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Deutsche Kunst- und Antiquitätenmesse [Hrsg.]
Die Weltkunst — 5.1931

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Nr. 25 (21. Juni)
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8

DIE WELT KUNST

Jahrg. V, Nr. 25 vom 21. Juni 1931

DER NUMISMATIKER


Die Weltrevolution im Geldwesen des Neuen Ostens
Von
Dr. Alexander Roßmann

(Fortsetzung von Nr. 19)
In Verbindung mit Polen, zu dessen Wirt-
schaftsgebiet es durch den Versailler Vertrag
geschlagen wurde, ist Danzig zu nennen.
Danzig hatte nach der Lösung aus dem Deut-
schen Reich die Währungsunion mit diesem
beibehalten und trennte sich ähnlich wie Li-
tauen erst mit der steigenden Inflation von der
deutschen Mark. Es stabilisierte noch vor
Polen und gänzlich unabhängig von ihm auf
der Grundlage des englischen Pfundes, indem
es zur Währungseinheit Pfund nahm mit
der Bezeichnung 1 Gulden. 100 Danziger Gul-
den: 81,72 RM; 1 Gulden : 100 Pfennige. Die
Unabhängigkeit der Danziger Währung von
der polnischen erwies sich trofc der Wirt-
schaftsgemeinschaft in der Zeit der zweiten
polnischen Inflation, die sie in keiner Weise
berührte. Die Danziger Geldzeichen (Abb.
nebenst.) gehören mit zu den schönsten und
repräsentativsten unter den vielen Sorten des
Neuen Ostens.
Mit Polen berührten wir schon das Wäh-
rungsgebiet der ehemaligen österreichisch-
ungarischen Monarchie. Die Tschecho-
slowakei löste sich sofort von Deutsch-
Österreich währungspolitisch ab, um nicht in
den Strudel der österreichischen Inflation hin-
eingezogen zu werden, deren erste Anzeichen
sich bei Kriegsschluß bereits zeigten. Sie, die
die ärgste Gegnerin des alten Habsburger-
reiches war, hat als einzige dessen Währung,
die Krone, beibehalten, die allerdings durch
die offizielle Bezeichnung als Kc von der
alten österreichischen Krone unterschieden
wird. Sie hat unter den Nachfolgestaaten die
beste Finanzwirtschaff geführt. Dazu entfiel
bei ihr fast vollständig die Aufgabe der Wäh-
rungsvereinheiflichung, da sie außer der Ein-
verleibung kleiner Gebietsteile deutscher und
deutsch-österreichischer Währung und den
episodischen Kriegsgebieten in ihren östlichen
Teilen mit entsprechenden Währungsver-
mischungen zumal in ihren Kernländern nur
und von allem Anfang an die landeseigene
Währung kannte. 100 Kc : 12,44 RM; 1 Kc : 100
Heller. Die Tschechoslowakei hat die besten
unter ihren modernen Bildhauern bemüht, um
für sie repräsentative Münzen zu erlangen.
Das 1-Kronen-Stück ist wie alle Münzen
außer dem 5-Kronen-Stück, dessen Entwurf
von Gutfreund stammte, von Prof. Otakar
Spaniel entworfen. Es sind außerdem noch
Goldmünzen, Dukaten, ausgeprägt worden,
die Börsenkurswerte haben und teils Prägun-
gen zu Jubiläen des jungen Staates waren,
teils Außenhandelszwecken dienten.
In Österreich richtete die Inflation die
alte Währung gänzlich zugrunde. Mit Hilfe
der bekannten Völkerbundsanleihe gelang
eine Stabilisierung. Die Regierung veraus-
gabte bereits in dieser Zeit einmal neue Sil-
bermünzen, die aber vom Publikum, das der
Stabilisierung zu diesem frühen Zeitpunkt
noch nicht traute, sofort gehamstert wurden.
Erst mit der Einführung der Schillingwährung
war der Hartgeldumlauf endgültig gesichert.
10 000 K. : 1 Schilling; 100 Schilling : 59,07 RM;
1 Schilling : 100 Groschen.
Gleich nach Kriegsende schied das Für-
stentum Liechtenstein aus der Wäh-
rungsunion mit Österreich aus und schloß sich
währungspolitisch der Schweiz an.
Für Ungarn gilt in großen Zügen natür-
lich die gleiche Nachkriegsenfwicklung wie für
Österreich. Dafür waren die beiden Länder
durch Jahrhunderte zu eng verbunden, als daß
da sofort alles so auseinander hätte laufen

können, wie es äußerlich scheint. Ungarn er-
lebte freilich einige Episoden in seiner Ge-
schichte, die Österreich nicht kennen lernte.
Die Geldzeichen, die die Räteregierung Bela
Kuns ausgab, sind heute bereits interessante
Sammelobjekte geworden. Es ist übrigens
merkwürdig, daß sie es war, die einen 5-Kro-
nenschein einführte, der ursprünglich fehlte,
und der sich so bequem erwies, daß die nach-
folgende erzreaktionäre Regierung dies Geld-
zeichen troß aller Feindschaft in Umlauf be-
ließ. Ferner brachte die rumänische Besetzung
des Landes eine weitere Verwirrung in das
ungarische Geldwesen. Die Stabilisierung, die


