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Jahrg. V, Nr. 45 vom 8. November 1931

DIE WELTKUNST

5

(Fortsetzung der Vorberichte von S. 3)
1730), Ansbach und England. Die Qualität
dieses Auktions-Materials überragt den ge-
wohnten Durchschnitt um ein Erhebliches.
Neuere Gemälde
Köln, Vorb. 11. Nov.
Math. Lempert z in Köln versteigert am
11. November Gemälde neuzeitlicher Meister
aus verschiedenem rheinischen Sammlerbesiß.
Unter den Hauptwerken nennen wir eine aus-
gezeichnete „Gebirgsschlucht“ von Spißweg
(1868), das „Bankett der Schüßengesellschaft“
von Schreuen, eine Schafherde von Brendel,
eine Genreszene von Sperl und Landschaften
von Irmer, Mali u. a. Vertreten sind ferner
A. u. O. Achenbach, Bochmann, Bürkel, Dill,
Gaisser, E. v. Gebhardt, Knaus, M. Scholz,
Munthe, Leistikow, Schönleber, Trübner u. a.
Flaubert-Manuskripte
Paris, Vorb. 18.—19. Nov.
Ein bedeutendes Ereignis des Pariser
Marktes verspricht die Versteigerung des
zweiten Teils des Nachlasses Mme Franklin

Grout-Flaubert durch Mes Lair-Dubreuil
und W. Warin sowie den Experten M. R.
M o r o t im. Hotel Drouot zu werden.
Enthält diese Sammlung von Manuskripten,
Entwürfen, Skizzen, Briefen und persönlichen
Andenken Flauberts doch wichtigste Stücke,
wie das Originalmanuskript der „Voyage en
Orient“, die gesamten Entwürfe der „Education
sentimentale“, das höchst aufschlußreiche un-
veröffentlichte Manuskript „Souvenirs, notes
et pensees intimes" neben einer großen Reihe
weiterer handschriftlicher Skizzen. Ferner eine
Reihe Dedikationsexemplare und Briefe an
Flauberf, u. a. von E. de Goncourt, Maupas-
sanf, Heredia, Renan, Zola, Taine, A. Daudet,
Verlagskontrakte, Briefe über die „Education
sentimentale", Zeichnungen und anderes, für
die Kenntnis des Dichters höchst aufschluß-
reiches Material.
Moderne Graphik
London, Vorb. 18. Nov.
Bei Sotheby & Co. gelangt am 18. No-
vember eine erlesene Sammlung moderner
Graphik zur Versteigerung.. Von besonderer
Bedeutung sind Reihen von Blättern von Sey-
mour Haden, Whistler, Brangwyn, Crane,
Legros, Cameron u. a.

