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Deutsche Kunst- und Antiquitätenmesse [Hrsg.]
Die Weltkunst — 5.1931

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Nr. 48 (29. November)
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https://doi.org/10.11588/diglit.44978#0460
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6

DIE WELTKUNST

Jahrg. V, Nr. 48 vom 29. November 1931

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Raffaels Peruzzi-Madonna
wiederentdeckt
Der Raffaelforschung ist ein Fund von
starker Bedeutung geglückt: in der Gallery
P. Jackson Higgs in New York wird soeben
zum erstenmal der Öffentlichkeit eine Ma-
donna (Abbildung nebenstehend) vorgestellt,
die noch von dem Raffael-Biographen Passa-
vant in den fünfziger Jahren des 19. Jahr-
hunderts gesehen und in seinem Werk ver-
zeichnet wurde, aber seither als verschollen
galt. Das Bild, das sich ursprünglich im Be-
sitze des Lorenzo de’Medici, Herzogs von Ur-
bino, befand und von hier an seinen General-
intendanten Graf Peruzzi überging, zeigt auf
der Rückseite neben dem gemalten Wappen
dieses Herzogs auch noch das Wappensiegel
der Peruzzi, das z. B. von dem Glasgemälde in
der Peruzzi-Kapelle von Sta. Croce in Florenz
bekannt ist. Damit ist seine Herkunft im
Sinne der alten Überlieferung gesichert. Die
Wiederentdeckung des Bildes ist in erster
Linie einigen deutschen Forschern zu ver-
danken, die in dem aus ausländischem Privat-
besitz vor zwei Jahren nach Deutschland ge-
langten, im Stile der Nazarener völlig über-
malten Gemälde die Hand Raffaels erkannten.
Nach der mühevollen und langwierigen Ab-
deckung durch den Restaurator der Berliner
Museen, Professor Ruhemann, kam der
ursprüngliche Zustand unberührt zutage. Pro-
fessor F i s c h e 1, der die wissenschaftliche
Publikation des Bildes vornehmen wird, datiert
das nicht in allen Teilen fertige Gemälde in
den Anfang des Jahres 1505 und stellt es völlig
gleichberechtigt neben die Madonna Cowper
der Sammlung Widener, die wie die Madonna
del Granduca der Florentiner Frühzeit an-
gehört.
Die Barbarossaburg in Gelnhausen
Die Grabungen und Bestandsaufnahmen,
die während dieses und des vergangenen Jah-
res im Auftrag des preußischen Kultusmini-
steriums im Bereich der Kaiserpfalz Barba-
rossas zu Gelnhausen vorgenommen wurden,
stehen jetzt vor dem Abschluß. Die Fest-
stellung von Bauteilen, die man bisher nicht
kannte und teilweise nur vermutet hatte, ver-
mittelt ein weit umfassenderes Bild der ge-
samten Anlage, als es bis jetzt bekannt war.
Die Bearbeitung der Ergebnisse wird in einem
Werk erfolgen, das in der vom Deutschen
Verein für Kunstwissenschaft herausgegebenen
Serie „Die deutschen Kaiserpfalzen“ erscheint.
Venezianische Kunstausstellung
ohne Deutschland
Die Leitung der venezianischen Kunstaus-
stellung ist durch die deutsche Botschaft in
Rom von dem Entschluß der Reichsregierung,
an der nächstjährigen Ausstellung wegen der
allgemeinen Wirtschaftslage offiziell nicht
teilnehmen zu wollen, in Kenntnis gesetzt
worden.
Gestohlene Meisterwerke
wiedergefunden
Nach mehrjährigen Recherchen ist es ge-
lungen, fünf im Jahre 1927 aus dem Moskauer
Museum gestohlene Gemälde in verlöteten
und vergrabenen Blechbüchsen beinahe unver-
sehrt wiederzufinden. Unter den Bildern be-
fanden sich Rembrandts „Christus“, Tizians
„Ecce homo“ und eine „Heilige Familie“ von
Correggio. Als Dieb wurde der russische
Künstler Kokozew verhaftet.
Die Einnahmen
der französischen Museen
Nach dem Etat der französischen National-
museen betragen deren Einnahmen im Jahr
1930 nicht weniger als 9 581 000 Franken. Die
Ausgaben machen 9 417 000 Franken aus. Unter

