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DIE W E L T K U N S T

Jahrg. XII, Nr. 1 vom 2. Januar 1938

Mit dieser Ausgabe beginnen wir das
I. Quartal 1958.
Wir bitten, die Abonnementsgebühr für das
I. Quartal 1938, sofern noch nicht bezahlt, im
Betrage von RM 4.50 (für Deutschland) oder
RM 4.40 (für das Ausland) bis zum 5. Januar
1938 unter Benutzung der beiliegenden Zahl-
karte einzusenden. Andernfalls werden wir
uns erlauben, am 15. Januar 1958 den Quartals-
betrag durch die Post nachnehmen zu lassen.
Der Jahresbeitrag für Deutschland beträgt
RM 18.—, für das Ausland RM 17.60. Die in
der jeweiligen Währung des Landes festge-
setzten Quartalsbeträge finden Sie im Titel
der Zeitschrift.

Brüsseler Gobelins, mit 30 000 M taxiert, klet-
terten zum höchsten Preis der Auktion, auf
65 000 M. Daß das Porzellan sich wieder sei-
nen festen Platz in den Herzen der Liebhaber
zurückerobert hatte, war nach den Ergebnis-
sen der vorjährigen Oppenheim-Versteigerung
bei J. Böhler in München als sicher vorauszu-
setzen. Aber die erzielten Preise übertrafen
doch immerhin die optimistischsten Erwartun-
gen, die man dieser Versteigerung, die mit
einem Gesamtergebnis von annähernd 1 Mil-
lion Mark abschloß, auf Grund des gewählten
Kunstgutes entgegenzubringen geneigt war. So
erinnern wir nur an Preise wie 16 000, 15 000
und 18 000 M für Gemälde von Netscher, Rous-
seau und van Loo, von 12 900, 6400, 5100 und
5000 M für vier Salzfässer von Jan Lutma
d. Ae., einen Augsburger Spitzpokal des frühen


Schwäbischer Meister um 1420—30, Maria.
H. 35 cm. Sammlung R. Platte, Berlin
(Foto Flasshaar)

18. Jahrhunderts, eine Nürnberger Silberschale
des späten 16. Jahrhunderts und ein Trink-
gefäß von 1564. Bei den Porzellanen: 15 200 M
für zwei frühe Meissener Kugelvasen, 3000 bis
4500 M für Kändler-Modelle, 3100—5300 M für
die Nymphenburger Gruppen der, „Vier Jah-
reszeiten“, 3700—4400 M für die Spitzenstücke
der Fuldaer Porzellanmanufaktur. Und was
diese Versteigerung für das Kunstgewerbe, be-
deutete die Auktion der Sammlung Theo Stroe-
fer-Nürnberg bei Julius Böhler in München
für die Gemälde: hier wurde der überhaupt
höchste Auktionspreis des Jahres erzielt,
90 000 M für ein kleines Knabenbildnis von
Frans Hals. Ein Rembrandt bezeichnetes
Stilleben kam auf 34 000 M, zwei Landschaften
von Jacob van Ruisdael auf 18 000 u. 15 000 M,
ein Rubens-Bildnis der Isabella Brant auf
18 000 M, ein Genrebild von Brouwer auf
14 200 M, ein Kircheninterieur von de Witte

