27. März 1938
XII. JAHRGANG, Nr. 13
EINZIGE ILLUSTRIERTE WOCHENSCHRIFT FÜR KUNST / BUCH / ALLE SAMMELGEBIETE UND IHREN MARKT
ANERKANNTES ZENTRALORGAN FÜR SAMMLER, MUSEEN, BIBLIOTHEKEN, KÜNSTLER UND KUNSTHÄNDLER
Erscheint jeden Sonntag im Weltkunst-Verlag,
Berlin W 62, Kurfürstenstr. 76-77. In den Monaten Mai bis Oktober jeden
^Weiten Sonntag. Bankkonti: Deutsche Bank u. Diskonto-Gesellschaft, De-
positen-Kasse M, Berlin W 62, Kurfürstenstr. 115. Barclays Bank Ltd 262,
Kirkdale Sydenham, London S. E. 26. Postscheckkonti: Berlin 118054;
Den Haag 1455 12; Paris 1700 14; Prag 592 83; Wien 114783; Zürich 8159
Redaktion, Verlag und Lesesaal:
Berlin W 62, Kurfürstenstr. 76-77
Telefon: 25 22 28
Man abonniert beim Verlag, bei der Post oder bei den Buchhändlern.
Einzel-Nummer 35 Pfennige. Quartal für Deutschland inkl. Postzustellung
RM 4.50; Lieferung durch den Verlag im Umschlag RM 5.50; für das
Ausland (nur im Umschlag) RM 4.40; oder Tschechoslowakei Kc 50; Frank-
reich ffrs. 38; Holland hfl. 3.25; Schweiz sfrs. 7.70; Österreich öS. 9.—;
und die nicht angeführten Länder RM 440; Übersee $ 1.80
Galerie Haberstock
Berlin W 9, Bellevuestraße 15
sucht ständig zu kaufen:
Meisterwerke der Malerei
des 15. bis einschließlich
19. Jahrhunderts
Lebhafter deutscher Auktionsmarkt
Die Einheitlichkeit des Materials der
Sammlung' Schuster, deren internatio-
nal besuchte Versteigerung am 17. und
18. März bei Julius Böhler in München
zu einem ausgesprochenen Erfolg wurde (vgl.
unseren Bericht über den ersten Auktionstag
in Nr. 12), macht diese Veranstaltung beson-
ders geeignet für Feststellungen allgemeiner
Art. Viele hatten die Schätzungspreise, die
bei einem derartigen Material allerdings in
den meisten Fällen wegen Fehlens von Ver-
gleichsmöglichkeiten nur vage Hinweise dar-
stellen konnten, als übertrieben angesehen:
sie wurden durch die Versteigerung selbst
eines Besseren belehrt, denn gerade die höchst
taxierten Stücke überschritten, wie die Heilige
von Multschcr mit 75 000 RM (Frankfurt,
Stadt. Museum) oder Leinbergers Martinus-
Statue und Kruzifixus mit 46 000 RM (Frank-
furt) und 24 000 RM gegenüber Taxen von 18
und 12 000 RM ganz wesentlich die Voraus-
sagen. Als Symptom verdient dagegen immer-
hin festgestellt zu werden, daß von den auf
der Liste der national wertvollen Denkmäler
stehenden Stücken, außer den beiden eben ge-
nannten, keines den Taxpreis erreichen
konnte, soweit es nicht durch ein Museum er-
worben wurde. Daß also anscheinend die
Bindung doch manchen Privatsammler abhält,
für derartige Stücke größere Kapitalien anzu-
legen. Dies müßte im Interesse des Handels
zu allergrößter Vorsicht bei der Beurteilung
dessen mahnen, was wirklich im engsten Sinne
als unumgänglich „national wertvoll“ aner-
kannt wird. Wir nennen als Beispiele die
beiden „schönen Madonnen“, die mit 22 und
14 000 RM hinter den Schätzungen um 13 bzw.
