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Deutsche Kunst- und Antiquitätenmesse [Hrsg.]
Die Weltkunst — 5.1931

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Nr. 16 (19. April)
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12

DIE W E L T K U N S T

Jalirg. V, Nr. 16 vom 19. April 19^3:



ihrem Temperament mehr die Zügel schieljen,
— insbesondere waren es die Maler Arthur
S e ga 11 und Nebel, die sich mit durch-
aus pointierten Wendungen gegen Döblin
wandten. —
Wir werden in der nächsten Nummer der
Weltkunst Herrn Dr. Gold Gelegenheit geben,
die von ihm im Diskussionsabend skizzierten
Gedanken näher auszuführen.
Lilly Steiner
Wenn man von den deutschen Künstlern
spricht, die nach Paris übersiedelt sind und
hier ihren Weg machen, wird oft und mit
Nachdruck der Name Lilly Steiners genannt.
Sie hat in Paris verschiedene Ausstellungen
veranstaltet, die eine sehr sympathische Auf-
nahme bei der französischen Kritik gefunden
haben. Vor allem waren es ihre Ausstellun-
gen in der Galerie Bonaparte und in
der Galerie des Tuileries im vori-
gen Jahr, die von den Pariser Kritikern mit
Wärme besprochen wurden. Man rühmte da-
mals einmütig die Verve ihres Pinselstrichs,
die kapriziöse Linienführung, die schöne
Flüssigkeit ihrer Kompositionen und die
Faibigkeit, mit der sie kühn und intelligent
Blumen, Fische und das Meer malt. Großen
Eindruck machten besonders die Aquarelle
mit nordischen Landschaften, deren Aus-
druckskraft, Vertiefung und farbiger Reich-
tum in der Tat erstaunlich sind. Wir haben
seinerzeit eine Reproduktion ihres Bildnisses
des Komponisten Alban Berg gebracht
(IV. Jahrg. der „Weltkunst", Nr. 361. Ihre
leßte Pariser Ausstellung bei Druet im Fe-
bruar und März dieses Jahres war ein voller
Erfolg. Die Produktion Lilly Steiners ist in
der Tat vielseitig genug. An graphischen
Publikationen hat sie eine Reihe von Zyklen
herausgebracht, wie „Hochgebirge", „Gurre-
lieder“, „Das Buch Ruth", die in Wiener Ver-
lagen erschienen sind. Von ihren Aquarellen
besißen die Sammlungen der Albertina, Wien,
im Haag, Moskau und Brünn charakteristische
Arbeiten. Von ihren Bildern, Aquarellen und
graphischen Blättern finden wir in einer Reihe
von Privatsammlungen in Wien, Berlin, Ham-
burg, Amsterdam, Haag, New York, Paris,
Zürich usw. wertvolle Beispiele. Wir ver-
öffentlichen aus ihrer neuen Produktion
zwei Arbeiten: Mutter und Kind und das
Porträt Dr. J. Gregor, die wir nebenstehend
abbilden. X.

Sprache ungreifbarer verschwebte, als die
schnittigen, doch durchschaubaren Schlager
Laufrecs.
Im Groben bleibt er immer der Graphiker,
koloriert eher als daß er malt; er maquilliert
die Zeichnung. Hier findet er allerdings
eines; etwa einen moralischen Ausdruck der
Farbe; er verwendet Folgen von Farbe, die
Requisiten eines Milieus sind und professio-
nelle Merkmale enthalten.
Lautrec malte die Halbwelt der Literaten,
Anarchos und Elegants und ihre weiblichen
Gegenspieler, Kokotte, Tänzerin usw. Deko-
rative und gewerbsmäßige Sündigkeii er-

Niederländische
Fayencen
im Städtischen Kunstmuseum zu
Düsseldorf
Die am 22. Februar eröffnete Ausstellung
Niederländischer Fayencen des 16.—19. Jahr-
hunderts wurde aus Düsseldorfer und
Holländischem Museums- und Privaf-
besiß und aus dem
Kunsthandel zusammen-
gebracht. Sie verdankt
ihr Zustandekommen
hauptsächlich derünter-
stüßung durch das Ge-
meente Museum in Den
Haag und die bekann-
ten Sammler Boden-
heim, Isaac und
v a n T i j e n in Amster-
dam und O 11 e m a in
Leeuwarden. Wenn auch
das erreichbare Ma-

Anregungen besonders im Rheinland und ***
Holland große Anerkennung gefunden.
Dr. Bernd Las**1

Leon Wannieck +
Vor kurzer Zeit ist in Paris der bekannt2
Kunsthändler Wannieck im Aller von
56 Jahren gestorben. Wannieck litt schon s21*
Jahren an den Folgen seines langjährig2*1
Aufenthaltes in China und der vielen chin2'
sischen Reisen, die er troß seines schwanken'
den Gesundheitszustandes unternommen hatte-
Seit dem Tode seines Neffen, den er zu sei'
nem Nachfolger bestimmt hatte, und der vor
etwa einem halben Jahre das Opfer seiner
ersten Chinafahrt geworden war, kränkelte
Wannieck, und der schmerzliche Verlust ha*
sicher viel zu seinem Tode beigetragen.
Wannieck fing, wie die meisten Europäer»
die die Geschäfte nach dem Fernen Osten
verschlagen hatten, als Sammler an. 1903
etablierte er sich als Händler chinesischer
Kunst in Peking und siedelte 1908 nach
Paris über, wo er zuerst in der Ra2
d’Enghien, von 1912 an in einer umfangreichen

