Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Overview
loading ...
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
6

DIE WELTKUNST

Jahrg. V, Nr. 37 vom 13. September


WAdwiAie» vcn Uel>eatoll

Ein Peter Vischer-Fund
Das bayerische Nationalmuseum in Mün-
chen, dessen Leitung vor einigen Jahren den
„Astbrecher“ Peter Vischers d. Ä. entdecken
und erwerben konnte, hat kürzlich ein
weiteres, bisher unbekanntes und bedeut-
sames Werk des großen Plastikers, der Nürn-
berger Renaissance, des Schöpfers des „Se-
bald'usgrabes“, seinen Sammlungen einreihen
können. Es handelt sich um die Bronzefigur
eines „Ruhenden Herkules“ (Höhe 20,8 cm),
deren Erwerbung dem Umstand zu danken ist,
daß sie infolge der spiegelnden Vergoldung
zunächst allgemein für eine Arbeit des
17. Jahrhunderts gehalten wurde. Rudolf Ber-
liner datiert die Bronze um 1525 und sieht
in ihr den Niederschlag des lebten Stadiums
von Vischers künstlerischer Entwicklung. Die
Annahme liege nahe, daß er bei dem Fehlen
geeigneter, ihn reizender großer Aufgaben der
Kleinplastik sich zuwandte. Es entbehre nicht
der inneren Notwendigkeit und Folgerichtig-
keit, wenn jemand, der 1490 den Astbrecher
schuf, über dreißig Jahre später im Stil der
Herkulesstatuette arbeitete, in der er, aber
nur scheinbar, auch den Barock antizipiere.
Das troß kleinen Formates in Ausdruck und
Form monumental wirkende Werk, das zu den
schönsten Bildnereien der deutschen Re-
naissance zählt, bedeutet in der Tat eine ent-
scheidende Bereicherung unserer Anschauung
von Peter Vischers Lebensarbeit. K. Pf.
Das neue Nürnberger Burgmuseum
Uber das kulturhistorische Museum, das
von der Stadt Nürnberg auf der Burg mit
Hilfe der Erträgnisse aus der Hinterlassen-
schaft des Besißers der „Folterkammer“, des
verstorbenen Dr. Rehlen, eingerichtet werden
soll, wird jeßt Näheres bekannt. Das Museum
wird fünf Abteilungen umfassen. Der Raum,
dessen Decke Dürers Schüler Hans Springin-
klee mit den Wappen der Hauptländer des
Reiches Karls V. ausgemalt hat, soll ein
Dürer-Ehrensaal werden und Kopien aus-
wärtiger Originale des Meisters aufnehmen;
ferner sind vorgesehen eine historische Ge-
mäldesammlung mit besonderer Berück-
sichtigung des Nürnberger Bildnisses, um-
fangreiche Zusammenstellungen fränkischer
Fayencen und Kunsischlosserarbeiten und
schließlich eine topographisch-historische Ab-
teilung.
Ägypten und das Kunstgewerbe
der Wikinger
Vor einiger Zeit fand der schwedische
Archäologe Prof. Sune Lindgvist bei der Aus-
grabung eines Wikingergrabes Stücke einer
Schale aus bemaltem Glase. Da es der
erste Fund dieser Art in Schweden ist,
wandte er sich an den hervorragenden schwe-
dischen Kunsthistoriker Dr. Fredrik Martin.
Dieser konnte feststellen, daß die Schale aus
dem Dorfe Äshoumenin in Ägypten her-
rührte, das zur Zeit der Römerherrschaft ein
Zentrum der Glasfabrikation war. Proben
dieser Industrie sind nicht nur in den Mittel-
meerländern, sondern sogar in China und jeßt
in Schweden gefunden worden.
Dr. Martin hat sich auch mit den W e be-
mustern der schwedischen Volkskunst be-
schäftigt und dabei die Feststellung gemacht,
daß man in Dalekarlien, der Herzprovinz
Schwedens, nach, Mustern webt, die auf die
Wollwebereien Ägyptens zurückgehen. Er
empfiehlt allen Archäologen, nicht bloß die
ägyptischen Museen und Städte, sondern auch
das Landvolk zu besuchen und die Methoden
der ägyptischen Hand- und Heimarbeiter zu
studieren, die sich aus grauer Vorzeit bis, auf
unsere Tage beinahe unverändert erhalten
haben.
Mancherlei schwierige Probleme könnten auf
diese Weise gelöst werden. Auf seiner lebten
Reise nach Ägypten machte Dr. Martin z. B.
folgende Entdeckung: Als er in, einem ägyp-
tischen Dorfe auf einheimische Goldschmiede
stieß, zeigte er ihnen die Abbildung von drei
wunderschönen goldenen Halsbändern, die in
einem, schwedischen, Wikingergrabe gefunden
worden sind und als ein glänzendes Zeugnis
für die frühe Goldschmiiedekunsf in Schweden
angesehen werden. Die ägyptischen Gold-
schmiede erkannten das Halsband als ihre
Zeichnung an und zeigten ihm sofort ein ähn-
liches, das sich noch im Stadium der Aus-
arbeitung befand. Auf Grund dieser Erfah-
rung glaubt Dr. Martin, daß schon um das
Jahr 500 ni. Chr. ägyptische und jüdische Gold-
schmiede in Schweden tätig gewesen sind.
Dr. Martin wird seine Thesen in einem
größeren reichillustrierten Werk begründen.