4000 RM zurückblieben, den ..Rittei'“ vom
Meister der „Dangolsheimer Maria“ mit
5200 RM (gegenüber 15 000 RM Taxe), die
Muttergottes von Friedrich Schramm von Ra-
vensburg mit 15 000 RM (gegenüber 25 000 RM),
dagegen aber den Meister der Biberacher
Sippe, der gegenüber einer Taxe von 8000 RM
Vom Museum der Stadt Biberach mit 14 000 RM
erworben wurde, während zwei der „national
Wertvollen“ Kunstdenkmäler, die Pieta des Eris-
kircher Meisters und der Landshuter Georg
"in 1500 überhaupt nicht zugeschlagen werden
konnten. Das muß zu denken geben, wenn
Ulan daneben die bereits erwähnte Tatsache
berücksichtigt, daß beinahe alle übrigen
Stücke über die Schätzungen gingen, diese
Schätzungen also als voll berechtigt anerkannt
Worden dürfen. Als besonders markante Bei-
spiele solcher Höherbewertung möchten wir
iluf das Beispiel des Vesperbildes des anony-
men „Meisters von Rabenden“ hinweisen, das
Henri-Pierre Danloux, Der Chinese A’Kao. 1793. 87 : 66 cm. Versteigerung: M e Michel Bivort,
M. Max-Kann, Paris, Galerie Charpentier, 31. März 1938 (Foto Max-Kann)
bei einer Schätzung von 18 000 RM erst bei
67 000 RM vom M useum in Cleveland erwor-
ben werden konnte (Abb. S. 2), auf die kleine
französische Elfenbeinmadonna um 1550 mit
6400 gegenüber 3500 RM. die Heiligenbüste
von Ignaz Günther mit 7200 gegenüber
5500 RM (Bayr. Nat. Museum) oder, das viel-
leicht bezeichnendste, aus vielen Möglichkeiten
herausgegriffene Beispiel, das kleine süd-
deutsche Bronzekruzifix, das mit einem Preis
von 1300 RM. die Schätzung um über das Zehn-
fache übertraf (s. Abb. S. 2). Ebenso erging
es dem wohl nordfranzösischen Bildnis einer
alten Frau (Abb. in Nr. 6 der ..Weltkunst“),
das bei 6400 RM seine Taxe um 2900 RM über-
stieg, während wiederum für die deutschen
Barock-Bilder eine fast unbegreifliche Zurück-
haltung des sammelnden Publikums zu kon-
statieren war.
Im ganzen betrachtet, war diese Versteige-
rung wiederum ein stolzes Zeichen für die
wirkliche Aufnahmefähigkeit des deutschen
Marktes für „schwere“ Sammlerware. Denn
es ist bezeichnend, daß gerade die teuersten
Stücke die stärkste Konkurrenz erzeugten.
Dies ist ein Symptom, das man auch auf an-
deren Versteigerungen gegenwärtig immer
wieder beobachten kann, zuletzt auf der Auk-
tion bei L em pertz in Köln (vgl. Preis-
bericht in Nr. 12), wo die Madonna von Cra-
nach 27 000 RM, die beiden Kleinplastiken
„Adam und Eva“ 10 500 RM, ein Relief aus
dem Kreis des Veit Stoss 6800 RM und die
niederländischen Gemälde ansehnliche Preise
erzielten. So ist zu erwarten, daß auch die
in diesem Frühjahr auf diese glücklichen
Auftakte folgenden Versteigerungen in einer
Zeit bester Kunstkonjunktur sich abspielen
werden.
Auflösung der Hearst-
Kunstsammlungen
Die Tatsache der bevorstehenden Auflösung
der riesigen Kunstsammlungen des Zeitungs-
magnaten Randolph William Hearst ist an
dieser Stelle bereits kürzlich gestreift worden.