ebenfalls wie in Österreich mit Völkerbunds-
hilfe durchgeführt wurde, brachte die Einfüh-
rung der Pengöwährung. 12 500 ung. K,:
1 Pengö; 100 Pengö : 73,42 RM; 1 Pengö : 100
filier.
Die österreichische Währung galt auch in
Montenegro, das daneben seine eigne
Perperwährung hatte, die bezeichnenderweise
zur Krone wie 1 : 1 stand. — Der Wiener
Münze entstammt schließlich noch eine Han-
delsmünze, der Maria-Theresia-Taler (Levan-
tiner Taler), der immer noch von Zeit zu Zeit
wieder neu ausgeprägt wird, stets mit der
Jahreszahl des Todes Maria Theresias, 1780,
und in Abessinien, Arabien, am Persischen
Golf und in andern Orientgebieten Zahlungs-
mittel ist.
Mit dem Vordringen der deutschen, öster-
reichisch-ungarischen, bulgarischen und tür-
kischen Armeen in Serbien und Ru-
mänien entstand ähnlich wie in den Län-
dern des ehemaligen russischen Reiches ein
Nebeneinander mehrerer Währungen auf dem-
selben Gebiet, führte aber nicht zu einem
ähnlichen Durcheinander wie dort. Mit der
Ausdehnung Rumäniens auf ehemalig ungari-
sches Gebiet und Serbiens als Süd-
slawien auf ehemalig österreichisch- unga-
risches Gebiet wurden die Währungsmisch-
regionen vergrößert. Südslawien dehnte sein
Währungsgebiet zugleich auf das von ihm ein-
verleibte Montenegro aus. Beide Staaten er-
litten ebenfalls eine Entwertung ihrer Wäh-
rungen. Während aber Rumänien bereits sta^
bilisiert hat (100 Lei: 2,511 RM; 1 Leu: 100
Bani), hat Südslawien noch nicht stabilisiert,
notiert aber seit langem gleichmäßig etwa
für 100 Dinar 7,42 RM (1 Dinar: 100 Para);
ursprünglich hatten beide Währungen den
Stand des Goldfranken. Die Vereinheitlichung
der Landeswährung mit der österreichisch-
ungarischen geschah für Südslawien auf der
Basis 1 südslaw. K. : Vi Dinar (es gab Noten
mit doppeltem Währungsaufdruck), für Rumä-
nien 1 K. : 50 Bani. In Rumänien war durch
die Annexion Bessarabiens auch eine Verein-
heitlichung mit der dort gültigen Rubelwäh-
rung durchzuführen (1 Rbl. Romanoff I Zaren-

rubel] : 1,60 Lei; 1 Rbl. Lwoff [Dumarubel]
: 1 Leu). Für Rumänien muß noch erwähnt
werden, daß die deutschen Besaßungsbehör-
den unter ihrer Garantie durch die Banca Ge-
nerala Lei-Noten verausgabten.
Der Vollständigkeit halber muß an die Ge-
bietsteile der österreichisch-ungarischen Mon-
archie erinnert werden, die unter italieni-
sche Herrschaft gelangten. Die Vereinheit-
lichung mit der Lirewährung stellte jedoch
weiter kein Problem dar; sie bedeutete dort
nicht viel mehr als der gleiche Vorgang es
beim Übergang Elsaß-Lothringens an Frank-
reich war.
Bulgarien, das nie Kriegsgebiet war,
denn seine Truppen standen bis zu seinem
Zusammenbruch auf Feindesboden, ist unter
den südosteuropäischen Staaten wohl als ein-
ziger von dem Währungsdurcheinander andrer
Länder verschont worden. Sein Geldwesen
erfuhr ebenfalls eine Entwertung. Wie alle
Währungen der Südoststaafen war der ur-
sprüngliche Stand des Lew gleich dem Gold-
franken. Heute ist die Parität für 100 Lewa
3,0326 RM; 1 Lewa : 100 Stotinki. Bulgarien
hat wie Rumänien in der Zeit der Entwertung
und vor der Stabilisierung an Stelle des alten
Hartgeldes Münzen aus minderwertigen Me-
tallegierungen in Verkehr gebracht, die aber
jeßt hier wie dort zurückgezogen werden.
Von der griechischen Drachme
(1 Drachme : 100 Lepta) beschränken wir uns
auf die Feststellung ihres heutigen Kurswer-
tes. 100 Drachmen : 5,448 RM. Die Stabilisie-
rung erfolgte auf der Basis von Dr. 375 : 1 Lst.
Die Türkei, heute kaum mehr am euro-
päischen Staatsleben territorial beteiligt, hat
noch ein etwas kompliziertes Rechnungs-
wesen, das sich in dieser Form historisch ent-
wickelt hat. 1 türkisches Pfund (Ltg) : 100 Pi-
aster, 1 Piaster : 40 Para; 1 Ltq : 18,456 RM.
Es bleibt in der langen Reihe nur noch
Albanien zu erwähnen. Noch vor einer
Reihe von Jahren konnte eine Handelskammer,
die eine Valutakarte veröffentlichte, Albanien
weiß machen, was heißen sollte, es habe keine
Valuta. Auch heute ist Albanien währungs-
mäßig noch durchaus in Entwicklung. In Ver-
bindung mit dem katholischen Protektorat

