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2

DIE WELTKUNST

Jahrg. XII, Nr. 12 rom 20. März 1938


Lukas Cranach d. Ae., Maria mit Kind. 75:58 cm
Erzielte auf der Versteigerung bei Math. Lempertz, Köln a. Rh., 11.—12. März
1938: M 27 000 (Foto Lempertz)

Vergangenheit der Stadt, die bisher überhaupt
zu sehen gewesen ist. Gewiß hat schon die
vorjährige Ausstellung des Ottocento in Ne-
apel gute Vorarbeiten geleistet. Aber die
Schule von Neapel, Italiens jüngste, doch frag-
los nicht unwichtigste Malerei, konnte erst
klar erkannt werden, wenn von 1600 an das
Wichtigste und Typischste zusammengetragen
wurde. Gerade die Bilder, die aus der Schule
von Neapel stammen, sind aber stärker als
alle anderen auf Italien und die Welt ver-
streut. Wenn es trotzdem gelungen ist, etwa

Die Auktionssaison, die mit den beiden
großen Versteigerungen bei Lempertz und
Böhler so vielversprechend eingesetzt hat,
gewinnt in den nächsten Wochen, wie die vor-
liegenden Ankündigungen beweisen, an Dichte.
In Berlin bringt Hans W. Lange am 7. bis
9. April ein umfangreiches und qualitätsvolles


Porträtbüste einer jungen Frau. Birnbaum
Süddeutsch, 1599. Neuerwerbung des Germa-
nischen Nationalmuseums, Nürnberg
(Bericht S. 4) (Museums-Kl.)
Material an Gemälden, Skulpturen und Kunst-
gewerbe, das sich aus den Sammlungen Dr. R.
(Hamburg) sowie einem süddeutschen und
Berliner Kunstbesitz zusammensetzt. Lin ter
den Bildern begegnet man einigen recht be-
deutenden Stücken, so dem Bildnis eines Spa-
niers von Ambrosius Benson (Abb. Nr. 6),
einem Männerporträt von Anthonis Mor, einem
Blumenstück von Jan Bruegel d. Ae.,. der
schönen Rubensstudie zu dem Antwerpener
Thomas-Bilde (s. Abb. S. 1), Landschaften von
Coninxloo, de Momper und J. S. Ruisdael,
der feinen, ehemals in der Kurfürstlichen Ga-
lerie in München befindlichen „Musikpause“
von Verkolje aus dem Jahre 1674 (Abb. Nr. 8),
drei Bildnissen von Anton Graff und. unter
den neueren Meistern, Arbeiten von Courbet,
Hoguet, Schleich und Lenbach (Bismarck-Bild-

700 Werke zusammenzu-
bringen und erstmalig
eine Vorstellung von dem
Gesamtwerk einzelner
Meister zu vermitteln, so
ist das der ausgezeichne-
ten Organisation zu ver-
danken, die unter dem
Patronat des Kronprin-
zenpaares vor sich ge-
gangen ist. Die italie-
nischen Museen haben
durchweg ihre Bestände
an Neapler Werken her-
gegeben; aber auch die
Privatsammlungen, in
denen sich mehr und Be-
deutsameres befand, ha-
ben zusammen mit dem
Auslande. vor allem
Deutschland. Frankreich,
Schweden, Malta und
Oesterreich, zu dem Ge-
lingen der Ausstellung
beigetragen. Das 17. Jahr-
hundert wird durch die
Cavallini, Vaccaro, Sal-
vator Rosa. Giordano,
Ribera und Batistello Ca-
racciolo bestimmt. Das
Settecento sieht in vorde-
rer Linie Solimena und
De Mura mit einer sehr
großen und das Werk der
Meister hinreichend illu-
strierenden Zahl von Bil-
dern. Das Ottocento
war schon im Vorjahre
gut vertreten: die Gi-
gante, Morelli. Camma-
rano, Michetti, Torna,
Palizzi, Mancini, De
Nittis beherrschen das
Bild. Keine andere Aus-
stellung wie diese wird geeignet sein, die noch
herrschenden übereilten und wohl auch durch
die Befreiung von der Herrschaft der Auffas-
sungen des vorigen Jahrhunderts bedingt ge-
wesenen Urteile über die Malerei der nea-
politaner Schule zu revidieren. Denn mit
Sicherheit ist wenigstens das eine auf dieser
Ausstellung zu erkennen: der lebendige Strom
schöpferischer Kraft, der von Cavallini bis zu
Morelli reicht und der immer wieder die glei-
chen Eigenarten der Neapolitaner Seele aus-
drückt.

