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DIE WELTKUNST

Jahrg. V, Nr. 51/52 vom 20. Dezember 1931

e» von Uebeitoll

30 Jahre Galerie Berthe Weill
Am 15. Dezember eröffnete die Galerie
Berthe Weill in den Ausstellungsräumen der
rue Lafitte anläßlich ihres dreißigjährigen Be-
stehens unter dem Titel „La joie de vivre“ eine
Schau, die Werke aller von ihr in den letzten
dreißig Jahren ausgestellten Künstlerpersön-
lichkeiten umfaßt. Andre S a 1 m o n hat den
Katalog mit charmanten Versen eingeleitet.
Berthe Weill, in unerschöpflichen Erinne-
rungen kramend, erzählt mit feinem Humor
vom ersten Zusammentreffen mit Picasso:
„Manach, der mit Picasso und Manolo ein
gemeinsames Atelier bewohnt, gibt mir ein
Rendez-vous, um Arbeiten Picassos anzusehen.
Ich steige also die sechs Treppen hinauf,
klingle . . . ., läute Sturm . . . ., nichts regt
sich. Wütend gehe ich hinunter, treffe Manach:
,Waren Sie schon oben? Picasso ist zu Hause.’
—■ ,Niemand ist da, ich habe ja geklingelt!’ —
,Aber ja, kommen Sie nur!’ — Wir steigen also
wieder hinauf, treten ein. In zwei alten Betten
entdecke ich zwei formlose Knäuel, die sich so
gut wie möglich zu verstecken suchen: Picasso
und Manolo. Diese beiden frechen Gauner
hatten sich den Spaß gemacht, mein wütendes
Gesicht zu zeichnen, als ich vergebens klin-
gelte — und das waren die ersten Picassos, die
ich zu sehen bekam.“

Vorentwurf, oder man läßt einen Vorentwurf
ausarbeiten, dann ist es gegenstandslos, die
vielen bayerischen Architekten durch einen
Wettbewerb um ihre Ideen zu befragen. Der
richtige Weg wäre der: erst einen Wettbewerb
und dann die Übertragung der Ausarbeitung
an einen bestimmten Architekten. Denn kaum
irgendwo hat die Idee eine größere Rolle zu
spielen wie hier und es ist klar, daß bei die-
sem „Dokument bayerischer Kunst“ das Kul-
tusministerium nicht peremtorisch verfahren
darf, sondern die Künstlerschaft ohne Ein-
schränkung zu Worte kommen lassen muß. Be-
sonders, nachdem es ihr versprochen wurde.
Unter den vielen Fragen, die bei diesem
Projekt auftauchen — Platzauswertung, Raum-
verteilung, Material usw. — ist die in die
dunkle Zukunft unserer Kunst verweisende
allein von solcher Bedeutung, daß sie auf dem
Verwaltungswege gar nicht entschieden wer-
den kann, die Frage: welche Wege wird künf-
tig das Ausstellungswesen einschlagen?
Die von den Künstlerverbänden einberufene
Protestversammlung, zu der auch Vertreter des
Staates und der Stadt geladen werden sollten,
wurde von der Polizeidirektion unter Hinweis
auf die Notverordnung (!) verboten: es könnte
auf dieser Versammlung an den Maßnahmen
der Regierung oder eines Ministeriums Kritik

wenn dies nicht gelingt, einen Geldgeber zur
Beleihung oder „Beteiligung“ zu veranlassen.
F.
Münchener Chronik
An der für 1932 unter der Leitung der Na-
tionalgalerie in Berlin geplanten Deutschen
Ausstellung in Oslo beteiligt sich auf Ein-
ladung auch die Städtische Galerie in München
mit Bildern von Gg. Schrimpf, Jos. Pilartz,
Günther Graßmann, Max Rauh, Frz. Doll und
Bronzen von J. A. Rauch und Toni Stadler.
Der in München lebende Maler Jan Tromp
Meesters hat für die Feier der 350jährigen
Befreiung seiner Vaterstadt Steenwijk in Hol-
land im spanischen Erbfolgekrieg den Auftrag
erhalten, eine Plakette zu schaffen. F.
Neuer Verkaufsweg
Im Wiener „H a g e n b u n d“ versucht
man seit jüngster Zeit auf eine bisher un-
gewohnte Art des Anreizens der Kauflust die
Werke der ausstellenden Künstler an den
Mann zu bringen. Von offiziellen Preisangaben
wird abgesehen. Der Interessent soll selbst
den Kaufpreis bestimmen. Fällt dieser unter
das vom Künstler angenommene Limit, wird
der Kaufantrag durch Anschlag kundgemacht,
so daß andere Anwärter die Möglichkeit haben,

