Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Overview
loading ...
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
8

DIE WELTKUNST

Jahrg. V, Nr. 47 vom 22. November 1931

en vc®t Uel>esr£kll

Grünewald im Licht
der französischen Forschung
Nach der ausgezeichneten, 1920 er-
schienenen französischen Grünewaldmonogra-
phie von L. Reau beschäftigt sich neuerdings
F.-G. Pari sei in einem umfangreichen Auf-
safe der „Gazette des Beaux-Arts“ mit dem
Problem des Meisters des Isenheimer Hoch-
altares. Der Aufsafe, der eine sehr begrüßens-
werte Zusammenfassung der bisherigen
Forschungsergebnisse bringt und
auch mit persönlicher Meinung zu
Einzelproblemen wie der Stellung
Grünewalds zur Reformation und
seiner Zusammenhänge mit der My-
stik Stellung nimmt, publiziert als
Neuentdeckung ein Bildnis des Phi-
lipp von Fiersheim, Bischofs von
Speyer, im Museum zu Besangon, als
dessen Autor Grünewald angenom-
men wird.
Zara:
Der Dom ohne Fundament
Eine der merkwürdigsten Ent-
deckungen in der spätantiken Archi-
tektur ist soeben in Zara gemacht
worden. Man hat eine der ältesten
Kirchen der Christenheit gefunden,
eine der Kirchen grofeen Umfanges,
das heiß! mit einer Höhe von
27 Metern und einem Durchmesser
von 20 Metern etwa, eine Kirche, die
drei Absiden besifet, und zwei
enorme Pilaster, welche die Bögen
tragen: aber eine Kirche, welche ab-
solut kein Fundament hat, ganz ein-
fach auf das Strafeenpflaster gesefei
ist und dennoch durch die Jahr-
tausende unbeschädigt stand hielt.
Aber mehr noch: nicht nur, dafe das
Fundament mangelt, die tragenden
Mauern und Pfeiler ruhen nicht ein-
mal direkt auf dem Pflaster, sondern
auf unverkitteien, nicht gemörtelien
und nicht zementierten Trümmern
alter Bauwerke. San Donato in
Zara ist jefet von den umliegenden
mittelalterlichen Bauwerken befreit
worden; Schutt und Erdmassen wur-
den bis auf das Grundniveau fort-
geräumt und es kam zutage, dafe die
imponierenden Außenmauern der
Kirche auf nebeneinander gerollte,
lose auf dem Forumpflaster der
alten lateinischen Kolonie Jader lie-
genden Säulentrommeln ruhen. Die
Innenpilaster stehen auf Bruch-
stücken von Marmorblöcken, welche
Widmungs - Inschriften an- Juno
Augusta, an Jupiter Augustus, Orna-
mente aus der frühen Kaiserzeit usw.
tragen; alle diese Bruchstücke sind
aber ebenfalls einfach auf das
Forumpflasier von Jader gelegt und
ohne irgend eine Verbindung sind
auf sie die kolossalen Tragepfeiler
gesefet. Und solch ein Bauwerk hat
ohne Reparationen durch 1500 Jahre
standgehalten. Man hat bei den Aus-
grabungen von Zara so viel Material
aus römischer Zeit zutage gebracht,
dafe das Lokalmuseum vollkommen
umgeordnet und vergröfeert werden
mufete und nunmehr eines der bedeu-
tenden Provinzmuseen geworden ist,
die über lateinische Kolonialkunst
und Kolonialleben Entscheidendes
auszusagen vermögen. Vor allem
sind die vorillyrischen Funde inter-
essant, ferner die sehr reiche Glassammlung
aus der römischen Zeit, die mit zu den besten
derartigen Sammlungen gehört. G. R.
Auffindung antiker Bildwerke
In Athen ist bei Ausschachtungsarbeiten
in der Nähe der Akropolis der Marmorkopf

China-
Früh-Keramik, alte Bronzen,
Plastik, Porzellane, Stoffe, Tep-
piche, Möbel, Bilder, Halbedel-
steine, Elfenbeine usw.
Japan-
Holzschnitte, Netsukes,Tsubas,
Bilder usw.
Verlangen Sie Offerte!
China-Bohlken
Berlin W 9
Potsdamer Straße 16
Nahe Potsdamer Platz

einer behelmten Paslias Athene gefunden wor-
den. Der Kopf, der sehr schön sein soll, hat
eine Höhe von 75 cm und scheint der Zeit des
Phidias anzugehören.
*
In einem Feld bei Achya in Griechenland
wurde der Torso einer 60 cm grofeen Statue
gefunden, die man als Darstellung des Hermes
deutet. An der gleichen Stelle fanden
sich Statuen eines Jünglings und einer