Brakteaten
Von
Dr. B Peus
Der Name stammt von bractea, das dünne,
knisternde Blech; die Numismatiker be-
zeichnen mit ihm breite, bis zu 50 mm
messende einseitige, hohlgeprägte Pfennige
des hohen Mittelalters.
Als man in der ersten Hälfte des 12. Jahr-
hunderts in mitteldeutschen Münzschmieden
dazu überging, solche Münzen herzustellen,
benußte man eine Technik, die schon lange
zur Herstellung von Schmuckscheiben und bei
Anfertigung von Treibarbeiten Verwendung
gefunden hatte. Alle ihre Vorläufer zu ver-
folgen, würde hier zu weit führen, doch mögen
die wichtigsten kurz angeführt werden. Skan-
dinavische Bodenfunde haben uns eine große
Anzahl dem 4.-7., vornehmlich dem 6. nach-
christlichen Jahrhundert entstammender, sog.
Schmuckbrakteaten gebracht, die in
ihren Darstellungen auf römische Solidi und
Goldmedaillons zurückgehen, aber sehr schnell
diese fremden Einflüsse abstreifen und sich
zu einer rein germanischen Formensprache
durchringen. Ihre Mehrzahl ist mit einer
röhrenförmigen, gegliederten und auch mit
Filigranarbeiten verzierten Ose versehen, sie
dienten nicht als Münze, sondern als Schmuck.
Ähnliche Stücke sind in der gleichen Zeit auch

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Österreichs in Nordalbanien strömte dorth11'
wie nach Mittelalbanien das österreichisch0
Geld und gilt da bis heute als ZahlungsmiHe1'
Man rechnet noch in Silberkronen mit de01
Bild Franz Josephs. Daneben kursieren andie
Siibermünzen der Vorkriegszeit, serbisch0"
griechische, bulgarische, rumänische. Sie sinfl
wie Gespenster längst verklungener Zeile*1'
Aber sie brachten den Gebieten ihres Ulf'
laufs den Vorteil, daß man dort in Gold und
Silber zahlte, als man anderswo in d011
Meeren des Inflationspapiers unterging. Sei
1925 arbeitet die mit italienischer Hilfe b0'
gründete Albanische Nationalbank, der 0^
immerhin gelungen ist, die von ihr geschah
fene Währung in Südalbanien durchzuseßef-
Jedoch führte sie ein solch komplizierte5
System ein, daß es schon großer mathemafj'
scher Gewandtheit bedarf, um schnell d'c
nötigen Umrechnungen durchzuführen, besof'
ders wenn dann noch Umrechnungen in d:e
in Nord- und Miftelalbanien umlaufend00
Währungen notwendig werden. 1 Napoleon'
d’or, kurz Nap genannt, hat 100 Lek; 1 Gold'
frank, Frank Ari, hat 100 Qindar. 20 Gold'
franken ergeben 1 Napoleond’or, 20 Qinda
1 Lek. Die Stabilisierung erfolgte auf de
Grundlage des ursprünglichen Wertes all0
Südostwährungen, d. i. für den Goldfrank00
0,81 RM. 1 Nap ist mithin gleich 16,20 R*".'
1 Lek 0,15 RM. Der Metall- und Kurswert d01
altösterreichischen Silberkrone beträgt 2 I-
oder 0,32—0,33 RM. Mit diesen Verhältnisse11
ist Albanien das Land Südosteuropas, da5
währungspolitisch noch die chaotischsten Z11'
stände augenblicklich hat.
Es war wirklich eine Weltrevolufion 011
Geldwesen, die sich im Neuen Osten Europ05
abspielte, und sie ist noch so gegenwärW'
daß wir meinen, sie sei noch im Gang. D'05
ist zwar im großen und ganzen nicht richtijF
aber wir sehen diesen Abschluß der Wand'
lung des östlichen Geldwsens heute in V01'
bindung mit der Wirtschaftskrise, und 5
empfinden wir das Geld an sich weiter
in den Zeiten der Inflation nicht mehr als 10
diskutable Zeichen staatlicher und wirtschaft'
licher Hoheit, die sie für uns in den Kinde1"'
jähren waren.


auf deutschem Boden, ferner in Belgien 00
England gefunden. Allen gemeinsam ist 01
Technik ihrer Fertigung, mit Stempeln wurde
sie aus dünnem Goldblech hergestellt.
In der mittelalterlichen Goldschmiede
k u n s t kam das Verfahren, mit Hilfe v°


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