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Deutsche Kunst- und Antiquitätenmesse [Hrsg.]
Die Weltkunst — 5.1931

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Nr. 45 (8. November)
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2

DIE WELTKUNST

Jahrg. V, Nr. 45 vom 8. November 1931

eine wichtige Ursache der
wahren
Man
will
von

Museumsaufgaben
verlangt Er-
in Wirklich-
den Museen.

lungene Plaßlösung, der Einblick in das
Werden einer Stadt, eines Haus- oder Palast-
Typs, kurzum jede Betrachtung der nächst-
liegenden Dinge, wirkt stärker an der Aus-
bildung des ästhetischen Sinnes, als die un-
übersehbaren, einander häufig fast aufheben-
den Serien von „hoher“ Kunst es vermögen.
Der erzieherische Wert einer spezialistisch
gearteten Beschäftigung soll keineswegs ge-
leugnet werden, etwa die Kenntnis der Ent-
wicklung der griechischen oder italienischen
Skulptur, der holländischen Malerei des
17. Jahrhunderts. Darum handelt es sich aber
bei den Forderungen des Tages nicht. Mehr
und mehr sind die Museen in den Mittelpunkt
des Erziehungsprogramms gerückt, sie sind
fast das Universalmittel kunstpädagogischer
Bestrebungen geworden.
Die Gründe sind off erörtert; hier sei nur
auf ein eklatantes Mißverständnis aufmerksam
gemacht, das mir
Verkennung der
zu sein scheint:
ziehung und
k e i t Bildung
Die Museen können wohl bilden, sie ver-
mögen aber nicht im selben Maße zu erziehen.
Ohne den Unterschied zwischen Bildung und
Erziehung näher zu verfolgen, kann gesagt
werden, daß Bildung in höherem Maße Mit-
arbeit erfordert, im wesentlichen Selbster-
ziehung ist, vor allem Erwachsenen zugäng-
lich. Versagen viele schon von diesem Ge-
sichtspunkte der Befähigung zur Bildung, so
schließt die bildende Kunst als Teilgebiet des
Reiches der Kunst wieder andere aus. Vielen
ist nur Dichtung oder Musik oder bildende
Kunst zugänglich. Es ist freilich sehr
charakteristisch und erklärt manches Mißver-
ständnis, daß viele sich ungescheut als völlig
unmusikalisch bezeichnen, niemand aber
wahrhaben will, daß er kein Verständnis für
Werke der bildenden Kunst hat. Man „inter-
essiert“ sich nur nicht dafür.

Die Kunsterziehung hat bisher bei den
Universitäten und den anderen Hoch- und
Kunstschulen gelegen. Volks- und höhere
Schulen können sie erst in ihr Programm auf-
nehmen, sobald sie über hierzu vorgebildete
Lehrer verfügen. Das sollte selbstverständ-
lich sein, wie das andere, daß die Museen
nämlich nur mit von Erfahrung gewißigter
Vorsicht herangezogen werden sollten.
Damit könnte die Erörterung beschlossen
werden. Ich kann es mir jedoch nicht ver-
sagen,, einen Eideshelfer zu zitieren, dessen
Stellungnahme um so bemerkenswerter ist,
als er ein echter Volksmann ist. Es gibt ein
heute sehr unpopuläres Wort des großen
italienischen Kunstgelehrten Morelli: „Museen
sind für Wenige da“. Morelli war ein großer
Gelehrter und höchst achtenswerter Mensch.
Revolutionär von 1848, wie Verdi und Wagner,
hat er seine kostbare Bildersammlung seiner
Heimatstadt Bergamo geschenkt. Sein Wort
kann unmöglich als volksfeindlich angesehen
werden.
Museen sind für die wenigen da, die zu
genießen wissen, die nicht genug an edlen,
kostbaren Dingen zu sehen bekommen
können, für diejenigen, die in der Freude ein
wichtiges, wenn nicht das wichtigste Bildungs-
mittel sehen. Der ideale Besucher der Museen
ist ein unabhängiger Kopf, der auf eigene
Faust genießen und sich bereichern will. Er
verschmäht diese und jene Handhabe nicht,
vertraut sich auch hie und da einer Führung
an. Er will aber eingedenk dessen, daß die
Kunst unmittelbar fast zu jedem aufnahme-
bereiten Menschen spricht, zu dem einen mehr
in der Form von Dichtung oder Musik, zu dem
anderen mehr durch das Werk der bildenden
Kunst, nicht erzogen werden, sondern sich