Ausstellung
europäischer Bühnenkunst
In Bologna, dessen berühmtes Stadt-
theater, das erste, das in Italien Richard Wag-
ner aufführte, kürzlich abgebrannt ist, wird
eine Ausstellung veranstaltet, die einen Ueber-
blick über die Entwicklung der europäischen
Bühnenkunst seit 1600 geben soll. Unter den
Ausstellungsgegenständen, zu denen zahlreiche
theatergeschichtlich wichtige alte Stiche und
Musikhandschriften gehören, werden besonders
erwähnt Entwürfe des großen italienischen
Bühnenbildners Ferdinando Galli-Bibbiena, von
dessen Kunst neuerdings auch im Münchner
Theatermuseum Proben zu sehen waren, ein
unbekanntes Jugendbildnis Mozarts und das
Arbeitszimmer Rossinis.
Künstlerschaft gegen Kritik
Aus Protest gegen „sachunkundige und un-
fruchtbare Kritik bestimmter Presseorgane“
an der Ausstellung Kölner Künstler
1931 (vgl. „Weltkunst“ Nr. 50) haben etwa 50
Künstler der verschiedensten Richtungen ge-
meinsam ihre Arbeiten aus der Ausstellung des
Kölnischen Kunstvereins zurückgezogen und
erheben in einem ausführlichen Flugblatt Ein-
spruch gegen eine Form der Kritik, die „die
Auswirkungen ihrer künstlerischen Arbeit auf
die weiteren Kreise des Publikums in außer-
ordentlichem Maße schädigt“.
Die bereits seit Jahren in Fluß befindliche
Diskussion der Stellung des Kritikers zu dem
Künstler erfährt damit zum erstenmal in grö-
ßerem Ausmaße eine praktische Demonstra-
tion von Seiten der Künstlerschaft, ohne daß
es, ohne genaue Kenntnis der Hintergründe,
heute schon möglich wäre, zu diesem Falle
prinzipiell Stellung zu nehmen.
Der neue Glaspalast in München
Es will scheinen, daß. der bayrische Kultus-
minister übel beraten gewesen ist, als er die
'Ausarbeitung eines Vorprojektes für das neue
Kunstausstellungsgebäude kurzerhand Prof.
Abel von der Technischen Hochschule über-
trug (vgl. Nr. 49 d. „Weltkunst“). Man sagt
zwar, daß Prof. Abel bei seiner Berufung nach
München der erste Staatsbau versprochen wor-
den sei, der zur Errichtung käme. Jedenfalls
hat es unter diesen Umständen keinen Sinn zu
erklären, daß die Frage der etwaigen Ver-
anstaltung eines Wettbewerbes nach Her-
stellung des Vorentwurfes offen bliebe. Die
Sache liegt doch so: entweder man veranstal-
tet einen Wettbewerb, dann braucht es keinen


Osfasiatische
Kunst
CHINA-BOHLKEN
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Potsdamer Straße 16


Duccio di Buoninsegna, Versuchung Christi
Tentation de Jesus-Christ — Temptation of the Christ
Collection H. C. Frick, New York