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auf 13 000 M, ein Stilleben von van Beijeren
auf 12 800 M und drei kleine Täfelchen des
jüngern Brueghel auf 11 200 M. Und entspre-
chend waren die Preise für die niederlän-
dischen „Kleinmeister“, die sich durchweg
neben den Preisen auf den „internationalen“
Märkten sehen lassen konnten.
Für Graphik waren naturgemäß wieder die
Versteigerungen von Boerner in Leipzig maß-
gebend — wir brachten erst in Nr. 48/49 des
letzten Jahrgangs die außerordentlichen Be-
wertungen der Herbstauktion, darunter
18 000 M für Dürers „Adam und Eva“ — für-
neuere Graphik die Veranstaltungen bei Rein-
hold Pappel in Berlin, für Autographen, wo
sich ähnliche Tendenzen wie auf den anderen
Gebieten bemerkbar machen, die Versteige-
rungen bei Stargardt in Berlin. Und neben
diesen als Beispielen herausgegriffenen
Spitzenversteigerungen steht das weite Netz
der Auktionen, die in den verschiedenen
Städten des Reichs durch altrenommierte
Kunsthäuser durchgeführt werden.
So besteht für das deutsche Auktionswesen
alle Berechtigung, mit guten Hoffnungen in
das neue Jahr zu gehen. Und eine ganze Reihe
von Vorankündigungen läßt darauf schließen,
daß es an bedeutsamen Ereignissen nicht feh-
len wird. So sei hier wenigstens kurz auf die
Versteigerung der wunderbaren Skulpturen-
sammlung Georg Schuster-München durch Ju-
lius Böhler hingewiesen, aus der wir in den letz-
ten und dieser Nummer bereits Abbildungen
gebracht haben, auf die Auflösung der kost-
baren Silbersammlung eines Münchener Samm-
lers durch A. Weinmüller, auf das schöne Ma-
terial an Graphik und Handzeichnungen der
Romantikerzeit (darunter wichtige Blätter von
Runge), das C. F. Boerner in Leipzig für seine
Frühjahrsauktion vereinigt hat, und das wich-
tige Ereignis des westdeutschen Kunsthandels,
das die am 11. und 12. März in Köln bei Math.
Lempertz stattfindende Auktion alter Gemälde,
Holzbildwerke und alten deutschen Kunstge-
werbes zu werden verspricht.

Ein Frühwerk

(Foto Haberstock)

Neuordnung im Wiener Kunstgewerbe-Museuni

einigermaßen

ge-

Städel mit diesem Bild, welches das schwie-
rige und noch immer seiner endgültigen Auf-
klärung harrende Problem der künstlerischen

Bildteppiche aus deut-
und Schweizer Werk-
österreichische Glas-
14. Jahrhunderts und
und gotischer Gold-

in Fortsetzung der Neuordnung im Wiener
Österreichischen Museum für Kunst und Indu-
strie, die von der zeitlichen und örtlichen Zu-
sammengehörigkeit der Gegenstände ausgeht,
wurden nach mehrjähriger Vorarbeit sieben
weitere Säle durch den rührigen Direktor, Dr.
R. Ernst, der Oeffentlichkeit übergeben. Sie
enthalten Plastiken, Möbel und kunstgewerb-
liche Gegenstände von der Romanik bis zum
Klassizismus, deren Wirkung eine lockere Auf-
stellung zu steigern trachtet. An den vor zwei
Jahren eingerichteten vorderen Saal mit den

Entwicklung Giorgiones keineswegs verein-
facht, um eines der interessantesten Stücke
venezianischer Malerei bereichert worden ist.

Erzäh-
verinnerlichten,

Anton Graff, Kavalier in Rot. 106: 84,5 cm
Durch Galerie Haberstock (Berlin) in deutschen Privatbesitz übergegangen

spätantiken (koptischen) Geweben schließt ein
Raum mit hoch- und spätmittelalterlichem
Kunstgewerbe an. Wir begegnen da dem
einzigartigen Gösser Ornat (um 1230), der
Melker Kasel aus dem Anfang des 14. Jahr-
hunderts, den Faltstühlen aus Admont. Weiter
bemerken wir gewirkte
sehen, niederländischen
statten, farbenglutende
malereien des 15. und
Arbeiten romanischer
schmiedekunst. Der dritte und vierte Saal sind
hauptsächlich der Renaissance gewidmet unter
besonderer Berücksichtigung der ausklingen-
den Gotik im dritten Raum. Hier, wo die