W. Grote-Hasenbalg
Berlin W 9, Lennöstr. 12
B 2 LützOW 4739
Islamische Kunst
Alte Teppiche und Stoffe
Antiquitäten

das in Vorbereitung ist. Es wird zweifellos
auf die Geschichte des Kunstgewerbes in
Schweden ein ganz neues Licht werfen.
Goethe als Bibliotheksbenutzer
Wie alle eifrigen Bücherleser hatte Goethe
nicht nur eine große eigene Bibliothek, son-
dern lieh sich auch sehr viele Bücher aus den
öffentlichen Bibliotheken, seltsamerweise aber
nicht nur Bücher, die man selten oder nur zu
einem bestimmten Zweck braucht, sondern so-
gar seine eigenen Werke. Von der Bibliothek
in Weimar hat er sich den „Faust“ und den
„Werther“ geliehen. Dagegen ist es, natürlich
begreiflich, daß er sich gelegentlich Bücher
wie „Wahrhaftige Abconterfeyung der Wilden
in Amerika“ oder „Liebschaften und Kniffe
der jeßigen Königin Maria Ludovika von
Spanien“ ausgeborgf hat.
Allein aus der Weimarer Bibliothek bezog
er in ungefähr 50 Jahren weit über 2000 Bände.

für die Wiederherstellung der Villa ausge-
arbeitet. Die Arbeiten gewinnen besonderes
Interesse im Hinblick auf die im Jahr 1935 be-
vorstehende 2000 - Jahr-Feier des Horaz.
Aus der Sammlung v. Auspitz
über einige Hauptwerke der Sammlung
Stefan v. Äuspiß, die an dieser Stelle in
Nr. 35 von Dr. Poglayen-Neuwall aus-
führlich besprochen wurde, sind noch einige
nachträgliche Bemerkungen am Plafee. Der
große Rembrandt, „Christus an der
Säule“, befand sich ursprünglich in der
Sammlung Aynard-Lyon, wurde von Bode in
seinem großen Rembrandiwerk sowie in den
„Klassikern der Kunst“ erstmals abgebildet
und auch von Hofstede de Groot, Fried-
länder u. a. voll anerkannt. Der kleine Rem-
brandt ist zuerst von Valentiner publiziert
worden und selbst in der scharfen Kritik von
Bredius, der manche Zuschreibungen dieses


Bücherschrank im Adam-Stil — Adam mahogany bookcase
H. 250 cm — Coll. A. Grenfell, London — Kat. Nr. 137
Versteigerung — Vente —* Sale: Sotheby & Co., London, 12. Juni 1931: £ 780