China-
Früh-Keramik, alte Bronzen,
Plastik, Porzellane, Stoffe, Tep-
piche, Möbel, Bilder, Halbedel-
steine, Elfenbeine usw.
Japan-
Holzschnitte, Netsukes,Tsubas,
Bilder usw.
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den Einnahmen stehen nach der „Deutsch-
französischen Rundschau“ diejenigen aus dem
Verkauf von Katalogen, Photographien, Post-
karten, Gipsabgüssen und Graphiken mit
5 697 000 Franken voran; es folgen 1443 000
Franken aus Eintrittsgeldern, 847 000 aus vor-
übergehenden Ausstellungen und 230 000 Fran-
ken aus Vorträgen. Für Ankäufe konnten da-
von 3 149 000 Franken verwendet werden.
Erwin Graf Nostitz j-
Erwin Graf Nostitz-Rieneck, der Eigen-
tümer der Nostitz-Galerie in Prag,
einer der ältesten und bekanntesten Samm-
lungen Böhmens, ist in Wien, im Alter von
69 Jahren, durch einen Schlaganfall dahin-
gerafft worden. Erwin Nostitz trat selbst als

mik ist ausverkauft. Die Stöße von Eskimo-
arbeiten sind bis auf das letzte Stück vergrif-
fen und die dänische Abteilung ist bis auf die
völkerkundlichen Gegenstände, an denen jetzt
fast durchweg der Zettel „verkauft“ prangt,
leer. Nach diesen Ergebnissen der Kolonial-
kunstausstellung Italiens ist es wohl nicht zu
bezweifeln, daß diese Ausstellung zu einer
regelmäßig wiederholten Dauereinrichtung
werden wird. G. R.
Münchener Chronik
Auf den durch den Tod Professor Spiegel-
bergs erledigten Lehrstuhl für Ägyptologie
und orientalische Altertumskunde an der Mün-
chener Universität wurde der Kustos der
Ägyptischen Abteilung der Staatlichen Museen

Raffael, Peruzzi-Madonna. Um 1505
Ausstellung — Exposition — Exhibition:
Gallery P. Jackson Higgs, New York


Sammler hervor. Vor nicht allzu langer Zeit
ist auf seine Veranlassung eine durchgreifende
Neuordnung der Galerie vorgenommen worden.
P.
Römische Kolonialkunst-Ausstellung
ausverkauft
Ausstellungserfolge sind gemeinhin selten.
Daß aber eine Ausstellung reinweg ausver-
kauft wird, stellt ein außerordentlich seltenes
Faktum dar. Es ist hier von der I. Internatio-
nalen Kolonialkunstausstellung in
Rom die Rede, die wir eingehend betrachte-
ten (vgl. Weltkunst, Nr. 42). Noch anderthalb
Monate nach der Eröffnung ist der Besucher-
strom, der alltäglich nach dem Ausstellungs-
palast zieht, nicht schwächer geworden und
ein Rundgang belehrt besser als alle Ziffern
einer Ausstellungsleitung es tun können: diese
römische Ausstellung ist vom Publikum glatt-
weg ausverkauft worden.
Die Kolonialkunstausstellung war auf der
Basis eröffnet worden, daß jedes - ..einzelne
Stück der Ausstellung verkäuflich sei. Das
Publikum hat gekauft, als sei durch Jahre hin-
durch ein Kaufverbot in Kraft gewesen. Das
Kunsthandwerk orientalischen Ursprunges war
in einem Maße gefragt, daß einzelne Abteilun-
gen kein Stück mehr in eigenem Besitz haben.
Um einige Beispiele aufzuführen: die gesamte
Kunstkeramik der Insel Rhodos ist bis auf
das letzte Stück verkauft und die Ausstellungs-
leitung hat bereits nach Rhodos telegraphiert,
um neue Sendungen zu erhalten. Die Rhodos-
teppiche sind trotz ihrer hohen Preise in
gleichem Maße gefragt gewesen, im Gegenteil,
es ist festzustellen, daß die besseren Qualitäten
in größerem Maße verkauft wurden. Ein
außerordentlich starkes Geschäft ist in Be-
duinenteppichen aus Kamelwolle gemacht wor-
den. Das Gouvernement von Cyrenaika hat be-
reits vierzehn Tage nach Eröffnung der Aus-
stellung neue Sendungen kommen lassen müssen,
die wiederum bereits in den ersten November-
tagen bis auf das letzte Stück vergriffen
waren. Tripolitanische und algerische Kera-

