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Jahrg. V. Nr. 45 vom 8. November 1931

DIE WELTKUNST

e» von Ue1>esraJLl

Der Kunsthandelsverband tagt
Vor etwa einem Jahre konnten wir von der
Gründung eines italienischen Staatsverbandes
für den Kunst- und Antiguitätenhandel be-
richten.. Der genaue Name dieses Verbandes
wurde „Federazione Nazionale Fascista del
commercio arte antica, mod'erna e prodotti dell’
artigianato“. Man hat also noch nachträglich
in den Verband den Handel mit Kunsthand-
werksgegenständen hineinorganisiert. Vor
einem Jahr hatte die Federazione für die Zeit
ihrer Organisationen einen „Außerordentlichen
Regierungskommissar“, versehen mit dikta-
torischen Vollmachten, in Gestalt des
römischen Antiguars und Kunsthändlers comm.
Dante Giacomini erhalten. Nach einem
Jahr der Organisation hat soeben die
erste Jahresversammlung stattgefunden. Sie
brachte als wichtigsten Akt die normale Wahl
eines Präsidiums, die damit die Organisa-
tions- und Geburtszeit dieses neuen Staats-
verbandes im korporativen Staat als abge-
schlossen erklärt. Der Präsident des Staats-
verbandes wurde comm. Giacomini. Zu
Vizepräsidenten wählte man comm. Feruccio
As ta-Venedig und gr. uff. Oargoni,
Rom. Zu Räten alter Kunst wurden Prof.
Volterra, zu Räten neuer Kunst gr. uff.
Lino Pesaro, für religiöse Kunst und Klein-
kunst comm. L. C o s a z z a, für „künstlerische
Produkte“ Luigi S c o p i n i c h , für Hand-
werkerzeugnisse comm. C. de Angelis, für
Spielzeuge cav. Luigi Levi und für Brief-
markenkun.de und -Sammlung Giancarlo
Massola gewählt. Diese Räte sind nicht
als staatliche Experten bei dem Staatsverband
aufzufassen, wenn sie auch in fragwürdigen
Fällen als Experten hinzugezogen, werden
können, sondern als spezialisierte Bearbeiter
der einzelnen Gebiete und Vertreter der
Probleme der einzelnen Handelsabteilungen
im Rahmen der Föderationsberafungen.
Die im vergangenen Jahre angekündigte
Zusammenfassung der Versteigerungshäuser
zur Formung eines italienischen Kunstmarktes
sind nach den Angaben des Exkommissars
und nunmehrigen Präsidenten Giacomini so-
weit vorgeschritten, daß man für das zweite
Geschäftsjahr auf eine weitgehende Ordnung
in der Veranstaltung von Auktionen hoffen
kann. Die Versammlung hat ferner den
Wunsch ausgedrückt, man möge in Rom im
Jahre 1932 den ersten Internationalen
Kongreß der antiken und mo-
dernen Kunst veranstalten und zu diesem
Kongreß die bedeutsamsten Exponenten der
Kunst und des Kunsthandels Europas und
Amerikas einladen. Dieser Kongreß dürfte in
Zusammenfassung mit jener Einladung der
Regierung erfolgen, die für den Oktober 1932
vorausgesehen ist, wenn man den Museums-
direktoren und Erforschern der Antike das neu
ausgegrabene Rom vorführen will. G. R.
Das Düsseldorfer Heine-Denkmal
Der Ausschuß für die Errichtung eines
Heine-Denkmals in Düsseldorf hat jeßt die
Bedingungen für die Beteiligung an dem
Wettbewerb öffentlich bekanntgegeben. Da-
nach besteht völlige Freiheit in der Gestaltung
des Denkmals, dessen Kosten einschließlich
Künstlerhonorar, jedoch ausschließlich Funda-
mentierung und Plaßgestaltung, 20 000 Mark
nicht überschreiten dürfen. Zur Beteiligung
am Wettbewerb sind die Professoren Albiker
(Dresden), Bteeker (München), Kolbe und
Scharff (Berlin) ausdrücklich eingeladen,
außerdem sind alle in Düsseldorf geborenen
oder ansässigen Künstler zugelassen. Dem
Preisgericht gehören neben Düsseldorfer Per-
sönlichkeiten Professor Edzard und Professor
August Kraus in Berlin sowie Professor
Richard Scheibe In Frankfurt a. M. an. Außer
dem ersten Preis, der die Ausführung des
Denkmals in sich schließt, stehen drei Preise
von 2500, 1500 und 1000 Mark zur Verfügung.
Die Entwürfe sind bis zum 1. Mai 1932 einzu-
reichen.
Ein italienisches Ausstellungsgesetz
Um die vielfachen italienischen Ausstellun-
gen besser zu organisieren und vor allem um
den großen Ausstellungsplan, der von dem
sehr einflußreichen italienischen Kunstkritiker
und Akademiker Ugo Ojetfi entworfen wurde
und der italienischen künstlerischen Produk-
tion einen starken Widerhall in der abend-
ländischen Welt verschaffen soll, wirklich
durchführen zu können, hat Mussolini selbst
einen Geseßentwurf ausgearbeitet, welcher
eine Disziplinierung des italienischen Aus-
stellungswesens vornimmt. Ansäße zu einer
solchen Geseßgebung waren schon bei der
Einführung der Quadriennale bemerkbar ge-
worden, insofern damals die Quadriennale als
die einzige repräsentative italienische Kunst-
ausstellung bezeichnet wurde. Der Geseß-
entwurf über das Aussfellungs- und Messe-
wesen, der jeßt der Kammer zugeleitet worden
ist, hat das Ziel, „eine Zersplitterung der
Kräfte zu vermeiden, Veranstaltungen, die
keinen wirklichen Notwendigkeiten ent-
sprechen, zu verhindern und die wirklich
näßlichen Ausstellungen durch eine Zuführung
aller vorhandenen Energien wirksamer zu
machen“. Das Geseß sieht die Einrichtung
eines obersten italienischen Ausstellungsamtes
vor, dem die Oberleitung und Genehmigung
sämtlicher auf italienischem Boden beab-

