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DIE WELTKUNST

Jahrg. XII, Nr. 52 vom 25. Dezember 1938

B I i ck in die „Sch a tz ko m me r" der Ausstellung „Gotik und Renaissance in Piemont"
Turin, Palazzo Carignano (3 Fotos Ausst.-Ltg.)


der auftaucht. Nahezu zwanzig Graphiker
zeigen auf dieser Schau, in welch mannigfalti-
ger Weise sie sich den stillen Reizen und trau-
lichen Heimlichkeiten des Sudetenlandes ge-
widmet haben. Max Geyer zeichnete vor
allem die Menschen. Diese Gestalten und Ge-
sichter aus Böhmerwald und Isergebirge blei-
ben haften, aber auch seine Landschaften
geben in klarer und fesselnder Form das
Wesentliche der Erscheinung wieder. Eine Ra-
dierung von Otto Berti zeigt die Ruine Schön-
burg, und eine kernige große Holzschnittdar-
stellung von Erwin Zichlarz schildert den Ge-
müsemarkt in Troppau. Motive aus dem Eger-
land bevorzugt Erwin Görlach. Der Lebens-
raum der Schönhengster Bauern findet in gra-
phischen Blättern Rudolf Mathers Wieder-
spiegelung. Auch der in flüchtigen Aquarell-
tönen erhaschte „Alte Stadtturm in Eger“ von
Lisi Bareuther und Erhard Astlers „Angler im
Höllengrund“ heben sich hervor. Landschaften
von Harald Pickert, Karl Prokop, Max Zeschitz
und anderen Graphikern erfreuen.
Mit über hundert Bildern und Plastiken setzt
der Verein der Künstlerinnen die
Reihe der Berliner Weihnachtsausstellungen
fort. Man begegnet auch diesmal wieder
in der Galerie v. d. Hey d e vielen Blumen-

stücken und Darstellungen aus der Kinder-
welt. Diese beiden, von weiblichen Talenten
mit Vorliebe behandelten Motivgebiete lassen
den Wirkungen der Farben breitesten Spiel-
raum. Käte Köster-Mahr und Augusta von
Zitzewitz behandeln das Stilleben mit kolo-
ristischer Kraft, während es bei Anni v. Groote
auf einen blauen Gesamtton abgestimmt wird.
Unter den Malerinnen von Kinderbildnissen
fällt Modesta Gerster zur Nedden durch Un-
befangenheit der Auffassung und Wiedergabe
auf. Es gibt auch mannigfaltige Landschafts-
darstellungen auf dieser Schau. Anna Dräger-
Mühlenpfordt malte einen eindrucksvollen
„Baum am Bodensee“. Ottilie Reyländer-
Böhme gibt zwei Motiven aus Spanien eine
fesselnde Bildwirkung. Eindrücke aus Perugia
und Assisi hat Gertrud Spitta in leichten Aqua-
relltönungen festgehalten. Besondere Hervor-
hebung verdienen ein farbig delikat abgestuf-
tes Hafenbild und das Porträt eines jungen
Mädchens von Irma Breusing und die malerisch
geschlossen wirkende „Kalla“ von Madeline
Winckler, die in einem Blick auf Fischerhäuser
auch eine feine atmosphärische Stimmung er-
reicht. Else Preußner hat den Berliner Weih-
nachtsmarkt aufgesucht und schildert sein bun-
tes Getriebe in farbig reizvoll belebter Weise.


Älteste
GALERIE
Wiens
Gegründet 1833

L.T. NEUMANN

Inhaber: Julius und August Eymer

Gemälde
und
Graphik
alter und moderner
Meister

Kohlmarkt 11, Michaelerplatz 4
Telefon R 22 0-82

Meister der Wenzelscheibe nach 1420
Holz, 47 : 41 cm.