in Berlin, Prof. Dr. Alexander Scharff, be-
rufen. F.
Ausstattungen
Maria Slavona
Die Nationalgalerie hat die Reihe
ihrer Ehrenausstellungen durch eine Schau der
Werke von Maria Slavona fortgesetzt. Schade,
daß die Künstlerin, die im Mai d. J., 64 Jahre
alt, starb, eine solche Ehrung nicht selbst noch
erlebt hat. Man hätte sie ihr gegönnt, aus
Dank für die erfrischende Farbenfülle, durch
die ihre Bilder das Auge erquicken.
Ähnlich Heinrich Mann ist Slavona eine
französische Seele — aus Lübeck. Nur so ist zu
erklären, daß sie nicht nur in Frankreich lebte
und französisch malte, sondern auch von den
Franzosen so anerkannt wurde, daß sie jahre-
lang an den großen Pariser Ausstellungen teil-
nahm und in das Staatsmuseum moderner
Kunst aufgenommen wurde. Nun zeigt diese
Gesamtschau, daß Slavona nicht nur der Farbe
sondern auch dem Wesen nach französisch war:
ohne eine starke Gestalterin zu sein, begeht sie
doch kaum auf einem Bilde eine gaffe. Das
ist viel! Sie nimmt die Wirklichkeit naiv,
sieht sie und malt sie mit den Farben Manets,
Renoirs, Monets, ohne doch jemals ganz den
Wunsch nach einer deutschen Bildstruktur auf-
zugeben. Es ist eine glückliche Welt, die sie
zeigt, ohne Originalitätssucht, durch und durch
wahr, ohne kühne Griffe, aber doch: Leben.
Unter den Frauen, die in der deutschen modernen
Malerei etwas geschaffen haben, also neben Roll-
witz, Becker-Modersohn, Charlotte Berend, Nell
Walden, Rene Sintenis war sie eine Persönlichkeit
für sich. Bilder mit so viel Sex appeal der
Farbe werden noch lange die Menschen er-
freuen. Felix Stössinger
Paul Klee und George Kolbe
Eine besonders schöne Ausstellung bei
Flechtheim. Klees Schaffen ist ein künst-