geübt werden. Nun, die Notverordnung wurde
erlassen, um dem Reiche über die wirtschaft-
liche Krise hinwegzuhelfen und nicht um sich
in einer Angelegenheit, die nicht das mindeste
damit zu tun hat, dahinter zu verstecken. Da-
durch schadet man dem Ansehen dieser Ver-
ordnung !
Nunmehr veröffentlicht die Künstlerschaft
einen von nicht weniger als 23 Gruppen und
Vereinen unterzeichneten scharfen Protest, in
dem die unverzügliche Ausschreibung des
Wettbewerbes gefordert wird. Es wird darauf
hingewiesen, daß bei der absoluten Beschäfti-
gungslosigkeit der freien Architekten sich auch
die besten Kräfte beteiligen werden, so daß ein
Mißerfolg gänzlich ausgeschlossen wäre. Die
Kosten des Wettbewerbes kämen bei einer
Bausumme von 3 bis 4 Millionen nicht sonder-
lich in Betracht. Zum Schlüsse heißt es: „Nach
allem, was die Künstlerschaft Münchens und
Bayerns für die kulturelle Bedeutung Bayerns
geleistet hat, kann eine Ablehnung dieser be-
rechtigten Forderung überhaupt nicht in Frage
kommen.“ F.
Der „echte" van Dyck
Ein ungarischer Kunstmaler hat bei einem
Pfarrer in Buchloe einen „echten“ van Dyck
entdeckt und sich angeboten, den Verkauf zu
vermitteln. Als „Spesenvorschuß“ forderte er
1500 M, die ihm der Pfarrer in seiner Freude
über die Entdeckung auch aushändigte. Um das
Geld ist er natürlich geprellt. Da dies nicht
der einzige Fall dieser Art ist, gibt das Landes-
amt für Denkmalspflege bekannt, daß es
öffentlichen Stellen und Stiftungen unentgelt-
liche Auskunft gibt über Herkunft, Zeit und
Wert von Altertümern jeder Art, unter Um-
ständen unter Heranziehung anderer staat-
licher oder städtischer Kunstinstitute. — Es
wäre u. E. auch an der Zeit, einmal öffentlich
vor unberufenen Experten zu warnen, die
gegen entsprechende Bezahlung langatmige
Gutachten über jeden gewünschten Meister
ausstellen, die dann dazu verwandt werden,
einen arglosen Käufer hineinzulegen oder,

durch Ueberbietung ihres Vorgängers in den
Besitz des Kunstwerkes zu gelangen. Angeb-
lich soll man bereits in der vorletzten Aus-
stellung auf diese Weise schöne Verkaufs-
erfolge erzielt haben. P.-N.
Personalien
A. Haseloff und E. Panofsky, die Pro-
fessoren für Kunstgeschichte an den Univer-
sitäten in Kiel und Hamburg, halten auf Ein-
ladung der Universität New York im Winter-
semester 1931/32 daselbst Vorträge und Vor-
lesungen.
Dr. Richard Reiche, der- langjährige ver-
dienstvolle Leiter des Barmer Kunstvereins,
scheidet als Opfer der Notzeit von seinem
Posten, um seinem jüngeren Kollegen Dr.
D i r k s e n eine über 20 Jahre innegehabte
Stellung zu überlassen, die aus Gründen der
Ersparnis von diesem zusammen mit der
Direktion des städtischen Museums Wuppertal-
Elberfeld verwaltet werden wird. Man darf
aus den bisherigen Leistungen Dr. Dirksens die
Hoffnung ableiten, daß er auch das Erbe
dieser so völlig anders gearteten Sammlung in
demselben modernen und unternehmendem
Geiste wie sein Vorgänger fortführen wird.
Professor Behrendt Pick. Am 21. Dezem-
ber vollendete der Direktor des Herzog-
lichen Münzkabinetts in Gotha, Geh. Hof-
rat Prof. Dr. Behrendt Pick, das 70. Lebens-
jahr. Pick habilitierte sich 1889 in Zürich und
bekleidete dort von 1891—93 eine außerordent-
liche Professur; 1896 wurde er als Extraordi-
narius für Münzkunde nach Jena berufen und
dort 1911 zum ordentlichen Honorarprofessor
ernannt. Seit 1899 steht er dem bedeutenden
Gothaer Münzkabinett vor und ist gegenwärtig
auch mit der Leitung der Herzoglichen Biblio-
thek beauftragt. Sein Hauptarbeitsgebiet ist
die antike Münzkunde, sein wissenschaftliches
Hauptwerk der große Katalog der antiken
Münzen Nordgriechenlands, von dem bis jetzt
ein erster Band in zwei Teilen erschienen ist,
ferner stammen von ihm ein Buch über die

