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DIE W E L T K U N S T

Jahrg. XII, Nr. 2 vom 9. Januar 1958

exakt wiedergegebenen Dogana und S. Giorgio
Maggiore enthüllt deutlich den Unterschied
zwischen diesem noch zu wenig erkannten
Künstler und Antonio Canale, seinem Zeit-
genossen. Die Vedutenkomposition beherrscht
noch nicht die ganze Bildfläche. Die linke
Seite des Bildes mit den Kähnen und dem
großen Segelboot, dessen Takelage in hellstes
Sonnenlicht getaucht ist, bringt noch eine
lebhaftere, fast barocke Note in das Bild, die
von den Segelbooten rechts noch einmal auf-
genommen wird. Dazwischen schweben über
der Lagune die zart gezeichneten und kolo-
ristisch aufs feinste abgestimmten Bauten wie
bei Canale; aber auch Farbe und Zeichnung
des Gewässers zeigt eine fast schüchterne Art
der Wiedergabe, wie von etwas noch Unge-
wohntem, die noch weit entfernt ist von der
virtuosen Behandlung der Wasserfläche, wie
sie Belotto und Guardi bringen. Das Bild ist
in herrlichem Zustand, es war unberührt unter

Lucas Cranach d. Ae., Anbetung des Kindes
Wien, Kunstha nd e I (Foto Lucas-Galerie)


einer dünnen Schicht alten Firnisses. (Lein-
wand, 62X98.)
Es ist erfreulich, nach der großen, umfas-
senden Cranach-Ausstellung in Berlin zu zei-
gen, daß gelegentlich doch wieder ein Bild
dieses Meisters frei wird. Die kleine „An-
betung des Kindes“, die wir hier abbilden und
sich nur kurze Zeit im Besitz der Galerie St.
Lucas befand, zeigt den Stil des Meisters aus
den Jahren um 1515. Das Nachtstück um-
schließt die Hauptszene mit den liebevoll aus-
geführten Details, die Gruppe der durch das
Fenster blickenden Hirten, und neben dem
belichteten Berg mit der Verkündigung an
die Hirten, im Halbdunkel noch ferne Ge-
bäude und den Wald in der zauberhaften Aus-
führung, einem Charakteristikum der Donau-
schule. (Holz, 28X10 cm.)
Mit besonderer Freude erfüllt es uns, einen
der vier Fach e r flügel vorlegen zu können
(s. Abbildung), die aus dem Kloster Willen in
Tirol abgegeben wurden. In der Sammlung
des Stiftes waren diese Tafeln wohl wenig ge-
sehen worden, und es muß diesem Verkauf
von Klosterkunstgut nicht nachgetrauert wer-
den, denn zwei der Bilder wurden für das
kunsthistorische Museum in Wien gesichert,
eines kam ins Museum Ferdinandeum in Inns-
bruck und das vierte wurde der Galerie St.
Lucas, der es gelungen war, die Transaktion
mit dem Kloster durchzufuhren —- eine Trans-
aktion, die auch die Erwerbung des weltbe-
rühmten Wittener Kelches für das kunsthist.
Museum in Wien einschließt — für den Ver-
kauf freigegeben. Die heilige Barbara ist ein
Bild, das den reizvollsten Typus gotischer Hei-
ligendarstellungcu repräsentiert: eine unend-
lich anmutig stilisierte Porträtdarstellung. Von
blauem Grund hebt sich das feine Gesicht
mit zartem Hals ab; das warme Hot des Ge-
wandes, von weißem Pelz bordiert, wird vom
grünen .Mantel wirkungsvoll umrahmt. Das
lebhafte Rot kehrt auf dem Dach des Turmes
wieder. Edelste Sorgfalt zeigt sich in der Aus-
führung der Beigaben, der Krone, der gläser-
nen Kugeln an dem Türmchen und in der Art,
wie der Kelch ein eigenes Postament an der
Basis des Turmes besitzt. Auch dieses Bild
hat schon seinen Platz in einer bedeutenden
Sammlung gefunden. L. F.-B.
Plastiker und Maler
Proben neuerer Arbeiten von Bildhauern
und Malern, die sich im deutschen Kunstleben
bereits einen Namen gemacht haben, zeigt
eine neue Ausstellung der Galerie Karl
Buchholz in Berlin. Die recht sorgsam
ausgewählte kleine Schau bringt keine Ueber-
raschungen, aber sie bestätigt in ausgezeich-

