Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Overview
loading ...
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
2

DIE WELTKUNST

Jalirg, V, Nr. 17 vom 26. April 1931

Achtung! Achtung!
Die Sammelmappen für den
Jahrgang 1931 haben wir, einem
vielfach geäußerten Wunsch unse-
rer Leser zufolge, schon jetzt
fertiggestellt. Sie sind, incl. des
neuen Titelblattes, zum bisherigen
Preis von 4,50 M. portofrei durch
den Verlag zu beziehen. Benutzen
Sie diese Gelegenheit zur sach-
gemäßen Aufbewahrung Ihrer
„WELTKUNST“ und senden Sie uns
die beigefügte Bestellkarte unver-
züglich ein!

mäldesammlung. Hier spricht in reinster
Sprache die Epoche zu uns, während der der
großzügige Sammler und Mäzen seine
Schätze zusammengebracht hatte. Unter den
Skulpturen interessieren in erster Linie
eine Reihe originaler Marmorbüsten: Houdons
1775 datierter Voltaire und 1773 bezeichneter
Diderot, die unsagbar reizvolle Büste einer
jungen Frau von Foucou (Abbildung
nebenst.) aus dem Jahre 1771 und die Büste
des jungen Grafen Paul Stroganoff, dessen
Bildnis auch in dem Gemälde von Greuze vor-
liegt, von Tassaert (um 1790). Zu den bekann-
testen Werken dieser Zeit gehört der sitzende
geflügelte Putto, „Le secret", von Falconet;
künstlerisch ungleich interessanter ist die 1745
von diesem Bildhauer als Probearbeit für die
Pariser Akademie gearbeitete Terrakotta-
gruppe des sterbenden Milon von Kroton, der
an plastischer Feinheit und Frische die beiden
1765 datierten Terrakottastatuetten einer
Vestalin und einer schreitenden Frau von Clo-
dion in nichts nachstehen. Aus der ersten
Hälfte des 18. Jahrhunderts, vielleicht von dem
großen Bouchardon, stammt das interessante
Brunnenmodell mit dem Raub der Amymone
durch Neptun. Für Deutschland von besonde-
rer Bedeutung die vier von Dominik Stainhart
aus Weilheim (gest. 1717) voll bezeichneten
Elfenbeinreliefs mit mythologischen Dar-
stellungen.
Das Mobiliar ist von der hohen Quali-
tät, die noch von der ersten Russen-Auktion
in Berlin in guter Erinnerung ist. Es sei hier
nur auf Prunkstücke wie das Paar gebauchter
Kommoden von Roussel, das Paar Kommo-
den mit prächtigen Bronzebeschlägen von De-
forme, das Paar großer Empire-Konsoltische
nach Entwürfen des nach Petersburg ausge-
wanderten französischen Architekten Thomas
de Thomon, die wundervoll marketierte
Schreibkommode von Jacques Birckle um 1775,
den Schreibsekretär von Boudin (Abbildung
Seite 8), das elegante Zylinderbureau von
C. C. Saunier, die Tische von Dubois und
Carlin oder den großen Sekretär Louis XV
von Dubut um 1760 hingewiesen, die meist in
der einschlägigen Literatur besprochen und ab-
gebildet sind. David Roentgen ist mit drei
ausgezeichneten Arbeiten vertreten: einem
kleinen Mahagoni-Schreibtisch, einem Damen-
schreibtisch aus geflecktem Mahagoni mit
vergoldeter Messingfassung und dem vollen-
det klassischen Aufsaßschreibtisch aus kare-
lischer Birkenmaser, Werke aus der Zeit um
1785. Daneben ein reiches Material tapisserie-
bezogener Sißmöbel wie den Louis XV-Lehn-

Inhalt Nr. 17
Sammlung Stroganoff (m. 4 Abb.) 1,2

Henri Verne (Paris):
Die Kunst des Museumsbesuches . . . 2/3
Frühjahrsausstellung der Berliner Akademie 3
»K r i s e d e r m o d e r n e n K u n s t« . 4, 6/7
Dr. A. Gold:
Hat die Malerei noch eine kulturelle
Bedeutung . .... ... 4,6
W. Bondy:
Einige Worte Kunstgeschichte . . . 6/7
Handzeichnungen bei G. N e b e h a y
(m. Abb.).6
Ausstellungen . 7

Munch — Schinkel — Mopp — Wimbauer
— Wiener Sezession — „Blume und
Plastik“
Ein Museum der Kirchenschäße (Venedig) 7