Münzkunde in der Altertumswissenschaft und
die Behandlung des römischen Münzwesens im
Handbuch der Staatswissensehaften; auch hat
er das von dem Leiter des athenischen Münz-
kabinetts, Johannes Svoronos, unvollendet
hinterlassene Werk über die Münzen von Athen
herausgegeben. Unseren Lesern ist Geh. Rt.
Pick durch seinen Aufsatz über das Gothaische
Münzkabinett bekannt geworden („Weltkunst“
Nr. 35).
Rudolf Schiestl, der bekannte Münchener
Maler, ist in Nürnberg im Alter von 53 Jahren
gestorben. Geboren in Würzburg, war SchiestL
hauptsächlich in München tätig, bis ihn 1910
ein Ruf als Professor für Graphik an die
Kunstgewerbeschule in Nürnberg erreichte.
Neben seiner Tätigkeit als Landschaftsmaler
zeichnete er sich vor allem auch als Buch-
illustrator aus.
Lesser-Ury-Gedenkausstellung
In der Nationalgalerie wurde am 19. De-
zember die bereits seit längerer Zeit angekün-
digte Gedenkausstellung für Lesser Ury er-
öffnet, die einen Querschnitt durch das Ge-
samtschaffen des Meisters legt. Wir kommen
in der nächsten Nummer auf diese Ausstellung
ausführlich zu sprechen.
Staatspreis für Bildhauer
Der Große Staatspreis der Preußischen
Akademie der Künste für Bildhauer ist nicht
zur Verleihung gelangt, dafür wurden drei Prä-
mien von je 1100 RM den Bildhauern Erich
Geiseier, Hans Mettel und Kurt Schu-
macher zugesprochen. Die Wettbewerbs-
arbeiten sind in den Vereinigten Staatsschulen
für freie und angewandte Kunst, Charlotten-
burg, Hardenbergstr. 33, bis 23. Dezember aus-
gestellt.

UNTER KOLLEGEN


Amerikanisches Arbeitstempo
Der etwas pompöse Besitzer eines großen
amerikanischen Warenhauses sieht im Pack-
raum eines Tages einen jungen Mann, der be-
quem auf einer großen Kiste sitzt und ver-
gnügt vor sich hin pfeift. Der Allmächtige
bleibt stehen und sieht ihn an:
„Wieviel verdienen Sie in der Woche?“
brüllt er.
„Fünf Dollars!“
„Well, hier sind fünf Dollars für eine
Woche Lohn. Und nun machen Sie, daß Sie
hier herauskommen!“
Dann wendet er sich an den Abteilungs-
leiter und fragt, natürlich so ungnädig wie
möglich:
„Wann haben wir den Burschen einge-
stellt?“
„Wir?“ kam die etwas erstaunte Antwort
zurück. „Wir haben ihn überhaupt nicht ein-
gestellt. Er hat gerade eine Kiste von einer
anderen Firma hier abgeliefert.“

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Direktion und Schriftleitung: Dr. J. I. von S a x e. Redaktion: Dr. Werner Richard Deusch. Verantwortlich für Inhalt und Anzeigen: Fritz-Eduard Hartmann, Berlin-Friedenau. — Erscheint nn:
Weltkunst-Verlag G. m. b. H., Berlin W 62. — Zuschriften sind an die Direktion der Weltkunst, Berlin W 62, Kurfürstenstraße 76—77, zu richten. Anzeigenannahme bis Donnerstag beim Weltkunst-Verlag. Inseratentarif auf
Verlangen. Abdruck von Artikeln nur mit Einverständnis des Verlags, auszugsweiser Nachdruck nur mit Quellenangabe gestattet. Haftung für unverlangt eingesandte Manuskripte wird nicht übernommen und jegliche Verantwor
tung, auch hinsichtlich des Veröffentlichungstermins und der Rücksendung, abgelehnt. Der Verlag übernimmt durch Erwerbung eines Manuskripts alle Verlagsrechte für dasselbe. Druck H. S. Hermann G. m. b. H., Berlin SW 19
 
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