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Deutsche Kunst- und Antiquitätenmesse [Hrsg.]
Die Weltkunst — 5.1931

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Nr. 42 (18. Oktober)
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DIE WELTKUNST

Jahrg. V, Nr. 42 vom 18. Oktober 1931

aller Problematik, welche Ausstellungen mit
politischen Ziele haben müssen, ist die Be-
deutung dieses Unternehmens, vor allem
durch das Verdienst Frankreichs, nicht zu
leugnen, und selbst in schwächeren Stücken
bleibt immer noch Interessantes genug
festzustellen. Es liegt im Thema der Aus-


Gruppen dieser arabischen Keramik, eine Ost-
gruppe, die von der Cyrenaika bis nach Tune-
sien und Ostmarokko reicht, und eine West-
gruppe, die fast rein unter berberisch-mau-
rischem Einfluß zu stehen scheint. Gemeinsam
ist beiden Gruppen der Wunsch zu einer geo-
metrischen Formbehandlung des Gefäßes. Man
trifft Flaschenformen
rein säulenmäßiger Hal-
tung immer wieder.
Der Konus ist außer-
ordentlich beliebt und
findet sich in reiner
Form in den großen
Deckelvasen mit ganz
flachem Vasennapf.
Auch zum Kubus geht
mitunter die Tendenz,
wenn auch hier die
Härte der Form oft
durch Rundungen ab-
gemildert ist. Wirklich
bauchige, gewölbte,
runde Gefäße, welche
jenes an Hinterasien-
keramik bewunderns-
werte In-sich-ruhen be-
sten, finden sich nur in
einigen tiefen Schalen
aus der Fez-Gegend.
Die Teilung in die bei-
den Gruppen wird in der
Färb- und der Orna-
mentbehandlung deut-
lich. Die Ostgruppe gibt
stets einen gelblichen
bis grünlichen sehr
hellen Grund, auf dem
aus der Teppichweberei
abgewandelte Orna-
mente in Lichtgrün,
Dunkelgrün und Ocker,
mitunter unter sparsam-
ster Verwendung von
Zinnober und Chrom-
gelb,stehen. DieVasen-
farbe bleibt im Gesamt-
eindruck ein Moosgrün,
dieHelligkeitswerte sind
nicht allzu stark akzen-
tuiert. Das Träume-


Schwert des Herzogs Christoph. Nach 1450
Epee du Duc Christophe. Apres 1450
Sword of Duke Christopher. After 1450
München, Schatzkammer der^Residenz

Stellung, daß man stets — sei es ablehnend,
sei es freudig — beteiligt bleibt.
*
Einige recht unbekannte Gebiete der Ma-
jolikakunst, die der arabisch-berberi-
schen Welt Nordafrikas, finden auf der ita-
lienischen internationalen Kolonialkunstaus-
stellung durch die gute Vertretung, welche
Frankreich und Italien gerade den Nordafrika-
kolonien angedeihen ließen, endlich einmal
eine vollkommene Repräsentation. Auf den
ersten Blick entschleiern sich zwei große
Inhalt Nr.
G. Beinboth (Rom):
Internationale Kolonialkunst - Ausstellung
in Rom.172
L. F. Fuchs (München):
Die Schatzkammer der Münchener Resilenz.
(in. 3 Abb) . ..2/3
Auktionsvorberichte (m. 2 Abb ).3, 5
Auktions-Kalender.3
Ausstellungen der Woche . . . . 4 •
Preis'oerichte — Literatur — Kunst im Runlfuik 4
Auktionsnachberichte . . ..5
D,r, 0 lig.a Bloch:
Geld und. Silber von II. J. Wilm:, Berlin
(m. 3 Abb ) ■.5
Dr. E. v. S y d o w :
Herbstschau der Akademie . .5
Nachrichten von überall . . . . 6
Unter Kollegen .ß