Manche behielt er 10, ja 20 Jahre lang. Wenn
man Bücher so lange zurückbehält,, kommen
sie natürlich manchmal ganz abhanden, und
der Herr Geheimrat hatte dann seine liebe
Mühe, die Werke wieder zu ersehen.
Mit ihrer Arbeit „Goethe als Benußer der
Weimarer Bibliothek“ (Verlag Böhlaus Nach-
folger, Weimar), der diese Angaben entnom-
men sind, hat Elise von Ke u dell zu-
mindesten das Verdienst, noch einen neuen
Zweig der Goetheforschung entdeckt zu
haben, womit keinesfalls gesagt werden soll,
daß dies das einzige Verdienst ihrer gründ-
lichen und brauchbaren Arbeit ist. Dr. L. A.
Archäologisches Institut Kairo
Als Nachfolger von Geheimrat Ludwig
Borchardt hat soeben der bisher an der
Wiener Universität als Ordinarius dozierende
Professor Dr. Hermann Junker seinen
Posten als Leiter des Archäologischen Reichs-
instituts in Kairo angeireten.
Die Villa des Horaz
Außer dem bei Tivoli gelegenen Land-
haus, in dem man neuerdings die Villa des
Horaz gefunden zu haben glaubt, gibt es noch
eine andere in den Sabinerbergen, im
Tal der Licenza an der von dem Dichter be-
sungenen Quelle Bandusia. Hier sind schon
früher begonnene Arbeiten jeßt mit ameri-
kanischer Unterstüßung von der italienischen
Vereinigung für mittelländische Studien wie-
der aufgenommen worden. Auch hat ein
amerikanischer Architekt bereits einen Plan

Remibrandtspezialisten bestritt, nicht an-
gezweifelt worden. Lange bekannt ist auch
van Dycks Bildnis des Marchese Cattaneo
aus der Genueser Zeit des Meisters,
schon von Bode beglaubigt und neuerdings
von G. Glück in dem van Dyck-Bande der
„Klassiker der Kunst“ abgebildet.
Frankfurter Goethe-Ausstellungen
Aus Anlaß des Frankfurter Goethe-Jahres
1932 werden im Städtischen Kunstinstitut eine
Ausstellung „Maler der Goethe-Zeil“, im
Kunsigewerbe-Museum eine Ausstellung der
Bibliophilen-Gesellschaft „Goethe und das
Buch“ und eine Schau der Literarischen Ge-
sellschaft „Goethe und die Kritik“, im Histori-
schen Museum eine Ausstellung „Klassizis-
mus und Empire“ und im Kunstverein eine
Sonderschau „Caspar David Friedrich“ vor-
bereitet. Selbstverständlich wird auch das im
Ausbau begriffene Goethe-Museum durch eine
Reihe besonderer Veranstaltungen hervor-
treten.
Raabe-Ausstellung in Wolfenbüttel
In Wolfenbütiel begannen die geplanten
Gedenkfeiern zum 100. Geburtstag Wilhelm
Raabes mit einer interessanten Raabe-Aus-
stellung der Herzog-August-Bibliothek, die
eine große Anzahl von Andenken, Bildern,
Erstausgaben, Briefen und anderen Er-
innerungsstücken des Dichters zu einer ge-
schlossenen Schau vereinigte, die auch
manches künstlerisch interessante Dokument
aufweist.

Medardo Rosso
Aus dem Nachlaß von Medardo Ro5^
einem Schüler Auguste Rodins, der das |lj)
pressionistische Prinzip seines Meisters 010
weiter ausbildete, war eine Reihe bedeut6 x
der Plastiken im Besiß seiner Familie
blieben. 22 Arbeiten, die in Rom ausgesE'
sind, hat jeßt Francesco Rosso, der Sohn 3 -
Künstlers, Mussolini gestiftet. Sie wei'%
in einem Sonderraum der Galleria d’Ar’
Moderne Aufstellung finden.

Die Welt von unten
Unter diesem Titel eröffnete die Gald^
Neumann-Nierendorf in ihren ka’
kombenartigen Lagerräumen in der Magd-
burger Straße 5 am 10. September, um 12 U j
nachts, eine Ausstellung sozialkritischer 0(1 (
sonstwie im Sujet besonders exponier’
Bilder von Dix, Grosz, Fuhr, Gleichm011 J
Ringelnaß, Radziwill, Calder und ander
Künstlern.