Als Grund werden naturgemäß, wie immer in
diesen Fällen, die verschiedensten Argumente
ins Feld geführt: Nachlassen der Sammel-
freude, Steuerschulden, Erwägungen über die
Erbschaftssteuer und dergleichen mehr. Wie
die Motive auch seien: es ist wohl kaum je-
mals ein so umfangreicher Kunstbesitz zur
Auflösung gelangt. Er wird, soweit dies über-
haupt zu übersehen ist, was bei der von Hearst
geübten Geheimniskrämerei nicht einfach ist,
auf etwa 15 Millionen Dollar geschätzt. Eine
einheitliche Linie von Interessen, die den
Sammler geleitet haben, ist schwer festzustel-
len: es gibt kaum ein Gebiet, das nicht, und
das nicht mit musealen Stücken, vertreten
wäre. Darüber wird wohl erst der im De-
zember begonnene Gesamtkatalog über sämt-
liche Werke, die sich in dem Schloß in Kali-
fornien, in New York und in Schottland be-
finden, wirklichen Aufschluß geben können.
PAUL TIECKE
Berlin W 9, Lennöstraße 8
(WILHELM BÖHLER)
INHABER KARL FISCHER
Berlin IV 62, KurfUrstensfr. 104 - Telefon: 2417 68
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Gemälde alter Meister / Plastik: Aug. Gaul / Gobelins
Tel.: B 2 Lülzow 0562
FI^CHFP-RnHS FR Antiquitäten I Elegante Einrichtungen des iß.Jahrh.
Spezialität: Gefaßte Möbel und Fayencen
ANKAUF München / Brienner Straße 3
XII. JAHRGANG, Nr. 13
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Ausland (nur im Umschlag) RM 4.40; oder Tschechoslowakei Kc 50; Frank-
reich ffrs. 38; Holland hfl. 3.25; Schweiz sfrs. 7.70; Österreich öS. 9.—;
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des 15. bis einschließlich
19. Jahrhunderts
Lebhafter deutscher Auktionsmarkt
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nal besuchte Versteigerung am 17. und
18. März bei Julius Böhler in München
zu einem ausgesprochenen Erfolg wurde (vgl.
unseren Bericht über den ersten Auktionstag
in Nr. 12), macht diese Veranstaltung beson-
ders geeignet für Feststellungen allgemeiner
Art. Viele hatten die Schätzungspreise, die
bei einem derartigen Material allerdings in
den meisten Fällen wegen Fehlens von Ver-
gleichsmöglichkeiten nur vage Hinweise dar-
stellen konnten, als übertrieben angesehen:
sie wurden durch die Versteigerung selbst
eines Besseren belehrt, denn gerade die höchst
taxierten Stücke überschritten, wie die Heilige
von Multschcr mit 75 000 RM (Frankfurt,
Stadt. Museum) oder Leinbergers Martinus-
Statue und Kruzifixus mit 46 000 RM (Frank-
furt) und 24 000 RM gegenüber Taxen von 18
und 12 000 RM ganz wesentlich die Voraus-
sagen. Als Symptom verdient dagegen immer-
hin festgestellt zu werden, daß von den auf
der Liste der national wertvollen Denkmäler
stehenden Stücken, außer den beiden eben ge-
nannten, keines den Taxpreis erreichen
konnte, soweit es nicht durch ein Museum er-
worben wurde. Daß also anscheinend die
Bindung doch manchen Privatsammler abhält,
für derartige Stücke größere Kapitalien anzu-
legen. Dies müßte im Interesse des Handels
zu allergrößter Vorsicht bei der Beurteilung
dessen mahnen, was wirklich im engsten Sinne
als unumgänglich „national wertvoll“ aner-
kannt wird. Wir nennen als Beispiele die
beiden „schönen Madonnen“, die mit 22 und
14 000 RM hinter den Schätzungen um 13 bzw.