rische dieser Keramik
wird durch die Weich-
heit der Linienführung
und durch das Aus-
laufen der Konturen in
den schönsten Stücken,
die aus Tunesien stammen, bis zu einem wun-
dervollen Grade hinaufgeführt. Die berbe-
risch-maurische Keramik des Westens unter-
scheidet sich kraß von der arabischen. Sie
arbeitet in Fez auf weißem Grund mii einem
starken Dunkelblau, das bei dünner Farb-
gebung bis zu einem hellen Kobalt ausläuft.
Die Linienführung ist stets, hart und klar, das
Wirkungsziel eindeutig auf ein Hell-Dunkel
gerichtet, das spißenartig oder wie ein Flecht-
werk sich über die Vase oder das Gefäß zieht.
Die Ornamentik bleibt stets geometrisch, die
wilde Arabeske ist ganz ausgeschaltet. Man
könnte diese Keramik von Fez als ein berbe-
risches Delft ansprechen. Daneben finden sich
aus Wesfmarokko noch Keramiktypen, die mit
Purpurfarben arbeiten, keinen Grund lassen,
sondern die ganze Oberfläche in geometrische
Zellen aufteilen, die mit recht dunkeln, stets
warmen Farben unter Vorherrschaft des Pur-
purs gefüllt werden. Glasur mit metallischen
Effekten verschmilzt die vielleicht etwas har-
ten Kompositionen. Der Reiz aller dieser
arabischen Keramik erhöht sich jedoch nicht,
wenn, wie in einigen Exemplaren deutlich er-
kennbar, Kolonialhandwerksschulen einen
europäisierenden Einfluß stilbrechend geltend
machen.
Aus Rhodos hat Italien eine reiche Samm-
lung wunderschöner und eigenartiger Kera-
mikteller gebracht. Auf elfenbeinweißem
Grund stehen grüne und blaue figurale Deko-
rationen. Zwei Einflüsse herrschen vor, ein
persisch-armenischer und ein byzantinisch-
christlicher. Und beide Stiltendenzen halten
sich merkwürdig getrennt, insofern der per-

sisch-armenische — es sind diese altpersi-
schen Stilelemente mit der Armenierauswan-
derung bei Einbruch der Türkenheere nach
Kleinasien bis auf die Mittelmeerinsel ge-
langt •— stets dann klar in Erscheinung tritt,
sobald Tiere und Fabelwesen, d. h. Profan-
schilderungen, das Dekorationselement aus-
machen. Die zahlreichen religiösen Motive,

die sich auf der anderen Art der Rhodosteller
— in der gleichen Farbbehandlung ■— finden,
sind dafür um so enger an den griechisch-
christlichen Formenkreis gebunden. Eine ge-
wisse primitive Rustikalität erhöht den Reiz
dieser Keramik aus einem abgelegenen Win-
kel des Mittelmeeres.
Gerhard Reinboth, Ron1

Die Schatzkammer
der Münchener Residenz

Zu ihrer Wiedereröffnung

Der Schaß der Münchener Residenz ver-
dankt seine Entstehung einer Verfügung des
Herzogs Albrecht V. aus dem Jahre 1565. Von
dem damaligen Bestand, der fast ausschließ-
lich Münchener und italienische Gold- und
Emailarbeiten aus dem 16. Jahrh. enthielt, haben
sich nur sieben Stück erhalten: die übrigen
sind im 18. Jahrh. zur Deckung der Staats-
schulden eingeschmolzen worden. Erweitert
wurde der Schals durch Albrechts Enkel,
Maximilian I., in den Jahren 1617 und 1637 um
55 Nummern, meist noch aus dem Besiße
Albrechts. Damals kamen die herrlichen
Krisfallgefäße hinzu, die der Herzog durch
Vermittlung des Gasparo und Prospero Vis-
conti in Mailand in den Werkstätten der be-
rühmten Kristallschneider Fontana (Abbil-
dung Seite 6) und der Brüder Sarachi her-
stellen ließ. Mit diesem Kristallbesfand steht
die Schaßkammer auf der gleichen Stufe wie
das Kunsthistorische Museum in Wien und
der Palazzo Pilti in Florenz. Dazu kamen
ferner Gefäße aus edlen Steinen und Me-
tallen, so die köstliche Schmuckschatulle von
Wenzel Jamnißen, zu der sich der Original-
entwurf in der Slaatl. Kunstbiblioihek in Ber-
lin erhalten hat, und der über alle Beschrei-
bung köstliche Hl. Georg mit dem Drachen