Toulouse-Lautrec
Zur Ausstellung im M u s e e
des Arts Decoratifs, Paris
Eigentümlich wie rasch Werke ergreisen,
und gerade solche, die um jeden Preis ins
Originelle gekrampft wurden. Wir kennen
jene Zwischenschicht von Esprit, die dem Ur-
sprünglichen und Originalen gerade entgegen-
geseßt ist.
Erstaunlich, wie flink der heutige Betrach-
ter abseitige Dinge sich aneignet und rasch
verbürgerlicht. Man kanonisiert museal, und
Unsterblichkeit wird staatlich gesichert. Auch
Lautrec ist zum Klassiker verschrieben wor-
den. Zumal die Mono¬
graphie den jeweils
Ausgebeuteten zum
einzigen Helden dekla-
miert. Das Bürgertum
versucht seine Heroi-
sierung um jeden Preis;
man- überlastet die
erste oder zweite Gar¬
nitur mit allzu ge-
wichtender Bedeutung.
Das mittlere Talent
erfährt am zu lauten
Ruhm seine Nieder¬
lage, und eine Origi¬
nalität verflacht leicht
in der Übersicht des
Werks.
Bei Lautrec ist viel-
leicht von der Eintönig-
keit des Originellen zu
sprechen. Der Wiß ver-
dunstet gerade in den
Bildern, die mit län¬
gerem Atem und
stärkerer Geduld ver-
fertigt sind. Die Pointe
weicht dann zuver-
lässiger Akademie.
Lautrec malte aus
der Perspektive des
aristokratischen Krüp¬
pels. Pointe und Über¬
raschungen flißen aus
erstem Anhieb; un¬
gefähr, man seßt den
Schlager auf eine Ne¬
bensache, und die
optische Pointe erseßt
eine Komposition; oder
man vertraut dem lite¬
rarischen Ethos dieses
Motivs.
Lautrec war ein
Mann der Boulevards
exterieurs. Die Bezirke
der Outsider lockten
ihn. Refraktär - Stim¬
mung, doch durch ge¬
schicktes Handwerk und
feste Rente gemildert.
Diese Art Idealisie¬
rung von links, aus
der andern Ecke, mag
vor allem den Bürger
oder Literaten locken.
Man denkt dabei an
den frühverstorbenen
Jean de Tinan, dessen

Lilly Steiner, Porträt Dr. Josef
müden in plakatierte Tugend und Bürgerlich-
keit; denn beide sind ohne Phantasie und
seriös. Die Beamten des Lasters gehen in
Pension.
Ein fast romantisches Milieu. Am Ende
dieser Straße warten bürgerliche Rangierung
und Akademie.
Ein gut Teil hiervon steckt in den gründ-
licher gemalten Bildern, und damit war es mit
dem Esprit zu Ende; was bleibt, ein solides,
mitunter akademisches Handwerk. An Stelle
der Surprise tritt nun die bürgerlich gefestigte
Monotonie und der Outsider wird zum Sitten-
richter legalisiert.
Carl Einstein (Parisi

M. Genelim, von J. B. Neumann, New York u. Günther Franke, München

Max Beckmann, Holzfäller (1927)
Ausstellung Paris, Galerie La Renaissance
Angekauft vom Französischen Staat
Acquis par l’Etat pour le Musee du Luxembourg

Gregor (1930)

Steiner, Mutter und Kind (1930)

Lilly

Etage in der Rue St. Georges, sein Geschäf
betrieb. Vor dem Kriege hatte er vier Reis2*1
nach China unternommen. Durch den Krieg W3
der Import auf mehrere Jahre unterbroche**’
und Wannieck konnte erst 1919 wieder na2'1
China zurückkehren. 1923 fuhr er ins Inn2*
des Landes und brachte eine reiche Ausbeut
von keramischen Erzeugnissen der T’a n 0 '
und Sun gzeil und herrliche Bronzen d2*
Han un Chou - Periode mit. Seine leb*2
Reise nach dem Osten hat er 1928 unte*'
nommen.
Wannieck hatte das Glück, während sein2*
Tätigkeit als Chinahändler ein steigendes I*1'
ieresse für die Kunst dieses unerschöpflich2*1
Gebietes zu erleben. Jede Sendung aus China
wurde sehnsüchtig von den Sammlern 2*'
wartet und brachte immer wieder neue Ub2’!
raschungen. Sein geschäftlicher Höhepunl'
lag in den Jahren 1922 bis 1928, während di2'
ser Jahre gelang es Wannieck, sich zum erst2*!
Chinahändler Frankreichs aufzuschwingen, u**1!
kein anderer konnte sich rühmen, ein Lag2*
von chinesischen Kunstdingen zu besiß2*1'
das mit dem seinen nur vergleichbar A3!'
lind heute noch ist die Fülle der Dinge, d*
die Firma ihr eigen nennt, schier unüberseh'
bar. — Wie wir hören, wird die Witwe Le°
Wanniecks die Firma unverändert weit2*
führen.
Wannieck war ein begeisterter Verehr2
chinesischer Kunst und ein vorzüglicher Kenh2^
besonders der frühen Epochen. In ihm ve*
liert der Chinamarkt, nicht nur Frankreich5'
einen seiner fähigsten Vertreter. B-