Inhalt Nr. 4$
Prof. Dr. F. Winkler:
Erziehung zur Kunst durch die Museen . . 1/2
R. Steinberg:
Zur Tagung der Bibliophilen .2
W. G-rote -Hasenbalg:
Anatolische Knüpfteppiche im 16. u. 17. Jalirh.
(m. 2 Abb.) .. 2

Auktions-Vorberichte (m. 3 Abb.).3,5
Auktions-Kalender .3
Ausstellungen der Woche . . . . 4
Preisberichte — Kunst-im Rundfunk .... 4
Handzeichnungs-Auktionen.5
Dr. G. Barthel:
Ausstellung der progressiven Künstler . . . 5
Dr. F. Neugass:
Konferenz des internationalen Museumsamts . 5
Literatur .5
Nachrichten von Überall (m. 2 Abb.) 6
Unter Kollegen .6

Von Robert

Steinberg

zu

Jahr-

16.

Als vor nahezu Jahresfrist an dieser Stelle
nach Fühlungnahme mit vielen der aktivsten
Mitglieder der Gesellschaft der Bibliophilen
darauf hingewiesen wurde, daß die Gesell-
schaft eine Krise durchlaufe, als damals For-
derungen erhoben wurden, welche diese Krise
so schnell wie möglich beheben sollten, dachte
man daran, diese Aufgabe einer im Laufe des
Sommers einzuberufenden außerordentlichen
Generalversammlung vorzubehalten.

Jahre
erd-

selbst erziehen. Die meisten Museen sind
nichts für Kinder,. Die Museen entäußern sich
ihrer Würde, wenn, sie von lärmenden Schul-
klassen erfüllt werden. Lind die Leiter und
wissenschaftlichen Beamten verstoßen gegen

Medaillonuschak, Anfang 17. Jahrh.
Uschakarbeit, 360x183 cm, geknüpft auf
wollner Kette und zweifach braunem Schuß
39 Knoten in der Höhe,
34 in der Breite auf 10 cm

der- Innenzeichnung wieder,
persische Medaillonteppiche
bei denen das Blumen-
Medaillon herum nicht so
sondern mehr Ähnlichkeit
der Sternen-

mindesiens der Vorsißende, aus Gründen der
internationalen Repräsentation der leßtere
und um der Kontinuität der Gesellschafts-
politik willen diese beiden, keinesfalls unter
die Beschränkung der Amtsdauer fallen.
3. sei noch einmal dringend gebeten, den
im vorigen Jahre zum Beschluß erhobenen An-
trag Morecki zu streichen. Er bringt eine un-
erwünschte Differenzierung der Mitglieder mil
sich, ohne für die Gesellschaft andererseits
einen nennenswerten materiellen Vorteil zu
bedeuten.
4. aus demselben Gesichtspunkt, aus dem
wir vor einer zu großen Kopfzahl des Vor-
standes glauben warnen zu sollen, scheint uns
auch der Arbeitsausschuß ein höchst überflüs-
siges und organisatorisch viel zu kostspieliges
Organ zu seini, als daß man an seine Aufrecht-
erhaltung bei diesen schlechten Zeitläufen
denken sollte. Sein eigentlicher Zweck wäre

ihre elementaren Pflichten, wenn sie päda-
gogischen Geist in ihrer Arbeit vorwalten
lassen. Von ihm besaßen die großen
schöpferischen Naturen, denen sie dienen, oft
recht wenig.