mit Becken (Augsburg) und eine ebensolche
Garnitur mit getriebenen Darstellungen au»
dem Leben des Pompejus von Johannes
Lencker (1573 — 1637) in Augsburg.
Eine anschauliche Bereicherung erhielt die
Schaßkammer bei der Säkularisation (1803),
wo die Domschäße von Würzburg und Bam-
berg sowie der Klosterschaß von Herrieden
mit den einzigen Arbeiten aus dem frühen
Mittelalter dazukamen. Die Haupfstücke sind
die Krone der Kaiserin Kunigunde, welche um
1010 entstanden ist, eine zweite Frauenkrone
aus der Mitte des 14. Jahrhunderts, die bis
vor kurzem mit der ersteren verbunden war,

und schließlich die sog. St. Heinrichskrone,
die aber ihrer Entstehungszeit nach nicht dem
Kaiser Heinrich II. gehören konnte, sondern
wohl einst ein Büsten-Religuiar dieses Kai-
sers krönte. — Wir können hier in diesem
kurzen Lieberblick nur noch einige besonders
bedeutsame Kunstwerke nennen. So das Ge-
betbuch Kaiser Karls des Kahlen, das Por-
trät-Medaillon Philipps des Guten von Bur-
gung (gest. 1467), das Schwert des starken
Herzogs Christoph von Bayern (gest. 1493
auf Rhodus) mit plastischem figürlichen
Schmuck (Abbildung nebenst.), den riesigen
blauen Diamanten der Kaiserin Amalia und

(Abbildung in Jahrg. IV,
Nr. 24, der „Welt-
kunst").
Die späteren Zu-
gänge, hauptsächlich
unter Karl Albert und
Max Joseph UL, wiesen
nichts auf, was sich an
künstlerischem oder
materiellem Wert mit
dem alten Bestände
messen könnte.
Im Jahre 1798 kam
durch Kurfürst Karl
Theodor der Pfälzer
Schaß hinzu. Leider nur
zu einem kleinen Teile:
das meiste wurde an
Sammlungen überwie-
sen, verkauft oder kam
sonstwie abhanden.
Dieser Schaß seßt sich
zusammen aus den
Düsseldorfer, Heidel-
berger und Mannheimer
Kollektionen, die keine,
fideikommissarisch
fesfgelegten Bestände
waren, wie der Mün-
chener. Die ersten In¬


ventare darüber sind
aus der Zeit Otthein-
richs (1556) und Fried-
richs IV. (1584) erhalten.
Aus dieser Zeit be-

Trinkschale. Anfang 16. Jahrhundert
Coupe. Commencement du XVIe siede
Cup. Beginning of the XVI th Century
München, Schatzkammer der Residenz

wahrt die Schaßkammer
nur noch ein Stück: die sog. Böhmische Krone,
ein goldener, aus zwölf emaillierten Rosen
zusammengeseßter, reich mit Edelsteinen
geschmückter Sfirnreif, englische oder fran-
zösische Arbeit des 14. Jahrhunderts.
Aus Düsseldorf kam die kostbare goldene
Schale aus dem Besiß des Königs Sigis-
mund III. von Schweden, ferner eine Anzahl
Kristallgefäße meist deutscher (Münchener?)
Arbeit, zwei Kredenzschalen in Limoges-
Email um 1570, die silbervergoldete Kanne

die Bergkristallschale, deren Montierung nach
einem Entwürfe Hans Holbeins d.J. ausgeführ
sein soll (Abbildung oben).
Die Schaßkammer war im Laufe der Jahr'
hunderte in verschiedenen Räumen der Re5!'
denz unfergebrachf. Der Raum, welcher 5,e
heute beherbergt, wurde 1897 von Prin?-'
regent Luitpold errichtet, also gerade 111
einer Zeit, der das Verständnis für Rauh1'
gestaltung, wie man sie sich hier gewünsch
hätte, vollkommen abging. Um so mehr ni11-


Illustrierter Katalog auf Wu n s c h

Versteigerung 101
am 3. November 1931, nachmittags 3/4 Uhr

Besichtigung von Montag, den 26. Oktober
bis Montag, den 2. November, von 10 bis 6 Uhr

Sammlung Oskar Huldschinsky
Handzeichnungen niederländischer .Meister des 17. Jahrhunderts, darunter
Arbeiten von: Avercamp, Pieter Breughel d. Ä., Cuyp, van Goyen, Ostade,
Ruisdael u. a.

PAUL GRAUPE/BERLIN W10
Tiergartenstraße 4
 
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