Frau, ein weiblicher Kopf und eine Grabsfele
aus weißem Marmor mit Inschrift. Die Ar-
beiten dürften aus dem 3. oder 4. Jahrhundert
v. Chr. stammen.
Leihgabe im Berliner Museum
Als Leihgabe von Sir Joseph D u v e e n ist
im Kaiser-Friedrich-Museum augenblicklich
das große Gemälde „Die Maas bei Dordrecht“
von Aelbert C u y p , ein Meisterwerk der ehe-
maligen Sammlung Brownlow, ausgestellt. Das
Museum selbst besifet bereits vier, allerdings
kleinere Landschaften des Dordrechter
Meisters.
Gesellschaft der Bibliophilen
Die vom 14. bis 16. November in Berlin
abgehaltene Jahresversammlung der ältesten
und größten bibliophilen Vereinigung Deutsch-
lands, der Gesellschaft der Bibliophilen, war
trofe der 'Wirtschaftskrise, die den Mitglieder-
bestand1 vermindert hat, gut besucht. Fedor
von Zobelfife, der seit 32 Jahren an der Spifee
der Gesellschaft steht, wurde in seinem Amt
bestätigt; an seine Seife traten der frühere
Danziger Finanzsenator Dr. Volkmann, Direk-
tor Wifike-Dresden, Dr. E. Tuchmann, Martin
Breslauer, Hans Fürstenberg (Berlin), C. E.
Poeschel, Direktor Uhlendal und Professor
Witkowski (Leipzig). Das Organ der Gesell-
schaft, die bisher zweimonatlich erscheinende
„Zeitschrift für Bücherfreunde", soll zu einer
Monatsschrift umgesfaltet werden. Im Mittel-
punkt der Veranstaltungen stand ein im Funk-
haus gehaltener Festvortrag Professor Peter-
sens, eine ungemein materialreiche, klar ge-
gliederte und scharf charakterisierende, edel
geformte überschau „Berlin im Spiegel des
Romans"; während des Festessens begrüßte

Oberbürgermeister Sahm die Gesellschaft.
Die Tagung des nächsten Jahres soll in Frank-
furt a. M., wahrscheinlich zur Zeit der Er-
öffnung der dort geplanten grofeen Goethe-
Buchausstellung, staftfinden.
Raymond Koechlin j-
Am 9. November starb in Paris im Alter
von 72 Jahren Raymond Koechlin. Als Präsi-
dent des Conseil des Musees Nationaux, der
Union des Arts decoratifs und der Societe

des Amis du Louvre, als begeisterter Kunst-
freund und Sammler nahm er eine einzig-
artige und hervorragende Stellung im fran-
zösischen Kunst- und Museumsleben ein. Bei
internationalen Kongressen, Ausstellungen
und Veranstaltungen, wie der Eröffnung des
Pergamon-Museums, sah man ihn als offi-
ziellen Vertreter seines Landes. Das hohe
Ansehen, das Koechlin allgemein genoß, war
aber nicht nur auf seiner äußeren Stellung
begründet; es beruhte in erheblichem Maße
auf der Anerkennung, die er auch als For-
scher genoß. Von seinen zahlreichen wissen-
schaftlichen Arbeiten über französische Kunst
sei das große Werk über gotische Elfenbeine
genannt. Lebhaftes Interesse brachte er der
islamischen und der ostasiafischen Kunst ent-
gegen, er hat sich auf diesen Gebieten durch
Veranstaltung von Ausstellungen und durch
Veröffentlichungen ganz besondere Ver-
dienste erworben. Persönlich temperament-
voll und von großem Charme war er mit
einer Reihe von deutschen Vertretern der
Kunstwissenschaft befreundet und hat viele
Fachgenossen bei ihren Studien auf fran-
zösischem Boden in weitgehendster Weise
gefördert; es sei Raymond Koechlin unver-
gessen, daß er französischerseiis in erster
Linie dazu beigetragen hat, die durch den
Krieg abgerissenen Fäden wieder neu zu
knüpfen. F. Sarre
Verein der Freunde der
Graphischen Sammlung in München
Die erste Winferveranstaltung eröffnete
Direktor W ei g mann mit einer Ansprache,
in der er betonte, dafe infolge Streichung des
Etats dem Verein nunmehr die Aufgabe zu-
falle, die Staatliche Graphische Sammlung vor