Erfolgreiche
Handzeichnungs - Auktionen

Die beiden ersten international bedeuten-
den deutschen Auktionen der Herbstsaison,
die in den Tagen des 3. und 4. November die
Handzeichnungssammlungen O. Huldschinsky
bei Paul Graupe in Berlin und Hofstede
de Groot bei Boern er in Leipzig auf den
Markt brachten, hatten überraschend gute,
die Voraussichiem vielfach übersteigende Er-
gebnisse zu verzeichnen. Wie das Material,
das sich auf beiden Auktionen ausschließlich
aus Blättern niederländischer Meister zusam-
menseßte, nicht anders erwarten ließ, war es
besonders der holländische Kunsthandel, der
an der Spiße der Käufer stand und u. a. durch
die Herren Mensing, de Vries, Meyer-Elte,
Lugt, de Bruyn, Hirschmann (van Diemen-
Amsterdam), Lütjens (Cassirer-iAmsterdam)
vertreten war. Daneben vollzählig die hollän-
dische Museumswelt: Direktor Hannema, Dr.
van Gelder, Dr. Knüttel, Teeding van Berck-
houf, Vertreter deutscher Sammlungen, der
interessierte deutsche Kunsthandel und
Colnaghi-London.
Das Hauptsfück der Sammlung Huld-
schinsky, der bei einem ganz ausgezeich-
neten Niveau die eigentlichen Spißenstücke
fehlten, war die Skizze von Pieter Bruegel
d. Ae. (Nr. 23, Abbildung in Nr. 42 der
„Weltkunst"): bei einem Ausrufspreis von
3000 M. und einer Schäßung auf 6000 M. stieg
das schöne Blatt rapid auf 9100 M., und wurde
van Diemen-Amsterdam zugeschlagen. Für
zwei Flußlandscha'ften von Avercamp (Nr. 3/4)
bezahlte Mensing 5640 M., für dessen „Zigeu-
nerbande“ (Nr.7), ein stilistisch hochinteressan-
tes Stück, das Berliner Kupferstichkabinett
1350 M., für kleinere Blätter dieses Meisters
Nebehay 520—580 M. Eine Dorfansicht von
Ian Bruegel d. Ae. (Nr. 24) erzielte 1300 M.,
Everdingens Winterlandschaff (Nr. 39) 1150 M.,
die wundervolle Flachlandischaff von A. Cuyp
(Nr. 27) 2600 M. (Cassirer-Amsterdam) und
dessen Dorfansicht (Nr. 28) 1500 M. Billig
waren die kleinen van Goyens (Nr. 44—47) mit
130—490 M. Das Berliner Kabinett erwarb
noch Ruisdaels „Ruine zu Egmont“ (Nr. 77),
eine Studie zu dem „Judenfriedhof“ in Dres-
den, für 840 M.; das andere Ruisdael-Blait
ging für 400 M. an Meyer-Elte. Die Reihe
der charmanten gouachierten Vogelbilder von
Männlich, die den Beschluß dieser zugkräf-
tigen und erfolgreichen Auktion bildete,
brachte insgesamt 3900 M.
Bei der Versteigerung Hofstede de
Groot waren es naturgemäß die Rem-
brandt- Zeichnungen, die die stärkste Kon-
kurrenz auslösten und die Preise auf ein über
Erwarten hohes Niveau brachten. Das inter-
essanteste Blatt, den „Witwer", erwarb nach
zähem Ringen das Kopenhagener Kabinett für
10 500 M. (Nr. 169, Abbildung in Nr. 40
der „Welfkunsi“). Cassirer-Amsterdam er-
steigerte den 1643 datierten „Rauchenden
Kavalier" (Nr. 170) für 7000 M. und den „Turm
Swyght Utrecht“ (Nr. 182) gegen Colnaghi für
8400 M., wogegen sich die Londoner Firma die
..Mariakirche zu Utrecht“ (Nr. 181) und das
doppelseitige Blatt „Schauspielerkönig“
'Nr. 168, Abbildung in Nr. 40) für 8200
bezw. 6600 M. sicherte, während sie das frühe
Selbstbildnis (Nr. 160) bei 7000 M. an van
Diemen-Amsterdam überlassen mußte. — Von
den anderen Blättern nennen wir die wich-
tigsten Preise: Cuyp, Dorf mit Windmühle
'Nr. 45): 6000 M. (Kabinett Kopenhagen);
Doom er, Bauernhof mit Wäschebleiche

(Nr. 81): 2600 M. (Colnaghi); Doomer, Ansicht
von Amsterdam (Nr. 61): 4600 M. (Mensing).
Wir ergänzen diese bei Redaktiönsschluß
eingegangenen ersten Ergebnisse in der näch-
sten Nummer durch einen vollständigen Preis-
bericht. Die Liste sämtlicher Preise der Ver-
steigerung O. Huldschinsky findet man auf
Seite 4.

Ausstellung der
Progressiven Künstler
Galerie Dr. Becker-Newmann
Köln

Die progressiven Künstler zeigen Schwarz-
weiß-Blätter und Aquarelle. Aus ihrem Namen
ein Programm ableiten zu wollen, würde ein



Th. Champion, Tennisplatz
Ausstellung — Exposition — Exhibition:
„Th. Champion und Alma Wach"
Galerie Alfred Flechtheim, Düsseldorf

falsches Bild ergeben. Sie sind am aller-
wenigsten von der Idee des Fortschritts be-
sessen. Der Name ist nur gewählt, um sich
von anderen Richtungen abzugrenzen, deren
Name ebenso wenig die wahre Sachlage er-
faßt. Hervorgegangen aus dem Freundes-
kreis Heinrich Hoerle, Franz W. Seifert,
Stanislaus Kubicki, Raoul Hausmann und Otto
Freundlich haben sich im Laufe der Jahre
einige zunächst unabhängig voneinander ar-