sichtigter Ausstellungen, Schauen und Messen
übertragen wird. Im Falle der großen Kunst-
ausstellungen entscheidet jedoch über das
Aussfellungsamt hinweg der Minister-
präsident, da die Notwendigkeiten einer
Kunstausstellung schwerlich durchweg von
einem solchen Amte beurteilt werden können.
Praktisch dürfte dieses neue Amt also die
vielzuvielen kleinen Kunst- und Kunsthand-
werksausstellungen verhindern, um so den
wirklich wichtigen Veranstaltungen ein
größeres Relief zu verleihen.
Die Ciurlonies Galerija in Kaunas
Die iNationalgalerie der jungen Republik
Litauen in deren Hauptstadt Kaunas, dem ein-
stigen Kowno, trägt den Namen „Ciurlonies
Galerija“ nach dem früh verstorbenen
litauischen Maler und Zeichner M. K. Ciurlonis
(1875—1911), dessen ganzes Oeuvre sich in
dem Museum befindet. Ein soeben er-
schienener Rechenschaftsbericht über die
Tätigkeit dieses Museums von 1925 bis 1930
aus der Feder des Leiters der Galerie,
P. Galaune, gibt ein erschöpfendes Bild
von seinem Inhalt.

In der „Ciurlonies Galerija“ ist die
litauische Volkskunst in Holzarbeiten, Keramik
und Textilien reich vertreten, und von be-
sonderem Interesse sind die umfassenden
Sammlungen primitiver Holzskulpfuren, sowie
volkstümlicher Holz- und Kupferstiche, beide
fast ausschließlich religiösen Inhalts. Die
Gemäldesammlung ist vorderhand wenig
umfangreich. Mehrere Werke alter Meister,
eine Reihe von Gemälden neuerer polnisch-
litauischer Künstler, recht viel Bildnisse. Unter
den Autoren dieser leßteren figurieren auch
einige bekannte fremdländische Namen, wie
Grassi und Molinari. Im. Mittelpunkt des
Interesses steht jedoch der Ciurlonis-Saal
mit dem Lebenswerk dieses, zwar nicht
großen., aber originellen Künstlers, bei dem
sich das Musikalische mit dem Bildhaften, in
erster Reihe in seinen Aquarellen, wie z. B.
in der Serie „Der Tierkreis“, zu einem
schöpferischen Ganzen von spezifischem Reiz
und Eindruck verknüpfte. P. E 11.
Amerikanische Altertümer in Paris
Die dem Pariser Trocadero-Museum für
Ethnologie gehörigen Sammlungen zur ameri-
kanischen Archäologie werden jeßt in einer
neuen Abteilung des Museums aufgestellt, die
im Sommer nächsten Jahres eröffnet werden
soll. Die Zeugnisse der alten Kulturen
Mexikos und Perus sind von ganz außerge-
wöhnlicher Reichhaltigkeit. Die Aufstellung
wird sich aller Methoden neuester Museums-
technik bedienen. An die Ordnung der
amerikanischen Altertümer soll sich diejenige
der sich stets vermehrenden afrikanischen
Sammlungen schließen.
Ausgrabungen in Nubien
Die ägyptische Regierung hat deutsche
Gelehrte mit der Leitung von Ausgrabungen in
Nubien betraut, die jeßt ein sehr wertvolles
Ergebnis zutage gefördert haben. Es wurde
ein umfangreicher Friedhof aufgedeckt und
gegen 1000 Gräber geöffnet. Zahlreiche kost-
bar gearbeitete Vasen und Schmuckgegen-
siände wurden gefunden, die wissenschaftlich
und künstlerisch von außerordentlichem Wert
sind.
Georg Steindorff
70. Geburtstag
Georg Steindorff, Ordinarius an der
Universität Leipzig, Mitglied der Sächsischen