Ambrosius Benson, Kreuzigung
Crucifiement — Crucifixion
Nachlaß Bankier F .., Berlin
Versteigerung — Vente — Sale: Internationales Kunst- u. Auktionsliaus, Berlin
2. Dezember 1931

dem Stagnieren zu bewahren. Ein solches
würde nicht nur die Entwicklung unterbinden,
sondern auch die Künstlerschaft einer Hilfe in
ihrer Not berauben. Wenn auch diese Hilfe
weniger in Ankäufen bestehen könne, so
wären doch die Ausstellungen von Arbeiten
der Besten und Strebsamsten unter ihnen
nachweislich ein Ansporn zu weiterem Schaf-
fen und ein Mittel zur Bekämpfung der Mut-
losigkeit. Die Aguarelle und Zeichnungen des
Münchener Malers und Graphikers Adolf
J u t z , welche gezeigt werden, sind Arbeiten
eines Künstlers, der viel zu sagen hat. Es ist
keinerlei Manier dabei, und Ausdrucksmittel
und -weise wechseln mit den Themen, immer
ein starkes Temperament dokumentierend. Am
tiefsten zeigt sich Jufe in den religiösen Dar-
stellungen, am größten ist der Fortschritt in
den Bildnissen. Wo das Mittel der Farben in
ungebrochenen tiefen und strahlenden Tönen
hinzukommt, wie bei den Aguarellen der
bayerischen Seen, entstehen Wirkungen von
großer persönlicher Eigenart und starker Ein-
drucksfähigkeit. L. F. F.
Erfolg der Champion-Ausstellung
Wie wir aus Düsseldorf erfahren, hatte
die von der dortigen Galerie Alfred
F1 e c h t h e i m veranstaltete Champion-Aus-
stellung eine außerordentliche Beachtung ge-
funden, was besonders aus der Tatsache er-
hellt, daß bereits innerhalb der zwei ersten
Wochen 14 Bilder des Künstlers in Privaibesife
übergingen. Im Dezember wird die Ausstellung
in die Anhalfische Gemäldegalerie übergeführt,
um später in Rotterdam und Basel gezeigt zu
werden.
Die alten Meister und wir
Im Hochschul-Rundfunk der Deutschen
Welle wird Prof. Dr. Georg Biermann in
der Zeit vom 19.—26. Dezember einen Vor-
tragszyklus über „ Die alten Meister und wir"
abhalten, in dem das besondere Verhältnis
unserer Zeit zur Kunst der Raffael, Greco,
Cranach und Hals von neuen Gesichtspunkten
erörtert wird.
Information
Wie uns die Fa. Paul Graupe, Berlin,
mitteilt, wird die bereits angekündigte Auktion
der Sammlung Ernst von Ihne wegen
Rücktritts der Versteigerungsfirma vom Ver-
trag nicht sfattfinden.
Deutsche Kunst in Frankreich
Das bis heute im größeren Zusammenhang
noch nicht behandelte Problem der deutschen
Kunst in Frankreich, ihrer Rezeption wie ihrer
Rolle auf rein künstlerischem wie schrift-
stellerischem Gebiet, wird von Emil S z i 11 y a,
den Lesern der „Weltkunst“ als Mitarbeiter
bekannt, in einem illustrierten Bande „L’art
allemand en France“ behandelt, das dem-
nächst im Verlag „La Z o n e“ in Paris er-
scheinen wird.
*
Der Verein Berliner Künstler hat folgende
Mitglieder und Teilnehmer der Herbstaus-
stellung mit einer Anerkennung in Form eines
Geldpreises ausgezeichnet: O. H. Engel,
E. Frey tag, E. Jackstädt, L. Kath,
F. Türcke, J. Kar s ch und P. O e s 1 en.

UNTER KOLLEGEN



D e r M a 1 e r :
— Nun los, warum verstecken Sie sic*1
denn? Wollen Sie nicht endlich Ihren Plafe
einnehmen ... ?
Das neue Modell:
— Doch, doch . . . Aber Sie müssen m>r
versprechen, mich nicht anzuschauenl

W. Grote-Hasenbalg
Berlin W 9, Lennöstr. 12
B 2 Lützow 4739
Islamische Kunst
Alte Teppiche und Stoffe
Antiquitäten

Direktion und Schriftleitung: Dr. J. I. von S a x e. Redaktion: Dr. Werner Richard Deusch. Verantwortlich für Inhalt und Anzeigen: Fritz-Eduard Hartmann, Berlin-Friedenau. — Erscheint im:
Weltkunst-Verlag G. m. b. H., Berlin W 62. — Zuschriften sind an die Direktion der Weltkunst, Berlin W 62, Kurfürstenstraße 76—77, zu richten. Anzeigenannahme bis Donnerstag beim Weltkunst-Verlag. Inseratentarif auf
Verlangen. Abdruck von Artikeln nur mit Einverständnis des Verlags, auszugsweiser Nachdruck nur mit Quellenangabe gestattet. Haftung für unverlangt eingesandte Manuskripte wird nicht übernommen und jegliche Verantwor-
tung, auch hinsichtlich des Veröffentlichungstermins und der Rücksendung, abgelehnt. Der Verlag übernimmt durch Erwerbung eines Manuskripts alle Verlagsrechte für dasselbe. Druck H. S. Hermann G. m. b. H., Berlin SW 19-
 
Annotationen