neten Formungen von Philipp Harth, Hermann
Geibel und Kurt Zimmermann die Gültigkeit
des plastischen Schaffens für die Kunst in un-
serer Zeit. Man sieht hier auch wieder eine
Reihe der kleinen Tiere von Renee Sintenis,
die sich in der Gestalt eines Fohlens in größe-
rer Form versucht. Von den Malern zeigt
E. R. Weiss eine neue Komposition „Brot und
Wein“ und einige in den Farbstufen klangvoll
abgestimmte Stilleben. Ein eindringliches
Selbstbildnis stellt Peter Ludwig Kowalski aus.
In einer Frau mit Maske, einem Stilleben mit
Fischen und zwei Landschaften vereinigt Emil
van Hauth koloristisch starke Flächen zu einer
die wesentlichen Züge charakteristisch heraus-
hebenden Bildform. Auch bei Otto Geigen-
berger liegt die Betonung im Farbigen, be-
sonders glücklich in dem „Kanal in Dordrecht“.
Die beiden kleinen reizvollen Oeldarstellungen
des Düsseldorfers Theo Champion, die „Frau
im Garten“ von Otto Herbig und eine Land-
schaft von Max Kaus geben eine gute Vor-
stellung von der Art dieser Künstler.
11 ans Zeeck

Ein Jahr Hilfswerk
für bildende Kunst
Die an das durch Reichsminister Dr. Goeb-
bels im Dezember 1956 ins Leben gerufene
„H i 1 f s w e r k für Deutsche bildende
Kunst in der NS. - V o 1 k s w o h 1 f a h r t“
geknüpften Erwartungen haben sich bereits
innerhalb Jahresfrist erfüllt. In zwölf "großen
Städten des Reiches fanden bisher Ausstellun-
gen statt, für die das Hilfswerk die Kosten für
Verpackung, Transport und Propaganda über-
nahm. Eine Besucherzahl, die das erste
Hunderttausend erheblich überschritt, und
Verkäufe, welche an einzelnen Orten bis zu
80% des Ausstellungsgutes aufnahmen, waren
schlagende Beweise für das große Interesse an
diesen Veranstaltungen. Auf der Berliner
Hilfswerksausstellung, die zeitlich mit vielen
anderen Kunstausstellungen in der Reichs-
hauptstadt zusammentraf, wurden z. B. von
318 Kunstwerken 142, also nahezu die Hälfte,
zu angemessenen Preisen verkauft. Wie in
allen Fällen floß auch hier der Erlös unge-
schmälert den Künstlern zu. Von ihnen haben
sich im abgelaufenen Ausstellungsjahr 1412
mit 2264 Bildern, Plastiken und Graphiken
beteiligt. Da die durch Verkäufe in steter Um-
wandlung befindlichen Veranstaltungen auch
für jede Stadt wieder nach örtlichen Gesichts-
punkten ergänzt werden müssen, fand durch
sie der Ausstellungsgedanke eine neue Be-
lebung. Das für 1958 bereits festgesetzte Pro-
gramm des Hilfswerks, das wieder alle Künst-
ler zur Teilnahme auffordert, sieht zunächst
Ausstellungen in Bielefeld und Breslau vor.
Da bei dem Hilfswerk, wie Prof. Schweitzer-
Mjölnir wiederholt betonte, auch ferner der
Akzent auf dem Worte Kunst liegen und für
die Auswahl unter den Einsendungen lediglich
die Qualität entscheidend bleiben wird, wer-
den seine Ausstellungen auch im neuen Jahre
unter dem Zeichen wachsender Anteilnahme
und steigender Erfolge stehen.