ierial keine Gelegenheit
zu einer erschöpfen¬
den Schilderung der
Entwicklung der nieder-
ländischen Fayence¬
kunst bot, konnte man
doch die von der mo¬
dernen Forschung ge-
gebenen Richtlinien in
anschaulichem Aufbau
verfolgen. Als wichtig-
ste Aufgabe wurde die
Darstellung der von Ant-
werpen ausgehenden
und entscheidend von Spanien und Italien be-
einflußten frühniederländischen Ma-
jolikakunsf in der Vor-Delft-Periode ange-
sehen. In Deutschland kennt man diese in
Formen und Verzierungen an Vorbilder aus
Castel Durante, Urbino, Albisola, Genua und
Venedig nahe heranreichenden niederländi-
schen Erzeugnisse aus der Zeit von etwa
1550—1650 noch viel zu wenig. Hier kündigt
sich aber schon niederländische Eigenart an,
die troß der Nachahmung romanischer Stili-
sierung deutlich zu erkennen ist. Obwohl die
Herkunft mancher Stücke noch nicht mit
Sicherheit zu bestimmen ist, lassen sich doch
die oft allerdings schwer gegeneinander ab-
zugrenzenden Gruppen, Südniederland, Nord-
niederland, Friesland, und England unter-
scheiden, wie sie in der Ausstellung zu an-
regendem Vergleich zusammengesfellf sind.
Da man selbst in den holländischen Museen
nicht viele Arbeiten aus dieser Epoche ver-
einigt findet, und sich erst durch den Besuch
verschiedener Sammlungen einen Überblick
verschaffen kann, sind vorübergehende Aus-
stellungen dieser Art zur Klärung notwendig.
Aber außer der frühniederländischen Ma-
jolikakunsi italienisch-spanischer Richtung, in
deren Bereich auch die stark von Spanien ab-
hängigen Anfänge der Fliesenkeramik ge-
hören, bietet die Düsseldorfer Veranstaltung
weitere Überraschungen und interessante
Hinweise innerhalb der Entwicklung der Por-
zellannachahmung, die schon vor der
etwa seit 1650 beginnenden Blüte der Delfter
Industrie im 1. Viertel des 17. Jahrhunderts

abonniert ?

einseßt. Sehr merkwürdig ist der Übergang
von der Italien-Nachahmung zur Bevorzu-
gung der Wan-Li-Verzierung. Und die er-
folgreiche Tätigkeit der Delfter Fabriken, die
alle übrigen Manufakturen in Amsterdam,
Haarlem, Gouda, Rotterdam usw. stark zu-
rückdrängte, ließ sich andeutungsweise sehr
abwechslungsreich veranschaulichen (Abbil-
dung Seite 4). Verschiedene Techniken der
Scharffeuer- und Muffelfarben, der blau,
violett oder gelb gefärbten Zinnglasur wur-
den bei der Zusammenstellung ebenso sehr
berücksichtigt, wie die künstlerische Arbeit
der Hauptmeisier Lambert Cleffius, R. J.
Hoppesteyn, Adriaen Pijnacker und Lambert
van Eenhorn. Die Ausstellung hat mit diesen

Haben Sie schon clte
„WELTKUNST“

Alfred Wawra f
Nach langem, schwerem Leiden ist Alfren
Wawra, der Inhaber eines der bekanntest2
Wiener Auktionshäuser, am 10. April 1
Alter von nur 54 Jahren gestorben. WaW*®'
der aus einer alten Kunsthändlerfam*1*
stammte, war einer der hervorragendste
Wiener Graphikkenner und auch einer
besten Kenner auf dem Gebiete der A*.
Wiener Kunst. Die Sammlungen MetterniGj
Beroldingen, Lobmeyr, Miller Aichholz, E**1^
Weinberger (leßtere in Verbindung mit Leit*12
und Glückselig versteigert), um nur einige 2
wichtigsten der in Wien in den leßten. Ja*1*
zehnten unter den Hammer gelangten
nennen, sind durch seine Hände geganO2
A. Wawra war ein großzügiger Geschäft^
mann und dabei von absoluter Korrekth2 f
Ob und wie das Auktionshaus weiiergefa'1
werden kann, nachdem mit Wawra die S22^
des Geschäftes dahingegangen ist, wird s*^
erst zeigen. St. P'
 
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