEN, KOPENHAGEN
H0JBROPLADS 7, TELEGRAMM-ADRESSE: GUARDPRINT
SAMMLUNG WILLY H. STREIT
HAMBURG
GEMÄLDE FRANZÖSISCHER MEISTER DES 19. UND 20. JAHRHUNDERTS
Boudin, Braque, Cezanne, Corot, Courbet, Daumier, Derain, Diaz, Dufresne, van Gogh,
Toulouse-Lautrec, Matisse, Millet, Picasso, Pissarro, Renoir, Ziem
VERSTEIGERUNG: 10. JUNI 1931
HERMANN BALL - PAUL GRAUPE ■ BERLIN W10
TIERGARTENSTRASSE 4
Illustrierter Katalog nach Erscheinen
BRIMO m LAROUSSILHE
34, Rue Lafayette — 58, Rue Jouffroy (Bd. Malesherbes) Paris
Objets de Collection
Tapisseries - Peintures
Du Haut-Moyen Age
ä la Renaissance
DIE WELT KUNST
Jahrg. V, Nr. 16 vom 19, April 1931
Inhalt Nr. 16
Antike Rahmen. Ausstellung in Paris . 1/3
Dr. K. P f i s t e r :
Riemenschneidertage in Würzburg (m. 4 Abb.) 4/5
L. F. Fuchs:
Gemälde der Sammlung Rohonez in München 5
Stanislav V i n a v e r :
Deutsche Kunst in Belgrad.5
Auktionsvorberichte (m. 7 Abb.).6
Gemäldesammlung Gral M o 11 k e (4 Abb.) . . 6
Auktionskalender . 7
Preisberichte — Kunst im Rundfunk.8
Ausstellungen der Woche . . . . . 10
Literatur. 11
Ausstellungen (m. 3 Abb.) .... 5, 11/12
Werke alter Plastik — Fotomontage — Künst-
ler unter sich — Lilly Steiner (2 Abb.)
C. Einstein:
Toulouse-Lautrec (m. Abb.).12
Dr. B. Lasch:
Niederländische Fayencen (m. Abb.) .... 12
» B a u - u n d Raumkunst« (m. 3 Abb.) . . 13
Dr. H. W. Leisegang:
Raum und Persönlichkeit.13
F r h. v. Oelsen:
Abstraktion in der Architektur.13
Nachrichten von überall.14
Unter Kollegen.14
Im 16. Jahrhundert treten Florenz und Venedig
in Wettbewerb, um in geistreichen Einfällen
nicht nur die Gemälde in den Kirchen, son-
dern auch die in öffentlichen und privaten
Palästen zu schmücken. Unter dem Einfluß
Michelangelos brechen sich die graden Linien
der Renaissance, — damit beginnt die Zeit
der gebrochenen Giebel, der gedrehten Säu-
len. Der architekturale Stil der Rahmen bleibt
vorherrschend, aber mehr und mehr wird der
Rahmen zu einer Einfassung ohne Giebel und
ohne Unterbau. Das Material, das zur Ver-
wendung kommt, besteht nicht nur ausschließ-
lich aus vergoldeten und gemalten Holz-
schnißereien, sondern aus Stuck, ferner aus
Marmor, Bronze, Eisen, auch Naturholz mit
Goldauflage.
Das 17. Jahrhundert lernt die Übertreibun-
gen des Barock mit seinen ausschweifenden
und problematischen Werken kennen. In
Bologna freilich sind einfachere Rahmen mit
Goldpunzierung vorherrschend. In Florenz
werden die breiten, durchbrochenen Rahmen
mit schwerem Profil und glänzender Vergol-
dung bevorzugt, wie man sie im Palazzo Pitti
findet. Die Vorherrschaft fällt im 18. Jahr-
hundert an Venedig: auf der einen Seite trifft
man auf leichte Rahmen, die der französischen
Überlieferung folgen, — auf der anderen Seite
auf die bekannten prachtvollen Spiegelrahmen
aus vergoldetem Holz und besonders aus ge-
sponnenem und vielfarbigem Glas, Herr
Roche hat zahlreiche Kunstgegenstände dieser
Zeit vereinigt, — ein ganzer Saal ist lediglich
mit Spiegeln behängt.