beitende Maler angeschlossen. So vor allem
Hauswirth und Naget, Düx, Alma und
Tschinkel. Künstler wie W. Baumeister,
Moholy-Nagy, schließlich auch Schlemmer
fühlen durch die gleiche Ideengemeinschaft
ihre Zusammengehörigkeit. Sie alle haben ein
Gemeinsames und doch unterliegt keiner der
verpflichtenden Verbindlichkeit eines „Stils",
den sie schaffen wollen (auch dann, wenn er
nicht gewachsen ist!). Die Fragwürdigkeit
einer Darstellung des optisch Wahrnehm-
baren und des malerisch Schönen mit den
alten Mitteln hat ihre Erkenntnis reifen lassen
über eine Epoche des zunächst rein Nega-
tiven hinaus — und es gab wohl zunächst
keinen anderen Weg, als den, in der Negation
seine Kraft zu suchen
— hinter die Ober¬
fläche der dinglichen
Welt um uns vorzu¬
tasten, und mit der
Auseinanderseßung mit
dem Gegenständlichen
diesen so umzuwan¬
deln, daß nicht das
bloße Sein, die schöne
Existenz, sondern ein
Lebensvorgang deut¬
lich werde. Sie suchen
nach dem Wesen der
Dinge. Die bildlichen
Niederschläge sind un¬
sere Beziehungen zu
ihnen, nicht diese
selbst. Und wenn die
Fülle und der Reichtum
des Lebens verloren
geht, so doch nur, weil
sie erst eine neue gei¬
stige Ebene schaffen
müssen, von der aus
ihnen wieder eine neue
Durchblutung des Ma¬
terials und eine stär¬
kere Intensivierung der
Form möglich erscheint.
Sie enthalten sich jeder
Symbolik, deren For¬
mulierung dem wirk-
lichen Gehalt des Er-
schauten nicht gewach¬
sen ist. Sie wollen
nichts anderes als eine
einfache Konstatierung des Tatsächlichen, aber
mit aller Intensilät. Man kann mit größter
Genugtuung feststellen, daß Formen und Farben
ganz ohne Anmaßung nach außen hin vorge-
tragen werden, daß bei einer großen Anzahl
der Bilder jeder Zentimeter von einer inneren
Spannung erfüllt ist. So sind etwa Freund-
lichs leßte Farbenkompositionen von einer
Konzentration und gebändigten Leuchtkraft,
wie man sie bisher nicht sehen konnte. Keiner
erliegt der Gefahr eines leeren Formalismus
(am ehesten Schlemmer und Eggeling). Sie
kennen keine Konvention, aber schon dies
allein ist ihnen Verpflichtung: Zucht der Mal-
mittel und Verdichtung des Gehalts auf das
wirklich Wesentliche. Was daraus erwachsen
kann, zeigt niemand besser als Heinrich
Hoerle,
Die Ausstellung wird noch in Hamburg,
Saarbrücken und Frankfurt a. M. gezeigt.
Dr. Gustav Barthel

Die Konferenz
des Internationalen
Museumsamtes
in Athen
Von Dr. Fritz Neugass
Athen, Anf. Nov.
150 Experten, von 21 Nationen entsandt,
traten in diesen Tagen in Athen zusammen,
um sich über die Frage der Erhaltung und des
Wiederaufbaues künstlerisch und historisch
bedeutsamer Denkmäler zu unterhalten. Uber
50 Referate wurden in den vier Arbeitstagen
der Konferenz zum Vortrag gebracht, lange
Diskussionen eröffnet und viele Resolutionen
gefaßt, die jedoch in der endgültigen Redak-
tion erst später mitgeteilt werden können.
Der erste Punkt des Arbeitsplanes waren
die Geseße der verschiedenen Länder zum
Schuß der Kunstdenkmäler. Es waren
nüchterne Paragraphen, das Verhältnis eines
Staates und des Eigentümers dem Baudenk-
mal gegenüber betreffend, historische Abrisse,
wie man in früheren Zeiten solche Bauten be-
handelte und mit welchen Mitteln heute die
Regierung der verschiedenen Länder solche
Denkmäler Schüßen muß. Durch den Vergleich
der Geseßgebung der verschiedenen Nationen
bemüht sich das „Internationale Museumsamt“,
die besten Methoden zu finden, um den künst-
lerischen Nachlaß vergangener Jahrhunderte
am reinsten zu erhalten und der heutigen
Kultur schaubar und nußbar zu machen.
Der zweite Punkt des Programms be-

handelte die allgemeinen Richtlinien der
Wiederinstandseßung der Baudenkmäler und
verglich die verschiedenen Epochen und ihre
Arbeitsweise. Man unterschied darin drei
verschiedene Stufen: die empirische Periode,
welche vorhandene Ruinen abtrug, um sie
anderweitig zu verwerten, die doktrine
Periode, welche — wie Viollet-le-Duc —
alles im gleichen Stil erneuerte und Kunst-
werke aus späterer Zeit durch neue „stilechte“
erseßte, und schließlich die experimentale
Periode, die allen Zeiten und Stilen gerecht zu
werden versucht und die mit neuen Mitteln
fehlende Teile sichtbar ergänzt.
Man war auf dieser Konferenz besonders
bemüht, eine einheitliche Regelung, eine