lerisches Phänomen, das sich analytischer Er-
fassung nahezu entzieht. Unfaßbar die Fülle
der Produktion, unbegreiflich ihre stets gleich-
bleibende Qualität. Eine organische Welt, in
der die differentesten Elemente, aus denen
der Kunstkritiker seine Steckbriefe zusam-
menstellt, fugenlos verschmelzen. Man hat
die Kunst Klees literarisch genannt. Nichts
ist falscher. Der Bildinhalt ist bei Klee wich-
tig, gottlob, aber er findet eine adäquate
formale Ausdrucksform. Es bedarf nicht der
feinen Bildtitel (die aneinandergereiht eine
korrespondierende Folge subtilster Assozia-
tionen ergeben): der visuelle Eindruck deckt
sich mit der Beischrift, die nur bestätigt.
Der Einwand eines überfeinerten Individualis-
mus erledigt sich gleichfalls, denn Klees Werke
erfassen jedes unverdorbene Kunstempfinden.
Klees Werk ist eine Enzyklopädie des Mensch-
lichen (Heroisches, Lyrisches, Satirisches,
Großes und Kleines bestehen nebeneinander),
ein Breviarum der Nüancen, aus denen allein
Leben sich abschattiert. Die Überlegenheit
der Nüance über den nur grob absteckenden
Begriff erklärt bei Klee den unbegrenzten
Reichtum der Erfindung, der die feinsten
Emotionen einfängt und mit Mitteln, die stän-
dig wechseln, die je nach Bedürfnis geometri-
sche oder amorphe Formen verwenden, eine
Welt auf baut, die, geordneter und durch-
formter als die reale, sie und ihre viel-
fältigen Beziehungen erklärt.
Neben Klee eine kleine Schau von Ar-
beiten Kolbes. Beseelte Bewegung, bewegte
Ruhe, ruhende Spannkraft. Wohllaut der
Formen, die aus dem Rhythmus heraus
gestaltet sind. Schwingung, kreisende Drehung
im Raum um eine fühlbare Achse läßt
Körper elastisch wachsen und aufblühen.
Konsequente plastische Durchformung, nir-
gends ein Nachlassen, nirgends Unerreichtes,
Kolbe versteht den Torax; der große Torso
von 1930 ist grandios. In den Zeichnungen
Vereinfachung auf das Wesentliche, fortschrei-
tende Verschmelzung plastischer und ex-
pressiver Werte. K.
Weihnachtsausstellung
junger Künstler
Galerie Heinemann in München
Mit dieser umfangreichen und wirklich
sehenswerten Ausstellung will die bekannte
Galerie am Lenbachplatz ihr Teil dazu bei-
tragen, die große Not der Künstler zu mil-
dern. Die Aufforderung zur Beteiligung war
nur an junge, wirklich Begabte gerichtet, und
so ist denn auch das Niveau ein recht beacht-
liches geworden. Die Aussteller sind so gut
wie alle über das Stadium des heute nur zu
oft uferlosen Experimentierens hinaus und
ihre Werke sind die ausgeprägter Künstler-
persönlichkeiten, die auch diejenigen fesseln
werden, welche aus irgendeinem Grunde glau-
ben, die neuzeitliche Kunst ablehnen zu
müssen. Die Oelgemälde bilden die Mehrzahl,
aber auch Aquarelle, Graphik und Kleinplastik
sind gut, z. T. sehr gut vertreten. Wir werden
auf dieses verdienstvolle Unternehmen, dem
man schon seines guten Zweckes wegen besten
Erfolg wünschen muß, ausführlicher zurück-
kommen. L. F. F-

Winterausstellung in Nürnberg
Am 22. November wurde die diesjährig0
Winterausstellung Nürnberger Kunst, welch0
in der Kunsthalle am Marientor stattfindet,
eröffnet. Beteiligt sind die Nürnberger
Künstlergenossenschaft, die Nürnberger Se-
zession und die Nürnberger Künstlergrupp0
„Die Hütte“. Die Ausstellung setzt sich zu-
sammen aus Werken der Malerei, der
plastischen und der graphischen Kunst.

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Direktion und Schriftleitung: Dr. J. I. von S a x e. Redaktion: Dr. Werner Richard Deusch. Verantwortlich für Inhalt und Anzeigen: Fritz-Eduard Hartmann, Berlin-Friedenau. — Erscheint
Weltkunst-Verlag G. m. b. H., Berlin W 62. — Zuschriften sind an die Direktion der Weltkunst, Berlin W 62, Kurfürstenstraße 76—77, zu richten. Anzeigenannahme bis Donnerstag beim Weltkunst-Verlag. Inseratentarif au*
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