Stehende Muttergottes mit Kind
Mittelrhein. Anf. 15. Jahrhundert
Kunsthaus A. B roo; Berlin (Foto Schulz)

Alte
Gemälde in
Rotterdam
Die Fa. P. de Boer
(Amsterdam) stellt in
den Weihnachtswochen
im Rotterdamsche Kunst-
kring ein kleines, doch
höchst beachtenswertes
Ensemble alter Ge-
mälde aus. Man findet
hier u. a. das große
Blumenstück von van
Beyeren aus der ehema-
ligen Sammlung Stroe-
fer-Nürnberg, eine 1646
datierte Ansicht von
Rhenen von van Go-
yen, ein hervorragendes
Exemplar eines büßen-
den Franziskus von
Greco, Rembrandts Früh-
werk „Der Zorn des
Ahasver“ von 1626, ein
Damenbildnis von Tin-
toretto aus englischem
Privatbesitz, zwei bedeu-
tende Bilder von Jan
Steen und Arbeiten von
Ä. van Ostade und
J. Ochtervelt.


Michael Pacher, Heilige Barbara
Wien, Kunstha. ndel .

(Foto Lucas-Gal.)

Indonesische Kunst

Durch das Entgegenkommen Barons Edu-
ard von der Heydt, dem eine große Anzahl
deutscher Museen Leihgaben verdanken, kam
eine Sammlung von rund 80 indonesischen
Textilien in das Städtische Museum für Kunst
und Kunstgewerbe in Wuppertal-Elberfeld. In
einem Zentrum der Textil-Industrie und des
Textilhandels, wie es Wuppertal ist, fand die
Ausstellung der Leihgaben im Museum leb-
haftes Interesse; durch Leihgaben des Rauten-
strauch- Joest-Museums in Köln von Waffen,
Schatten- und Handspielfiguren wurde die
Schau bereichert. Um den Besuchern die nöti-
gen Erläuterungen beim Studium dieser kunst-
vollen indonesischen Frauenarbeit zu geben,
ließ Baron von der Heydt einen Führer durch
seine Stoff-Sammlung für das Museum
drucken, der von Prof. Johann Louber,
früher Lehrer an der Elberfelder Kunst-
gewerbeschule, verfaßt wurde, einem ausge-
zeichneten Sachverständigen auf dem Gebiet
des indonesischen Kunsthandwerks, der bereits
durch zahlreiche Veröffentlichungen und
durch eigene Arbeiten in der Technik des
Batikens hervorgetreten ist. Vorzügliche Auf-
nahmen der- prächtigen Stoffe durch den
Photographen Walther Richter, Wuppertal,
geben dem wissenschaftlich bearbeiteten Kata-
log eine lebendige Ergänzung.

Italienische Kunst
Aus ungarischem Privatbesitz
Der Kunstverein Nemzeti Szalon (Na-
tionaler Salon) eröffnete Mitte Dezember in
seinen Räumen eine interessante Ausstel-
lung alter italienischer Kunst aus
ungarischem Privat besitz, die von
Dr. Elek Petrovics, dem früheren General-
direktor des Museums der bildenden Künste,
veranstaltet wurde. Aehnlich wie im Falle
der Biedermeier-Ausstellung handelt es sich
auch hier um der Oeffentlichkeit nur schwer
oder überhaupt nicht zugängliches Material,
wodurch der große Wert der Veranstaltung
bereits von vornherein festgelegt ist. Da ita-
lienische Kunst in Ungarn stets gerne gesam-
melt wurde, ist eine recht ansehnliche Schau
zusammengekommen, die Material vom 15. bis
zum 18. Jahrhundert vereinigt und aus der
besonders die Bronzen der Sammlungen Dr.
Delmär und Dr. Wittmann, ferner Gemälde
aus dem Besitz Baron Hatvany’s und Baron
Herzog’s hervorragen. Dr. E. M. Hajos
Burlgt. Fine Arts Club
Als Auftakt zu der großen Barock-Ausstel-
lung im Burlington House, über die in der

nächsten Nummer ausführlich berichtet wird,
veranstaltete der Burlington Fine Arts Club
in London aus Privatbesitz eine bewunderns-
wert schöne Ausstellung von, hauptsächlich
kunsthandwerklichen, Arbeiten der Hoch-
renaissance. Die Periode Heinrichs II. steht
im Mittelpunkt mit erlesenen Tapisserien, Ke-