Normung der technischen Probleme zu ver-
meiden. Alle Methoden der Wiederherstellung,
alle Hilfsmittel und alle Möglichkeiten wurden
erwogen und an Hand eines reichen Lichtbild-
materials die mannigfaltigen Restaurations-
arbeiten von Skandinavien und Holland bis
nach Nordafrika und Indien anschaulich ge-
macht. Ein architektonisches Denkmal ist
weit mehr, als ein in einem Museum auf-
bewahrtes Kunstwerk, in enger und dauernder
Verbindung mit den besonderen Verhältnissen
des Landes und bedingt deshalb eine ganz
selbständige Behandlung, die seiner Um-
gebung und den atmosphärischen Verhält-
nissen angepaßt ist. Troß alledem ist die
Gegenüberstellung der verschiedenen Re-
staurationsmethoden höchst anregend: und
wird sicherlich dazu beitragen, künftighin be-
gangene Fehler und Irrtümer bei Wiederin-
standseßungsarbeiten zu vermeiden.
Ein Problem; das die Konferenz in Athen
besonders beschäftigte, war natürlich der
Wiederaufbau des Parthenon. Diese Frage
wird in einem späteren Bericht besonders be-
handelt werden. Die sogenannte Anastylose,
d. i. das Wiederaufrichten der gestürzten
Säulen ist ja hauptsächlich für den griechisch-
römischen Kulturkreis von besonderer Be-
deutung.
Ein off vernachlässigtes Kapitel der Denk-
malspflege ist die Gestaltung der Umgebung
des Bauwerks. Das Monument soll nicht nur
an und für sich von allen späteren Zutaten be-
freit werden, sofern der ursprüngliche Zustand
wiederhergestellt werden kann, sondern auch
in der Umgebung sollen alle störenden
Elemente entfernt’ werden. Dabei erhebt sich
wieder die Frage nach der Erhaltung oder der
Ausrodung der Vegetation, welche die Ruinen
überwuchert und meist einen ästhetisch er-
freulichen, wenn auch archäologisch stören-
den Eindruck macht.
In diesem ersten Referat konnte nur ein
ganz kleiner Teil der Ideen angedeutet' wer-
den, die auf der Konferenz zum Vortrag
kamen. Die zweite Hälfte der Tagung bildet
eine Fahrt auf die griechischen Inseln, wobei
die neuesten Ausgrabungsmethoden geprüft
werden sollen.
Von allen Ländern war Frankreich am
stärksten vertreten und versuchte die geistige
Führung des Kongresses zu übernehmen. Auch
die Italiener hatten eine stattliche Delegation
und boten in ihren Vorträgen reiches Material
von den großzügigen Ausgrabungen, die eben
allenthalben in Rom und in den Provinzen
unternommen werden. Von griechischer Seite
aus wurde besonders bedauert, daß die wirt-
schaftliche Notlage Deutschlands keine be-
sondere Delegation zustande kommen ließ,
wo doch gerade den Deutschen in den Fragen
der Denkmalspflege und der archäologischen
Forschung ein besonders hervorragender Plaß
in dieser Konferenz gebührt hätte.