nis). Auch unter den Bildwerken befinden
sich Stücke von überdurchschnittlicher Bedeu-
tung, so eine Tiroler Muttergottes um 1520,
eine Verkündigungsmadonna aus dem Kreise
Gregor Erharts, eine weibliche Figur vom
Meister der Mindelheimer Sippe, die monumen-
tale schwäbische Beweinungsgruppe und eine
Madonna von Syrlin. Die Abteilung Antiqui-
täten ist besonders reich an schönem deut-
schem Renaissance- und Barocksilber (etwa
20 Hamburger Silberhumpen und Lüneburger
Renaissance-Arbeiten), an schweizerischen
Glasscheiben des 16. und 17. Jahrhunderts, fer-
ner alten Gläsern, Limoges-Arbeiten, deut-
schen Fayencen mit interessanten Hausmaler-
arbeiten, Meißener Porzellan (s. Abbildung)
mit Werken von Höroldt und Kandier sowie
deutschen, französischen und niederländischen
Möbeln des 18. Jahrhunderts, denen sich einige
Tapisserien und kleinasiatische Knüpfteppiche
anschließen.
In denselben Tagen des 7.—9. April bietet
d ie F a. R e i n h old P u p p e 1 den zweiten
Teil der bekannten kostbaren Kunstbibliothek
Dr. Heinrich Stinnes aus. Der etwa 2200 Num-
mern umfassende Katalog verzeichnet Kunst-
geschichte mit vielen seltenen, meist luxuriös
gebundenen Publikationen und Mappen werken,
illustrierte Bücher, Bibliographie, Luxus- und
Pressendrucke sowie schöne Literatur. Gerade
auch unter den älteren Werken umfaßt diese
Bibliothek manche sammlerische Kostbarkeit
wie z. B. die erste französische Faustausgabe
mit den Illustrationen von Delacroix, die 21
Radierungen von Jules Goncourt oder Claude

Lorrains „Liber veritatis“ in den 500 Aqua-
tintablättern von Earlom. Die Frische der
Werke und der Einbände dürfte für den
Bibliophilen von besonderem Reize sein.
In Aachen versteigert A n t. C r e u t z e r
am 1. und 2. April beachtenswertes Kunstgut
aus Museums- und Privatbesitz, vor allem Ge-
mälde, unter denen Stilleben von van Aelst,
ein kleines Bildnis der Mutter Rembrandts von
Dou, eine Hafenlandschaft von van Goyen.
Stil leben von de Heern und Huysum und
Werke von H. de Meyer, Gillis Mostaert, E.
van dc Velde, Urlaub und Kupetzky beson-
ders hervorragen, während unter den neueren
Meistern Gysis, E. Kampf, Lier, Roux, Schleich,
Voltz u. a. mit charakteristischen Arbeiten ver-
treten sind. Es schließt sich Kunstgewerbe
der verschiedensten Art an, u. a. eine Elfen-
beinkreuzigung des 15.—14. Jahrhunderts und
eine französische Elfenbeinmadonna um 1450.
Gemälde und Graphik alter und neuzeit-
licher Meister bilden den Inhalt der nächsten,
am 2. und 4. April in der Galerie Com-
in e t e r in H amburg stattfiudenden Ver-
steigerung. Der Katalog verzeichnet eine
lange Reihe bekannter Künstlernamen, unter
denen wir Bakhuysen, Jan Bruegel d. Ae.,
Decker, Everdingen, van Goyen, Netscher. W.
v. d. Velde, Nattier sowie, unter den neueren
Meistern, O. Achenbach, Blechen. Dahl. Diaz,
Herrmann, Kalckreuth, Kalimorgen, Preller,
Schleich, Spitzweg, Voltz und Zügel hervor-
lieben. Die Graphik umfaßt ein gutes Material
an Arbeiten des 16. bis 19. Jahrhunderts.
Vom Pariser
Auktionsmarkt
Die Saison beginnt, lebhafter zu werden:
nach einigen guten Erfolgen kündigt Me H.
Baudoin für den 51. März eine Gemälde-
Versteigerung in der Galerie Charpentier an,
die das große Ereignis zu werden verspricht.
Da sind u. a. das Bildnispaar Graf und Gräfin
Barenti n de Montchal von Largilliere, ein
herrliches Frauenbildnis von Drouais, ein Män-
nerkopf von Tocque, und zwei Landschaften
von Hubert Robert, daneben wirklich erstklas-
sige Niederländer wie Ruisdael, Wynants, Bril,
Bruegel d. J. u. a. Und bei den neueren Mei-
stern findet man Boldinis „Bildnis Degas“ wie
das „Bildnis Boldini“ von Degas, bei den Mö-
beln die Signaturen der bekanntesten Ebe-
nisten Frankreichs.
Am 5. März versteigerte Me Ader eine An-
zahl neuzeitlicher Meister. Einige Preise seien
angemerkt: 16 500 ffr. für einen Pissarro, 7200
ffr. für ein Genrebild von Schreyer, 10 000 ffr.