Die Me-
Medaillon
sich an

Gerade viele der besten Stücke des
hunderts weisen darauf hin, daß sicher Melas,
aber auch wohl Ladik an dieser Produktion
beteiligt waren.
Kaum im Zusammenhang mit den eben be-
sprochenen Gruppen stehen die Teppiche der
türkischen Hofmanufaktur im 16. und 17. Jahr-
hundert, die eine viel stärkere Anlehnung an
die persischen Teppiche in Färb- und Zeich-
nungsgebung haben, aber sich auch durch
gänzlich andersartige Wolle und Knüpfung von
allen anderen anatolischen Teppichen grund-
legend unterscheiden. Auch sie sind nicht beim

(Fortsetzung von Nr. 44)
Der persische Teppich (Abbildung Nr. 44,
S. 8) zeigt durch seinen herb stilisierten vege-
tabilen Dekor, daß er in der ersten Hälfte des
16. Jahrhunderts entstanden sein muß. Bei-
spiele ähnlicher Art sind heute nur in wenigen
Museen und Sammlungen vorhanden, aber
noch genug, um ihre Verwandtschaft mit den
Uschakteppichen zu zeigen. Auf dem Sternen-
uschak (Abbildung S. 6) erkennen wir die
persische Anregung in der Form der Sterne
und in der Art
Es gibt auch
ähnlicher
motiv um
gruppiert
mit den

schon erreicht, wenn die in ihm vertretenen
lokalen bibliophilen Vereinigungen sich be-
reit erklären würden, dem Sekretär der Ge-
sellschaft der Bibliophilen bevorstehende
Publikationen so rechtzeitig zu melden, daß
Doppel-Editionen von diesem verhindert wer-
den können. Das -würde jeweilig 0,30 RM
Porto kosten, an Stelle der Spesen, die sonst
einige 20 Herren, die es sich zufällig leisten
können, für Reisen zu Sißungen ausgeben und
bücherfreundlichen Zwecken entziehen würden.
4. die Absicht, den Vertrag mit dem Hause
Seemann baldmöglich zu kündigen, wird mit
Genugtuung registriert. Es wird mit Be-
geisterung davon Kenntnis genommen, daß
das General-Register gedruckt werden soll;
aber bitte: laßt die Zeitschrift, das uns troß
allem das ganze Jahr hindurch verbindende
Band, nicht eingehen, laßt sie nicht noch sel-
tener erscheinen, als es schon der Fall ist;
aber billiger und besser soll sie werden!
Und wenn der Schreiber dieses noch eine
persönliche Bitte hinzufügen darf, so ist es
die, daß Herr Geheimrat Witkowski unter
gleichzeitiger Heranziehung einer nach
hoffentlich erst vielen Jahren zu seinem Nach-
folger berufenen Persönlichkeit auch der
Herausgeber der 3. Folge der Zeitschrift für
Bücherfreunde sein möge.
Die Gedanken und Wünsche meiner
Freunde werden heut über acht Tagen in Berlin
weilen, wo die Generalversammlung 1931 der
Gesellschaft der Bibliophilen auf lange
hinaus über Blühen und Gedeihen
scheiden haben wird.

persischen Vorbild siehen geblieben, sondern
haben ihren eigenen Stil gefunden und den
Formenschaß durch Nelke und Anemone be-
reichert. Erst in der zweiten Hälfte des
17. Jahrhunderts hat der Formenschaß der
Hofmanufaktur die übrigen anatolischen Tep-
piche beeinflußt, nicht aber vor dieser Zeit-
Vor allem Ghiordesteppiche, aber auch die
meisten übrigen einseitig orientierten anato-
lischen Gebefsteppiche, die diese AnlehnunÖ
besonders zeigen, noch in das 17. Jahrhundert
zu datieren, bleibt daher nach wie vor ab-
wegig.