Akademie der Wissenschaften und Heraus-
geber der „Zeitschrift für ägyptische Sprache
und Altertumskunde" und der „Zeitschrift der
Deutschen Morgenländischen Gesellschaft“,
wurde am 12. November 1861 in Dessau ge-
boren. Schüler Adolf Ermans und 1893 als
Nachfolger von Georg Ebers nach Leipzig be-
rufen, hat er an der Entwicklung der modernen
ägyptischen Sprach- und Altertumswissen-
schaft starken Anteil. Er wirkte bei den Aus-
grabungen der Cheopspyramide 1903—06 mit
und leitete in den Jahren 1909—14 die Ernst
von Siegtin-Expedilion in Ägypten und
Nubien. Die Ergebnisse legte er in mehreren
Veröffentlichungen nieder. Das Ägyptologische
Institut an der Universität Leipzig, verbunden
mit einer Schausammlung, die Steindorff
durch zahlreiche Grabungsfunde bereicherte,
ist unter seiner Leitung zu einem bedeutungs-
vollen Unterrichtsmittel geworden.
Max Heinemann j-
Der Seniorchef der A. F1 e i s c h m a n n -
sehen Hofkunsthandlung in München,
Max Heinemann, ist am 27. Oktober nach
längerem Leiden verschieden. Er hat die

Firma, in welche er vor etwa 25 Jahren ein-
getreten ist, zu hoher Blüte gebracht. Außer
alten Meistern war es besonders die
Münchener Schule, auf die er sein Augenmerk
richtete. Bekannt geworden sind die von. ihm
veranstalteten Sonderausstellungen, von
denen wir aus leßter Zeit die des Werkes
August Liers i. J. 1926 nennen, und die Aus-
stellung „Altdeutsche Porträts“ in diesem
Jahre, um deren Zustandekommen auch sein
Sohn, Dr. Rudolf Fleinemann, sich Verdienste
erworben hat. Mit Max Heinemann verliert
der Münchener Kunsthandel einen seiner be-
kanntesten Vertreter. L. F. F.
A. U. Pope in Moskau
Prof. Arthur Upham Pope, Direktor des
„American Institute for Persian Art and
Archeology“ und Herausgeber des breit an-
gelegten, für nächstes Jahr in Aussicht ge-
stellten dreibändigen Sammelwerks „A
Survey of Persian Art" (Oxford University
Press), weilte kürzlich in Moskau, wo er über
die Resultate der heuer in Persien wirkenden
zwei amerikanischen archäologischen Expedi-
tionen Bericht erstattete, im besonderen aber
über seine eigenen Forschungen auf dem Ge-
biet altpersischer Architektur. Der betreffende
Vortrag Prof. Popes in der „Gesellschaft für
kulturelle Verbindung der Sowjetunion mit
dem Auslande“ erweckte lebhaftestes Inter-
esse, wozu nicht wenig die ganz herrlichen
Gesamt- und besonders Detailaufnahmen der
besprochenen Bauwerke Ispahans' und anderer
persischer Städte beitrugen, die vorwiegend
Unbekanntes brachten.
Direktor A. U. Pope gab u. a. der Hoffnung
Ausdruck, daß der für 1933 fixierte, nächste
Internationale Kongreß für Persische Kunst in
Moskau statffinden möchte. P. E f t.
Benno Geiger
aus Italien ausgewiesen
Dr. Benno Geiger, der Wiener Kunst-
historiker und Kunsthändler, in breiteren
Kreisen durch sein Buch über den barocken
Genuesen Alessandro Magnasco bekannt, ist
auf Grund einer Verfügung des italienischen
Innenministeriums von der venezianischen
Polizei an die österreichische Grenze abge-
schoben worden. Geiger hatte sich zuerst in
Wien mit Kunsfgeschäften befaßt, von wo er
vor etwa einem Jahrzehnt nach Venedig über-
siedelte, wo er sich in seinem Palazzo bei