Karl Schmidt-Rottluff, Frau und Mädchen. 1929
Ausstellung — Exposition — Exhibition:
Galerie A. Flechtheim, Berlin

LITERATUR
'fandbucb der Kunstgeschichte von Anton Springer,
VI. Band: „Die außereuropäische Kunst“. (731 Sei-
ten, mit 812 Abb., XVI Farbtafeln, 15 Landkarten.)
Verlag Alfred Krüner, Leipzig. (Preis:
geb. 40 M.)
Das altbekannte Handbuch der Kunstgeschichte
’°n A. Springer ist nach dem Vorbilde von Woer-
ffann und der Propyläen-Kunstgeschichte um einen
■»and vermehrt worden, der der außereuropäischen
JWnst gewidmet ist. Ostasien wird von Prof. C.
I.fiser, — Indien: von Dr. Stella Kramrisch. Kal-
kutta, — der Islam von Prof. E. Kühnel, — Afrika
„°n Dr. P. Germann, Leipzig, — Alt-Amerika von
hr; H. Ubbelohde-Doering, Marburg/Lahn, und sehließ-
°h die Malaiisch-pazifische Kunst von Prof. A. Krä-
f>6r, Stuttgart, behandelt. Das Schwergewicht des
/indes liegt in den Abhandlungen über Asien und
eh Islam, wenn auch die anderen Teile des Buches

relativ ebenso reichhaltig und im einzelnen vorzüg-
lich illustriert worden sind, — wie überhaupt die
äußere Ausstattung allen Lobes würdig ist.
Den größten Platz nimmt die Behandlung der
ostasiatischen Kunst von Curt Glaser ein,
der auch das einleitende Vorwort des Buches ge-
schrieben hat. Mit gleichmäßig einfühlender Hingabe
und Kritik ist der Entwicklungsgang der chinesischen
wie der japanischen Kunst behandelt worden. Es ist
sehr anziehend zu sehen, wie in dieser Darstellung die
mannigfache kulturgeschichtliche Verflochtenheit der
ostasiatisehen Kunst zur Geltung kommt. Sicherlich
liegt hier die bedeutsamste und übersichtlichste Schil-
derung der ostasiatischen Kunst vor, bei der die
reiche Kennerschaft, die Curt Glaser auf diesem Ge-
biet besitzt, voll zur Geltung kommt.
Ähnlich wird man über die Darstellung der isla-
mischen Kunst durch Ernst Kühnel urteilen
dürfen. All den Veränderungen von der Frühzeit bis
zur Neuzeit und ihren mannigfachen Verzweigungen
geht Kühnel mit erprobter Sachkenntnis nach. Und

auch hier fehlt nicht die Einbeziehung der kulturellen
und politischen Geschichte.
Nur mit mannigfachen Vorbehalten kann man die
Behandlung der indischen Kunst durch Dr. Stella
Kram risch. Kalkutta, gelten lassen. Eine ge-
wisse Unübersichtlichkeit ist vielleicht schon die Folge
der allzu weitfassenden Darstellung: außer Vorder-
indien wird auch Ceylon, Hinter-Indien und Indone-
sien, Nepal und Tibet, und schließlich Ost-Turkestan
erörtert. Abgesehen von manchen problematischen
Einzelheiten in Theorie und historischen Hypothesen
ist vor allem der Mangel an Hervorhebungen der be-
deutungsvollsten Erscheinungen zu bedauern. Der
feste Griff der Darstellungsgabe, wie er in den Glaser-
sehen und Kühnelschen Übersichten bemerkenswert
ist, wird hier leider nur in geringem Maße spürbar.
Immerhin wird man auch diesen Teil des Buches mit
Nutzen lesen, wenn man einen Überblick über das
Tatsachenmateral erhalten will.
Die drei letzten Teile des Bandes sind den ersten
nicht gleichwertig. Die Darstellung der afrika-

nischen Kunst durch P. Germann gibt eine
recht ansprechende allgemeine Übersicht, die bei der
Plastik freilich mit vollen Segeln in rein völkerkund-
liche Erörterungen übergeht und die kunstwissen-
schaftliche Einstellung z. T. nicht durchhält. Es
bleibt auch lebhaft zu bedauern, daß der innere West-
sudan mit seiner hochentwickelten Stilisierungskunst.,
ebenso wie Madagaskars interessantes Gebiet gänzlich
ausgefallen ist.
Die altamerikanische Kunst hat H.
Ubbelohde-Doering in alizu großer Kürze behandelt,
als daß sich eine eindrucksvolle Schilderung der her-
vorragenden Kunst der Azteken, Maya und Peruaner
ergeben könnte.
Die Erörterung des malaiisch-pazifi-
schen Kunstkreises durch Augustin Krämer
zieht ihren Radius allzu weit, beschäftigt sich z. B.
auch mit der Tätowierung, als daß sich eine klare
Gliederung des Kunstbesitzes ergeben könnte. Über-
dies kommt auch das Kunstgewerbe zu allzu ein-
dringlicher Behandlung. E. v. S.
 
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