St. Georg, Tirol, um 1420
Ton, farbig, H. 80 cm — Kat. Nr. 473
Aus den Beständen der Fa. Malmede & Geissen-
dörfer
Versteigerung — Vente — Sale: Math. Lempertz
Köln a. Rh., 26.—28. November 1931
Rechnung war jedoch ohne den Wirt, will
sagen ohne die Entwicklung der deutschen
Wirtschaftslage gemacht worden. Nach er-
freulichen Anfängen, erfreulich auch insofern
— und das soll mit dem Ausdruck des Dankes
hier öffentlich festgestellt werden —, als ins-
besondere Herr Geheimrat Witkowski den
Forderungen der oppositionellen Kreise ver-
ständnisvoll entgegenkam, flaute das Inter-
esse an diesen Dingen infolge der sich im-
mer mehr zuspißenden innerdeutschen Situa-
tion merklich ab. Nun ist es so weit gekom-
men, daß ein großer Teil der Inauguraforen
der der nunmehr bevorstehenden Mitglieder-
versammlung zur Beschlußfassung unterbrei-
teten Vorschläge in diesem Jahr nicht zu dem
liebgewordenen Zusammentreffen kommen
konnte. Es ist dies um so bedauerlicher, als
es sich gerade um die besten und relativ
opferwilligsten Jünger der Bibliophilie handelt,
um diejenigen also, die es eigentlich am
meisten angeht, was in der kommenden
Hauptversammlung beschlossen werden wird.
Es wurde schon angedeutet, daß den
wesentlichsten Forderungen, welche in den
teils schriftlichen teils mündlichen Verhand-
lungen erhoben worden sind, im großen Um-
fange von Seiten des Vorstandes Rechnung
getragen wurde. Aber gerade weil meine
Freunde nicht allzu zahlreich und vielleicht ich
auch nicht nach Berlin kommen können, sei es
erlaubt, einiges zu den vorliegenden Anträgen
des Vorstandes sowie der Herren Limprich
und Genossen hier anzumerken. Die gründ-
liche Beschäftigung mit der Materie legt es
nahe,
1. noch einmal vor einer allzu zahlreichen
Beseßung des Vorstandes zu warnen. Viele
Köpfe, viele Sinne.
2. sollten der Sekretär, zwar mit beraten-
der Stimme zum Vorstand gehörig und an
dessen Sißungen teilnehmen müssend, und

Art,
das
ist,
Blumenmotiven
uschaks zwischen den Sternen erkennen läßt.
Das persische Wolkenband ist in türkischer
Stilisierung ein Bortenmoiiv geworden. Über-
haupt bleibt die Zeichnung stets stilisiert und
zum Geometrischen neigend. Der persische
Stil bildete eine Anregung, nicht aber eine
Anleihe. In der Farbengebung hat nie eine
Beeinflussung bestanden. Die sehr viel zar-
teren persischen Farben wurden nie wieder-
zugeben versucht. Blau, Rot, Gelb und Grün
treten uns in der Zeichnung in kräftigen
Kontrasten entgegen. Auch die Knüpfung ist
sehr viel derber und gröber; das Ganze mehr
skizzenhaft als detailliert. Diese Teppiche
sind stets mehr dem Sinn des Teppichs,
flächenhaft zu wirken, treu geblieben. Sternen-
uschaks sind der weniger häufige Typ und
gehören wohl meistens noch dem 16. Jahr-
hundert an, wie zwei mit 1584 datierte Stücke
im englischen Besiß beweisen.
Eine andere Form der Uschaks sehen wir
in der nebenstehenden Abbildung, einem be-
sonders gut erhaltenen Stück, wo sich der
Stern zum Medaillon geformt hat.
daillonuschaks-, bei denen das
nur die Mitte einnimmt und
den Schmalseiten meist halbiert wiederholt,
gehen ebenfalls bis in das 16. Jahrhundert
zurück. Ihre Anordnung hat sich aber mit
fortschreitender Verbildung, Färb- und Knüpf-
verschlechterung bis in die Mitte des 19. Jahr-
hunderts erhalten. Auf eine befriedigende
Ecklösung haben die anatolischen Manufak-
turen nie Werf gelegt. Die Bortenmuster
laufen sich mindestens an einer Seite tot.
Auch der Stil der sogen. Uschakteppiche
ist nicht nur auf Uschak beschränkt geblieben.

Anatolische Knüpfteppiche
im 16. und 17. Jahrhundert
Von Werner Grote-Hasenbalg




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beehrt sich, die Verlegung seiner Geschäftsräume
nach
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