4000 RM zurückblieben, den ..Rittei'“ vom
Meister der „Dangolsheimer Maria“ mit
5200 RM (gegenüber 15 000 RM Taxe), die
Muttergottes von Friedrich Schramm von Ra-
vensburg mit 15 000 RM (gegenüber 25 000 RM),
dagegen aber den Meister der Biberacher
Sippe, der gegenüber einer Taxe von 8000 RM
Vom Museum der Stadt Biberach mit 14 000 RM
erworben wurde, während zwei der „national
Wertvollen“ Kunstdenkmäler, die Pieta des Eris-
kircher Meisters und der Landshuter Georg
"in 1500 überhaupt nicht zugeschlagen werden
konnten. Das muß zu denken geben, wenn
Ulan daneben die bereits erwähnte Tatsache
berücksichtigt, daß beinahe alle übrigen
Stücke über die Schätzungen gingen, diese
Schätzungen also als voll berechtigt anerkannt
Worden dürfen. Als besonders markante Bei-
spiele solcher Höherbewertung möchten wir
iluf das Beispiel des Vesperbildes des anony-
men „Meisters von Rabenden“ hinweisen, das
Henri-Pierre Danloux, Der Chinese A’Kao. 1793. 87 : 66 cm. Versteigerung: M e Michel Bivort,
M. Max-Kann, Paris, Galerie Charpentier, 31. März 1938 (Foto Max-Kann)
bei einer Schätzung von 18 000 RM erst bei
67 000 RM vom M useum in Cleveland erwor-
ben werden konnte (Abb. S. 2), auf die kleine
französische Elfenbeinmadonna um 1550 mit
6400 gegenüber 3500 RM. die Heiligenbüste
von Ignaz Günther mit 7200 gegenüber
5500 RM (Bayr. Nat. Museum) oder, das viel-
leicht bezeichnendste, aus vielen Möglichkeiten
herausgegriffene Beispiel, das kleine süd-
deutsche Bronzekruzifix, das mit einem Preis
von 1300 RM. die Schätzung um über das Zehn-
fache übertraf (s. Abb. S. 2). Ebenso erging
es dem wohl nordfranzösischen Bildnis einer
alten Frau (Abb. in Nr. 6 der ..Weltkunst“),
das bei 6400 RM seine Taxe um 2900 RM über-
stieg, während wiederum für die deutschen
Barock-Bilder eine fast unbegreifliche Zurück-
haltung des sammelnden Publikums zu kon-
statieren war.
Im ganzen betrachtet, war diese Versteige-
rung wiederum ein stolzes Zeichen für die
wirkliche Aufnahmefähigkeit des deutschen
Marktes für „schwere“ Sammlerware. Denn
es ist bezeichnend, daß gerade die teuersten
Stücke die stärkste Konkurrenz erzeugten.
Dies ist ein Symptom, das man auch auf an-
deren Versteigerungen gegenwärtig immer
wieder beobachten kann, zuletzt auf der Auk-
tion bei L em pertz in Köln (vgl. Preis-
bericht in Nr. 12), wo die Madonna von Cra-
nach 27 000 RM, die beiden Kleinplastiken
„Adam und Eva“ 10 500 RM, ein Relief aus
dem Kreis des Veit Stoss 6800 RM und die
niederländischen Gemälde ansehnliche Preise
erzielten. So ist zu erwarten, daß auch die
in diesem Frühjahr auf diese glücklichen
Auftakte folgenden Versteigerungen in einer
Zeit bester Kunstkonjunktur sich abspielen
werden.
Auflösung der Hearst-
Kunstsammlungen
Die Tatsache der bevorstehenden Auflösung
der riesigen Kunstsammlungen des Zeitungs-
magnaten Randolph William Hearst ist an
dieser Stelle bereits kürzlich gestreift worden.
Als Grund werden naturgemäß, wie immer in
diesen Fällen, die verschiedensten Argumente
ins Feld geführt: Nachlassen der Sammel-
freude, Steuerschulden, Erwägungen über die
Erbschaftssteuer und dergleichen mehr. Wie
die Motive auch seien: es ist wohl kaum je-
mals ein so umfangreicher Kunstbesitz zur
Auflösung gelangt. Er wird, soweit dies über-
haupt zu übersehen ist, was bei der von Hearst
geübten Geheimniskrämerei nicht einfach ist,
auf etwa 15 Millionen Dollar geschätzt. Eine
einheitliche Linie von Interessen, die den
Sammler geleitet haben, ist schwer festzustel-
len: es gibt kaum ein Gebiet, das nicht, und
das nicht mit musealen Stücken, vertreten
wäre. Darüber wird wohl erst der im De-
zember begonnene Gesamtkatalog über sämt-
liche Werke, die sich in dem Schloß in Kali-
fornien, in New York und in Schottland be-
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PAUL TIECKE
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