Auktionsvorberichte (m. 11 Abb.) . 8, 10, 12/14
A u k t i o n s - K a 1 e n d e r.9
Preisberichte — Berichte aus Amerika —
Kunst im Rundfunk.10
Ausstellungen der Woche . . . 13
Auktionsnachberichte .14
Literatur .14
Dr. G. Delbanco (London):
Henry Moore und Giorgio de Chirico
(m. Abb.).15
H. Kornfeld:
Neuere Meister aus Leipziger Privaf-
besiß (m. 3 Abb.) .15
Nachrichten von überall . . . 16
Unter Kollegen .16


dar und sind nach

drei, um 1780 für
demselben Atelier

stuhl von Tilliard und eine Anzahl Louis XVI-
Sessel, Kleinmöbel verschiedener Provenienz,
darunter eine Anzahl englischer Tische um

1780, kurz Bestände von einer Erlesenheit und
Vielfalt, wie sie seit langem nicht in Deutsch-
land am

Markte waren.
Gleichwertig die dekorativen
Einrichtungsgegenstände, Uhren,
Vasen, Kandelaber, Bronzen und
wenige Porzellane, unter welch
leßteren ein Saß von vier chinesi-
schen Vasen des 18. Jahrhunderts
auffallen. Als Glanzpunkte sind
eine Standuhr aus vergoldeter
Bronze und eine andere aus Gold
und Bandachat von dem Engländer
J. Cox, des weiteren Arbeiten von
Ciodion, wie das Paar Bronze-
kandelaber mit Faun und Nymphe
und das Paar großartiger Kande-
laber mit der Gruppe der drei
adossierfen Grazien und Sevres-
Vasen mit wahrscheinlich von
Thomire ziselierten Blumensträu-
ßen hervorzuheben. Daneben eine
größere Reihe von Stein- und
Porzellanvasen in französischen
Bronzemontierungen, Wandleuchter
und Kandelaber der verschieden-
sten Art. — Drei mächtige Gobe-
lins aus dem Atelier Cozette,
1781, stellen Szenen aus der Ge-
schichte Jasons
Entwürfen de Troys gearbeitet;
auch von den
Katharina 11. in
gearbeiteten Bildnissen der Kai-
serin enthält die Sammlung ein
Exemplar.
Den Beschluß der Versteige-
rung bildet eine kleine Gruppe von
Ikonen der Moskauer und Now-
goroder Schule des 16. —17. Jahr-
hunderts.
Ein reichillustrierter und hand-
licher, mit größter wissenschaft-
licher Gewissenhaftigkeit gearbei-
teter Katalog faßt die Werke dieser
Sammlung zusammen, deren Aus-
gebot das bedeutendste der
internationalen Kunstmarktereig-
nisse unserer Berliner Versteige-
rungssaison bilden dürfte.

J. J. Foucou, Büste einer jungen Frau
Büste d’une jeune femme — Bust of a young woman
Marmor, H. 57 cm
Collection Stroganoff, Leningrad — Kat.-Nr. 226
Versteigerung — Vente — Sale:
Rudolph Lepke’s Kunst-Auctions-Haus
Berlin. 12.—13. Mai 1931


NIEUW
DIUTSCH
PORCELEIN
DER DRIE
STAATS
FABR1EKEN
MEISSEN
BERLIN
NYMPHENBURG

GEMEENTE-MUSEUM
S'GRAVEN HAGE
K VI3VERBERG 7-
ME! 1931


Die Kunst des
Museumsbesuches

Von

Henri Verne
Direktor der Nationalmuseen
und der Louvreschule (Paris)