schönsten spätgotischen Skulpturen des Muse-
ums und die spätgotischen Schränke der
Sammlung A. Figdor Platz gefunden haben,
befinden sich nunmehr auch die unicalen
Hafnerplastiken der Oelberggruppe aus Stift
St. Florian und der reichgeschnitzte „Möch-
linger Schrein“, der in der Karwoche als Ge-
häuse von Christi Leichnam diente. Wir er-
leben den Kontrast italienischer Plastik (Sar-
kophag aus der Werkstatt der Lombardi, Ter-
rakottabüsten von Alessandro Vittoria u. a.)
und italienischen Kunstgewerbes der Früh-
und Hochrenaissance. Im vierten Saal sind
besonders schöne österreichische Stücke unter-
gebracht, so eine sehr bildhafte, monumental
empfundene Glasmalerei mit der Geburt
Christi aus der Pfarrkirche zu Steyr, Meister-
werke der Goldschmiedekunst gleich dem
Haller Kelch und Proben der Hafnerei und
des Tischlerhandwerks (Möbel und Portal aus
Schloß Lusttal in Kärnten und Reliefintarsien
aus Eger). Der fünfte Saal, der schon vor
Jahren umgestellte sechste und ein Teil des
siebenten Sales zeigen die Entwicklung des
barocken Möbels und barocker Kleinkunst an
Hand von Musterbeispielen deutscher und
österreichischer Herkunft. Zu den Haupt-
stücken theresianischen Kunstgewerbes zählt
das Reliquiar von Mack, dem Hofjuwelier der
Kaiserin Maria Theresia. Im gleichen Raum
befindet sich das Reiseservice des Herzogs von
Reichstadt. Im achten Saal, der ausschließlich
vom Klassizismus beherrscht wird und in dem
es englische, französische und deutsche Bron-
zen und Möbel der Epoche zu betrachten gibt,
sind Arbeiten aus der Werkstatt David Roent-
gens zur Aufstellung gelangt, große figurale
Intarsien nach Gemälden von Januarius Zick,
ein Schreibschrank mit Musikwerk, beides aus

p, Drei Pferde mit Reitern. Holz, 47 :58 cm
Privatbesitz (zum Bericht S. 3) (Foto Besitzer)

Giorgiones?
Nachdem erst vor kurzer Zeit dem Bestand
der Londoner Nationalgalerie vier kleine Ta-
feln eingereiht worden sind, die mit dem Na-
men Giorgiones in Verbindung gebracht wur-
den, kommt aus Frankfurt a. Main die Nach-
richt, daß ein unlängst von dem Städelschen
Kunstinstitut erworbenes Gemälde diesem
Meister zugeschrieben wird. Als das Bild in
Berlin auftauchte, erschien sein künstlerischer
Wert infolge späterer starker Uebermalung
durchaus zweifelhaft. Bei der von dem Frank-
furter Restaurator Weber-Scheid durchgeführ-
ten Reinigung kam stellenweise die in aller
Frische erhalten gebliebene Vorzeichnung zu-
tage. Sie spricht für die Originalität des Bil-
des, das kein Werkstatterzeugnis und keine
Kopie ist, und wohl als eine der frühesten
venezianischen Landschaftsdarstellungen zu
gelten hat. Der Maler verband damit
die bisher in der italienischen Tafelmalerei
nicht nachgewiesene Schilderung der Legende
von Romulus und Remus und verschmolz Men-
schen und Natur zu einer Einheit, die trotz
noch quattrocentistisch anmutender
lungsfreudigkeit von einer
beseelten Haltung ist.
Ein Fluß, der die Land-
schaft durchzieht, war
von späterer Hand so
übermalt worden, daß
er streckenweise als Ra-
senfläche wirkte mit lan-
gen Schlagschatten. Die
Restauration ließ auch
die beiden im Wasser da-
hintreibenden nackten
Kinder hervortreten. Bei
der Schwierigkeit der
Zuschreibung an einen
der Forschung noch im-
mer so rätselhaften Mei-
ster wie Giorgione, von
dessen Werken so viel
verschollen oder zerstört
worden ist und von
dem nur wenige Bilder,
über deren Feststellung
die Meinung in Fach-
kreisen vielfach nicht
einig geworden ist, be-
kannt sind, wird eine Dis-
kussion über diese Zu-
schreibung nicht aus-
bleiben. Der kleine
sicherte Bestand an Gemälden des früh ver-
storbenen Malers kam nicht unversehrt und
nicht ohne fremde Zutaten auf uns. Fragen
der Echtheit wenden sich demnach hier mehr
an das Gefühl, als an den Verstand. Da der
stilistische Zusammenhang des neuen Bildes
selbst mit den Giorgione nur zugeschriebenen
Werken schwerlich zwingend nachzuweisen
sein dürfte, urkundliche Beglaubigungen aber
fehlen und auch kaum für die Zukunft zu er-
warten stehen, werden die Meinungen über
die Neuerwerbung für eine Weile wohl noch
■stark auseinander gehen müssen. Dies schließt
den erfreulichen Tatbestand nicht aus, daß der

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