Georg Flegel, Stilleben
Kunsthandlung Mathias Göhringer,
für ein Strandbild von Bondin und 6000 ffr.
für eine Seine-Landschaft von Jongkind. Alte
Gemälde brachte die Versteigerung der Samm-
lung Löwenstein durch Me Baudoin am 7. März.

Hier wurden bezahlt für ein Gemälde von
A. Cuyp 52 000 ffr., für einen „Aufbruch zur
Jagd“ von Jan van der Heyden 42 000 ffr-
eine „Ansicht der Galerie des Erzherzogs Leo-
pold“ und eine „Versuchung des Antonius“ von
Teniers d. J. 50 500 und 4500 ffr., für eine
Zeichnung „La Dame Allemande“ von Boucher
11 000 ffr.
Am 9. März erzielte auf der Versteigerung
L. Arnoult durch Me B i g n o n Corots „Sou-


Meissener Deckelkrug um 1722 mit Malerei
von Horn — Sammlung Dr. R . . ., Hamburg
Versteigerung: Hans W. Lange, Berlin, 7.—9. April
1938 (Foto Schulz)
venir de Cayeux“ 141 01M) ffr. Ein anderes Bild
desselben Meisters ging mit 52 600 ffr. weg.
Zwei Bilder von Jongkind brachten 29 000 und
20 000 ffr., ein Boudin 15 800 ffr., die von uns
in Nr. 8 abgebildete „Krönung Mariae“, im
Katalog der deutschen Schule zugeschrieben,
12 000 ffr.
PREISBERICHTE
zum Einträgen in den Katalog
Math. Lempertz, Köln
11. —12. März 1958
(Preise über RM 100.—)
Neben den vielen privaten
Kunstfreunden Westdeutsch-
lands aus Industrie und Han-
del sah man eine Reihe von
Museumsleitern und -Ver-
tretern, Kunsthändlern aus
Berlin, München, Amsterdam
usw., alle lebhaft beflissen,
durch flottes Bieten und Ge-
genbieten das zur Auktion
stehende Kunstgut in die
Hände der neuen Besitzer
überzuführen. Die erzielten
Steigpreise waren der quali-
tativen Höhe der Objekte an-
gemessen und ließen durch-
weg erkennen, daß die kon-
junkturelle Aufwärtsbewegung
auch im Kunstgeschäft dieses
Frühjahr anhalten wird. Da
diese Preisbildung offensicht-
lich ohne jede Nervosität
lediglich aus ruhiger Erwägung
und Schätzung heraus vor sich
ging, dürfte sie den Kunst-
markt der nächsten Zeit nor-
mativ und regulierend beein-
flussen.

Nr.
RM
Nr.
RM
Nr.
RM
1
4600.—
96
1900.—
170
300.—
2
2100.—
98
450.—
171
1850 —
8
2100.—
101
3600.—
172
420 —
9
4400.—
102
260.—
173
300 —
10
2700.—
103
27000.—
178
270.—
12
2900.—
104
1000.—
182
290 —
13
2600.—
105
700.—
183
510.-
15
2900.—
106
3100.—
186
135.-
17
1350.— ;
112
330.—
187
150.-.
18
3000.—
113
500.—
189
180.-
19
1400.—
117
390.—
190
110 —
21
1500.—
120
12000.—
193
100 —
25
1500.—|
125
480.—
196
110 —
29
1500.—
127
1050.—
197
HO.-
30
400.—
128
450.—
198
180 —
37
400.—
129
2100.—
199
10500.—
42
2350.—
131
850.—
200
HO.—
44
1600.—
132
4800.—
201
2000 —
45
2300.—|
133
540.—
204
610.—
46
1450.—
134
250.—
205
1300.—
47
1100.—
136
3600.—
207
1200.—
51
900.—
142
1600.—
209
100 —
52
700.—
144
540.—
210
380 —
53
1400.—
145
140.—
j 211
310 —
63
1350.—
147
2250.—
212
460 —
64
1750.—
150
380.—
. 214
135 —
65
850.—
151
390.—
' 216
6000.—
66
700.—
157
300.—
218
6000 —
73
1200.—|
160
600,—
219
1500 —
75
1400.—1
161
510.—
221
3000 —
85
5500.—1
162
970.—
222
780 —
86
420.—
163
6800.—
223
500 —
87
100.—
164
10500.—
225
580.—
89
640.—
165
560.—
231
210 —
94
400.—
166
1900.—
233
270.—
95
320.—
167
800.—
(Forts. S. 4)

JULIUS BÖHLER
ALTE GEMÄLDE, ANTIQUITÄTEN
UND ALTE MÖB-EL
KUNSTVERSTEIGERUNGEN
MÜNCHEN BRIENNER STRASSE 12

Vorschau auf den deutschen Versteigerungsmarkt


(Foto Göhringer)
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