Rüstung König Heinrichs II. von Frank-
reich. Um 1545. Leihgabe von J. J. Astor für die Aus-
stellung des Burlington Fine Arts Club,

London

(Foto Burl. Fine Arts Club)

ramiken, Limoges-Arbeiten und Rüstungen,
unter denen eine Vollrüstung des franzö-
sischen Königs, um 1545. aus dem Besitz von
Major J. j. Astor, eine Vorrangstellung ein-
nimmt. Unter den Gemälden findet man das
zauberhafte, rätselvolle, unter dem Namen
„Temple Newsam Titian“ bekannte Bildnis
eines jungen Mannes — bald Giorgione, bald
Tizian oder Palma Vecchio zugeschrieben —
aus der Sammlung Lord Halifax, aus dessen
Besitz auch ein interessantes niederländisches
Bildnis Maximilians des I. zu sehen ist.

Steuerberatang
Steuerersparnis, wenn die eigenen
Kinder des Kunsthändlers im Be-
triebe beschäftigt werden?
Der Kunsthändler beschäftigt oft seinen eigenen
Sohn bezw. seine Tochter in seinem Geschäft. Er stellt
in einem solchen Fall die Frage, ob er nicht die Kosten,
die ihm durch diese Beschäftigung der Kinder entstehen,
als Betriebsausgaben absetzen könne, denn er steht
auf dem an sich verständlichen Standpunkt, daß er ja
fremde Arbeitskräfte anstellen müsse, wenn er seine
Kinder nicht im Geschäft hätte, und daß die Kosten,
die durch die Beschäftigung fremder Angestellter ent-
stehen, ja auch als Betriebsausgaben abzugsfähig sind.
Die Frage nach der Abzugsfähigkeit
der Kosten, die durch die Beschäfti-
gung der eigenen Kinder entstehen, ist
grundsätzlich zu bejahen. Allerdings gilt
dies nur hinsichtlich des Barlohnes bezw. Bar-
gehalts, nicht dagegen auch hinsichtlich der freien
Station. Letztere ist vielmehr nicht abzugsfähig. Vor-

aussetzung für die Abzugsfähigkeit des Lohnes bezw.
Gehalts ist aber, daß der Sohn bezw. die Tochter eine
Steuerkarte besitzt, daß für sie die Sozialversicherungs-
beiträge bezahlt werden und daß schließlich gegebenen-
falls der Arbeitspaß vorliegt.
Wenn letztere Voraussetzungen nicht erfüllt werden,
sind die Kosten der Beschäftigung der eigenen Kinder
nicht abzugsfähig, auch wenn der den Kindern ge-
währte Arbeitslohn das übliche Maß nicht übersteigt.
Man wird nun die Frage aufwerfen, ob es vorteil-
hafter ist, die Kinder fest anzustellen, für sie die
Sozialversicherungsbeiträge zu bezahlen und die Kosten
ihrer Beschäftigung als Betriebsausgaben abzuziehen.
Diese Frage wird man regelmäßig verneinen müs-
sen. Man wird leicht mit dem Bleistift
in der Hand ausrechnen können, daß
allein die Sozialversicherungsbei-
träge die steuerlichen Ersparnisse
überwiegen, es sei denn, daß das gewährte Ge-
halt einen höheren Betrag erreicht.
Diplomwirtschafter Bruno Stender

MARIA ALMAS
München • Ottostrasse 1b

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