Die wirkliche Freude am Museumsbesuch,
die dem Sport, dem Wandern, dem Drang nach
Schönheit verwandt ist, erfordert, um richtig
genossen zu werden, eine gewisse Vorberei-
tung. Diese ist nicht ohne weiteres für alle
erreichbar. Jeder von uns ist — mit Recht 7'
durch seine Beschäftigungen,’ seine Sorge für
Bildung und Kultur im eigenen Fache völlig
in Anspruch genommen. Selten ist es leicht,
und immer ist es kostspielig, sich Bücher über
Kunst zu verschaffen; und wenn auch gut ge-
schriebene und reichlich illustrierte Führer
vorhanden sind, so muß man gestehen, daß
es ermüdend und langweilig ist, im Museum,
vor dem Werke, das man begreifen und be-
wundern will, einen Führer zu lesen. Wäh-
rend des Lesens betrachtet man nicht; doch
muß man gelesen haben, um betrachten zu
können; und sobald man gelesen hat, bleibt
einem für genügendes Betrachten keine Zeit
übrig, da man schnell anderswo hingehen
möchte, weil man alles zu sehen wünsch!,
oder weil ein anderer Besucher, der einem mil
Nüßen und ohne Mühe zugehört hat, bereits
weiter strebt.
Die Museumsdirektoren haben sich seit
langem bemüht, einige unentbehrliche Kennt-
nisse und die Kunst des Betrachtens ihren
Besuchern zu vermitteln; sie suchen gleich-
zeitig den Verstand und das Auge des Lieb-
habers zu üben. Zu diesem Zweck veran-
stalten sie Vorträge, die von berufenen Be-
amten vor den Kunstwerken abgehallen wer-
den. Dies geschieht in belgischen, englischen,
französischen, deutschen und anderen Museen-
Doch finden solche erläuternden Besuche nur
an bestimmten Tagen statt oder für Gruppen,
die im voraus darum gebeten haben.
Nun ist aber seit einiger Zeit eine neue
Methode für Mesumsbesuche eingeführt wor-
den, die dem Publikum volle Befriedigung zu
bieten scheint.
Jeder von uns hat die Angebote der vor
den Museumstüren stehenden Führer er-
lebt. Oft haben wir, entweder aus Mitleid
oder aus Trägheit, ihre Dienste angenommen
und bezahlt — und dabei ging es nicht ohne
Diskussionen ab. Ihre unwahrscheinlichen oder
komischen Anekdoten, ihre märchenhaften

Halen Sie schon Ute
„WEL TK UNS T“
abonniert ?

Kommentare über den Geldwert der Kunst-
werke und die geschichtlichen Phantasien, die
dabei aufgeiischt wurden, gehören in das Ge-
biet des Humors und der Reiseberichte, wie
man sie heutzutage nicht mehr schreibt. Of*
sind es ja ganz brave Leute, und ihre Bildungs-
bestrebungen sollten ermutigt werden. Da
man aber nicht gut warten kann, bis sie siel’
vervollkommnet haben, entstand in den
Museen mehrerer Lander, namentlich in Frank-
reich und in Deutschland, der ausgezeichnete
Plan, sich an Stude niten der Kunst-
geschichte zu wenden, um die Besucher durch
die Museen führen zu lassen.
Es ist bekannt, welche Opfer heutzutage
die langen Studien an Hochschule und Uni"
versität erfordern. Außerdem muß ein
Student der Kunstgeschichte auf Reisen gehen
und Museen anderer Länder besuchen, wenn
er eine richtige Kenntnis der in ihnen ent"
haltenen Schöße erlangen will. Diesen künf-
tigen Gelehrten, Experten oder Kritikern die
Möglichkeit zu geben, Geld zu verdienen,
ohne sie für mehr als zwei oder drei Stunden
von ihren Universitätsarbeiten abzuhalten, das
war eine näßliche soziale Tat.
Dies ist die Aufgabe, welche die „Institu"
tion der offiziellen oder anerkannten Führer
in deutschen und französischen Museen er-
füll!.
In Frankreich z. B. wirkt sich diese Ein'
richtung folgendermaßen aus: Den jungen
Leuten wird für eine zweistündige Anwesen-
heit ein Minimalhonorar zugesichert. Geling*
es ihnen, die Führung einer bedeutenden
Gruppe von Besuchern, höchstens zwanzig*
zu bekommen, von denen jeder für einen
zweistündigen Besuch zehn Franken zahlt,
dann können sie in einem Tag ein paar
hundert französische Franken verdienen.
Welche Vorteile bietet nun diese Methode
für das Publikum? Das Handeln um den
Preis fällt fort. Der Besucher richtet sich »**
einen berufenen, fünf oder sechs Sprache*1
beherrschenden Sekretär; dieser wird daf**r
sorgen, daß zu einem im Tarif festgeseßie*1
Preis derjenige Führer bezeichnet wird, welche*
der gewünschten Sprache mächtig ist und nö-
tigenfalls über spezielle Kenntnisse in einen1

WIES I

(Faäais FaUaväcämiJ

Du Haut-Moyen Age
ä la Renaissance

Objets de Collection
Tapisseries - Peintures

GALERIE SANCT LUCAS
ALTE MEISTER.

BMMÖ LAROUSSILHE
34. Rue Lafayette — 58, Rue Jouffroy (Bd. Malesherbes)
 
Annotationen