Juryfreie
Die siebente Reihe der SonderaussteH11^,
gen. Erwin von Kreibig, der Simplizissii011',
Zeichner, hat nicht seine besten Sachen 0
schickt. Was man hier von ihm sieht, ist 'e,
späfeter Ulk, harmloser Scherz, 19. Jährt10 j
derL Arthur Ressel hält es in der Akribie 11.,
in seinem Monogramm mit Dürer. Sachli^
keil ist immer bis zu einem gewissen Gr3^
anerkennenswert. Max Malpricht untersch*6
seinen sorglosen Fotomontagen und W0
wütigen Bildern extrempolitische Tendenz6
Lenin und Stalin lösen sich in Wolken färb’9
Konfettis auf, und der § 218 wird Anlaß
zackig gespachteltem Farbgetümmel. Es ’j
ein eigen Ding um die proletarische Kun-
Georg Kinzer erzählt bunt und akkurat Dj0‘;
aus dem kleinbürgerlichen Leben. H. J. K3^
manns Porträtlifhos und Pastelle wachs6|
mehr und mehr ins überdimensionale; wie 5°|
das noch werden? Paul Bärmann z6'^
euryfhmische Kreidezeichnungen, Osw'3^
Kraus Indiskutables.

Argentinische Dichter-Akademie
Nach Meldungen aus Buenos-Aires hat
argentinische Regierung die Gründung eltly
Dichterakademie beschlossen, in die zwa0Z'.
der bekanntesten Schriftsteller des La03
berufen worden sind.

Prof. Stanislav Vinaver
pgfl
Prof. Stanislav Vinaver, der auch uns6’
Lesern durch seine Aufsäße über „Jugo5 ,
wische Kunst“ und „Deutsche Kunst in Jll-! J
slawien" (Weltkunst Nr. 13 und 16) beka0^
geworden ist, wurde nach dem Weggang
Omer Kaimakowitsch zum Presseattaches 0
Berliner Jugoslawischen Gesandtschaft e.,
nannt, welches Amt er neben seiner bish6
gen Tätigkeit als Attache für kulturelle A
gelegenheiten verwalten wird.

Alfred Brückner
70. Geburtstag f
Am 7. September beging der Berl’3 f
Archäologe Professor Dr. Alfred Brück’.5|
seinen 70. Geburtstag. Hervorgetreten f
dieser Gelehrte, Schüler von Michaelis, £(i
allem als Leiter der deutschen Ausgrabung
im Töpfervieriel von Athen und durch s6’
jahrzehntelangen Forschungen über die 0
Wicklung der attischen Grabstelen.

UNTER KOLLEG®^


MALMEDE & GEISSENDÖRFER
KÖLN a. Rh.
Unter Sachsenhausen 33

Antike Möbel vom 15. bis 18. Jahrhund6
Tapisserien, Plastik, Gemälde, Porzellan
altes hochwertiges Kunstgewerbe
jeder Art


— Legen Gnädigste Wert auf
— Aber selbstverständlich, — wozu.
ist sonst wohl, bevor ich hierher zur
kam, meine Augen vergrößert, meine Nas6’ -5ch
pudert, Rot aufgelegt und mein Haar
färben lassen??


So

Direktion und Schriftleitung: Dr. J. I. von Saxe. Redaktion: Dr. Eckart von Sydow, Dr. Werner Richard Deusch. Verantwortlich für Inhalt und Anzeigen: Fritz-Eduard Hartmann, Berlin-Frieden *aUf
Weltkunst-Verlag G. m. b. H., Berlin W 62. — Zuschriften sind an die Direktion der Weltkunst, Berlin W 62, Kurfürstenstraße 76—77, zu richten. Anzeigenannahme bis Donnerstag beim Weltkunst-Verlag. Inseratenta
Verlangen. Abdruck von Artikeln nur mit Einverständnis des Verlags, auszugsweiser Nachdruck nur mit Quellenangabe gestattet. Haftung für unverlangt eingesandte Manuskripte wird nicht übernommen und jegliche Vera
tung, auch hinsichtlich des Veröffentlichungstermins und der Rücksendung, abgelehnt. Der Verlag übernimmt durch Erwerbung eines Manuskripts alle Verlagsrechts für dasselbe. Druck H. S. Hermann G. m. b. H., Berlin
 
Annotationen