S. Stae gleichfalls im Kunsthandel betätigte-
Wie für seine Übersiedlung nach Venedig
dürfte auch für seine Abschaffung aus Italien
die Art seiner Geschäftsgebarung maßgebend
gewesen sein.
Aufhebung eines Museums
in Leningrad
Wie aus Leningrad berichtet wird, ist das
Museum der ehemaligen Akademie der Schö-
nen Künste aufgehoben worden. Seine Ge-
mälde und Skulpturen sind teilweise in die
Eremitage gekommen, um dort die durch Ver-
käufe entstandenen Lücken zu schließen, teils
in das Museum der russischen Künstler.
Zeichnungen von H. Fietg
In den Räumen der Kupferstichsammlung
der Eidgenössischen Technischen Hochschule
in Z ü r i c h hat der Direktor Dr. Rudolf Ber-
n o u 11 i eine beachtenswerte Ausstellung der
Architektur- und Landschaftsskizzen des kürz-
lich verstorbenen Kantonsbaumeisters H. Fiefg
veranstaltet.
Kundgebung
der Berliner Künstlerschaft
Am 2. November fand im Berliner Herren-
hause eine von den Organisationen der ver-
schiedensten Künstlerverbände Berlins einbe-
rufene und von offiziellen Regierungskreisen
beschickte Protestkundgebung gegen den
Ausschluß der Künstlerschaft aus dem Wirt-
schaftsrat und gegen die immer stärker fühl-
bar werdende Zurückstellung der staatlichen
Pflichten gegenüber den verschiedensten Ge-
bieten der Kunst statt. Die Versammlung nahm
zum Schluß eine Entschließung folgenden In-
halts an:
„Die freien schöpferischen Kräfte im
Schrifttum,. in der Musik, in den bildenden
Künsten sowie in Bau- und Werkkunst sind
vollkommen aus dem Gestaltungsvorgang der
deutschen Wirtschaft ausgeschaltet. Bei allen
weittragenden Entscheidungen über das Leben
der Nation werden zwar die Vertreter der ein-
zelnen Wirtschaftsgruppen und deren Teil-
interessen gehört, nicht aber die ohne solche
Bindung allein der Gesamtheit dienenden
schöpferischen Kräfte in dem Volke, das einst
das Volk der Dichter und Denker hieß. Die
versammelten Verbände fordern nachdrücklich
den ihnen zustehenden Anteil an der Neu-
gestaltung des deutschen Volks- und Wirt-
schaftslebens, die nur unter Mitwirkung und
Mitverantwortung der geistigen Schichten ge-
lingen wird.“
Information
In Berlin, Bellevuestraße 9, hat
Herr Wolfgang Burchard eine Kunst-
handlung für alte chinesische Kunst eröffnet.
Der Inhaber des neuen Geschäftes war seit
Jahren in den Pygmalion-Werkstätten tätig
und ist ein Neffe des ausgezeichneten China-
Kenners Dr. Otto Burchard, der, nach seinem
Ausscheiden aus dem Margraf-Konzern, nach
Peking zurückgekehrt ist, um dort selbständig
als Einkäufer tätig zu sein.

UNTER KOLLEGEN


— Bitte seßen Sie sich doch, gnädige Frau,
der Zug fährt ja bereits . . .
— Aber ich muß doch nochmals meine
Tochter umarmen ....
— Machen Sie sich schon keine Sorge. Ich
werde den Auftrag für Sie erledigen.

W. Grote-Hasenbalg
Berlin W 9, Lennästr. 12
B 2 Lützow 4739
Islamische Kunst
Alte Teppiche und Stoffe
Antiquitäten


Sternen-Uschak
II. Hälfte 16. Jahrh., Uschakarbeit, 445 x 225 cm, geknüpft auf wollner Kette und zweifachem
wollnem, rosa Schuß, 36 Knoten in der Höhe, 24 in der Breite auf 10 cm
(Zu unserem Artikel auf Seite 2)

Direktion und Schriftleitung: Dr. J. I. von S a x e. Redaktion: Dr. Werner Richard Deusch. Verantwortlich für Inhalt und Anzeigen: Fritz-Eduard Hartmann, Berlin-Friedenau. — Erscheint im*
Weltkunst-Verlag G. m. b. H., Berlin W 62. — Zuschriften sind an die Direktion der Weltkunst, Berlin W 62, Kurfürstenstraße 76—77, zu richten. Anzeigenannahme bis Donnerstag beim Weltkunst-Verlag. Inseratentarif auf
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tung, auch hinsichtlich des Veröffentlichungstermins und der Rücksendung, abgelehnt. Der Verlag übernimmt durch Erwerbung eines Manuskripts alle Verlagsrechte für dasselbe. Druck H. S. Hermann G. m. b. H., Berlin SW 19-
 
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