Die französische Abteilung ist bei
weitem die wichtigste. Hier findet man einige
sehr schöne gotische Rahmen. Das 16. Jahr-
hundert wird von einigen Seltenheiten in
Natureiche, Ebenholz, Nußbaum mit Goldauf-
lagen oder mit Perlmutter- und Bronze-
Franz Hals, Herrenbildnis
Portrait d’homme — Portra.it of a gentleman
83:67 cm — Collection Marczell von Nemes
Versteigerung — Vente — Sale:
Paul Cassirer, Hugo Helbing, Frederik Muller & Co., München
16.—19. Juni 1931
Einlagen im Stil Franz’ I. und Heinrichs II. re'
präsentiert, die sich kaum von den italienischen
der Zeit unterscheiden. Der Stil Louis Xm
dagegen hat sich von allen fremdländischen
Einflüssen freigemacht. Der architekturale
Stil wird aufgegeben, — die Profile steigen an
und sind oft mit Früchten, Blumen und Blättern
reich verziert. Ein sehr schönes Exemplar von
der Mitte des 17. Jahrhunderts zeigt eine
wundervolle Durchbruchsarbeit, — man möchte
fast von Bronzearbeit sprechen. Doch ist das
nur eine Ausnahme: im allgemeinen ist die
Skulptur ziemlich schwerfällig. Gegen das
Ende des Jahrhunderts verschwindet der Na'
turalismus, um dem klaren Dekor von Berain
Plaß zu machen, bei dem grade Linien und
Laubwerk sich maßvoll und im Gleichgewicht
über die Rahmen, die Eck- und Mitfel-Verzie'
rungen aufweisen, verteilen. Der prunkvolle
Stil Louis XIV ist auf dieser Ausstellung durch
zahlreiche Beispiele vertreten, aus denen die
Wichtigkeit, die man damals den Rahmen bei'
maß, sehr klar hervorgeht. Die ornamentalen
Motive werden komplizierter, und ihre Anord'
nung ist nicht immer symmetrisch, — die
Muscheln werden mehr rokokohaft behandelt:
dies ist der sog. Regence-Stil. Diese Epoche
ist es, in welcher die Rahmen entstehen, die
vom Standpunkt der Schnißerei wie von dem
der Vergoldung aus am vollkommensten sind-
Für diese Stilepoche hat man in der Ausstellung
einen sehr großen Plaß reserviert, denn es
handelt sich sicherlich um den Gipfel der
französischen Rahmenkunst.
In Kürze bäumen sich die Linien, — die
Ornamente werden hohlgeschnißt und un'
symmetrisch, — die Rahmen werden immer
anmutiger und raffinierter. Das ist der Stil
Louis XV, der so vortrefflich zu den liebens'
würdigen Gemälden der Zeit paßt.
Dann führt in ziemlich scharfer Reaktion der
Geschmack für die Antike wieder zur Einfach'
heil zurück. Der Rahmen bevorzugt wieder
eine einfachere Linie. Der Rahmen Louis Xvl
zeigt nur an seinem oberen Rand einen be'
deutenderen Schmuck: ein Spiel von Bändern,
Vögeln, Blumen und Blättern.
Die Revolution bringt die Zerstörung der
meisten Rahmen mit sich, — der Geschmack
für schöne Rahmung verschwindet.
Die Versuche, die man unter Napoleon,
Louis-Philippe und im zweiten Kaiserreich
macht, waren ebenso armselig in ideeller wie
in technischer Hinsicht, — wie man das sehr
deutlich in dieser Ausstellung sieht.
Die spanische Abteilung zeigt Rahmen
des 16. und 17. Jahrhunderts. Die Rahmen des
16. Jahrhunderts unterscheiden sich ziemlich
wenig von den italienischen Rahmen der gleu
chen Zeit, ausgenommen vielleicht in Bezug am
die Qualität der dickeren Goldschicht, das
schwerere Schnißwerk und die Farbigkeit-
(Fortsetzung auf S'
VERSTEIGERUNGEN:
1. u. 2. Juni 1931
Gemäldesammlung
GRAF MOLTKE
Ant. v. Dyck, Meindert Hobbema,
Adriaen van Ostade, Jacob Ruisdael,
Paulus Potter, Petrus Paulus Rubens u. a.
3. Juni 1931
Kupferstiche und Gemälde
aus dem Besitz
des Baron F. M. ROSENÖRN-LEHN, Oreby
Gemälde von Nicolas Lancret,
Philip Köninck u. a.
Radierungen von Rembrandt:
hervorragende Abdrücke.
Kupferstiche alter Meister
Italienische Majolika
4. u. 5. Juni 1931
Kupferstiche
aus dem Besitz
des Fabrikanten Joh. G. Guildal, Kopenhagen
Radierungen von Rembandt,
Anders Zorn u. a.
V. WINKEL & MAGNUSSEN, KOPENHAGEN
H0JBROPLADS 7, TELEGRAMM-ADRESSE: GUARDPRINT
SAMMLUNG WILLY H. STREIT
HAMBURG
GEMÄLDE FRANZÖSISCHER MEISTER DES 19. UND 20. JAHRHUNDERTS
Boudin, Braque, Cezanne, Corot, Courbet, Daumier, Derain, Diaz, Dufresne, van Gogh,
Toulouse-Lautrec, Matisse, Millet, Picasso, Pissarro, Renoir, Ziem
VERSTEIGERUNG: 10. JUNI 1931
HERMANN BALL - PAUL GRAUPE ■ BERLIN W10
TIERGARTENSTRASSE 4
Illustrierter Katalog nach Erscheinen
BRIMO m LAROUSSILHE
34, Rue Lafayette — 58, Rue Jouffroy (Bd. Malesherbes) Paris
Objets de Collection
Tapisseries - Peintures
Du Haut-Moyen Age
ä la Renaissance