Elsa Hoffmann setzt die Tradition des ver-
storbenen Erich Büttner mit einem „Frühling
am Wedding“ und „Dächern am Gesundbrun-
nen“ fort. Bei den Bildhauerinnen führt Milly
Steger, die mit einer kleinen „Amazone“ und
einem eigenartigen Steinrelief „R.uderer“ ver-
treten ist. Erwähnt
werden müssen dann
noch die plastischen
Porträts von Gräfin
Dagmar Dohna, die
Bildnisbüste einer Pia-
nistin von Christine
Naubereit und der große,
bewegungsvolle Akt von
Hanna Caner.

rieh Ernst Morgenstern 1919 in Frankfurt
starb. Die Hamburger Malerfamilie Morgen-
stern (Christian Morgenstern, geboren 1805 in
Hamburg) ist mit der in Frankfurt boden-
ständig gewordenen Familie nicht verwandt,
wie in der Literatur oft irrtümlich erwähnt ist-

Hans Z e e c k

Künstler-
familie
Morgenstern
Am 22. Dezember
wurde im Städe] sehen
Kunstinstitut in Frank-
furt a. M. die Aus-
stellung „Die Künstler-
familie Morgenstern“ er-
öffnet, die anläßlich des
200. Geburtstages des
Malers Johann Lud-
wig Ernst Morgenstern
veranstaltet wird und
auf der etwa 200
Zeichnungen, Aquarelle
und Oelbilder ge-
zeigt werden. Die
Familie Morgenstern
stammt aus Erfurt
und hat fünf Gene-
rationen Maler her-
vorgebracht, bis der
Landschaftsmaler Fried-

Gotischer Saal der Ausstellung „Gotik und Renaissance in Piemont"
Turin, Palazzo Carignano

Gotik und Renaissance in Piemont

Man kann von vornherein sagen, daß diese
zweite Ausstellung im PalozzoCarignano
in Turin, die von Dr. Viale veranstaltet wird
und auf die bereits früher hier hingewiesen
wurde, vielleicht als die psychologisch am
besten aufgebaute europäische Kunstschau der
letzten zehn Jahre zu bezeichnen ist. Abge-
sehen von dem Kuriosum, daß man ganze
gotische Räume, von rotgemauertem Ziegelfuß-

Werken der größten Zeitgenossen der Epoche,
die die Ausstellung bringt, wird schlagartig
die Grenze des Ausgestellten gesteckt. Dann
geht es weiter.
Und hier beginnt der psychologisch einzig-
artige Aufbau dieser Ausstellung. Plötzlich
schrumpfen die Wände zusammen. Das Licht
wird spärlich. Der Raum verringert sich auf
wenige Linien und den allernotwendigsten


Renaissance-Raum der Ausstellung
Turin, Palazzo
boden bis zum Spitzbogengewölbe, in echtem
Material ausgeführt, in den alten Barockpalast
Carignano einfach eingebaut hat. Trotz einer
Fülle von Ausstellungsobjekten sind diese auf
36 aufeinanderfolgende Räume so verteilt, daß
sich eine klare Uebersicht ergibt und beim
Vorwärtsschreiten die künstlerische Entwick-
lung und Stilgestaltung in Malerei, Plastik,
Architektur und Mode in historischer Reihen-
folge aufwächst.
Turin ist ganz Barock in seiner Tradition.
Der Palazzo Carignano ist eines der üppigsten
Beispiele davon. Und nun schreitet man über
eine im Raum schwelgende Freitreppe aus
weißem Marmor zur Ausstellung hinauf. Man
kann den Raum um diese Treppe in seinen ge-
waltigen Maßen gar nicht ausfühlen.
Plötzlich ist man in klaren, hellen aber
kleinen Räumen. In wenigen Photographien
sehr gut gewählter Ausschnitte, von und aus

„Gotik und Renaissance in Piemont"
Carignano
(
Spielraum, der zur Bewegung des Durchschrei-
tens notwendig ist. Die Decke drückt himmel-
schwer auf einen herab. Und vor einem er-
hebt sich ein primitives Kruzifix.
Dann wird es hell, warm, geintülich-
Seidene Tapeten decken mit Goldmuster durch-
wirkt die Wände. Die Sessel werden breit
und die Kirchengewänder mit kostbaren
Stickereien übersät. In den Bibeln wuchern
Zierbuchstaben und Heiligenbilder mit golde-
nem Himmel. Aus den Primitiven steigt der
Reichtum und Prunk der Renaissance empor
(s. Abb.).
An einem verträumten Hofidyll mit leise
plätscherndem Springbrunnen vorbei treten
wir in eine Schatzkammer.
Die Ueberraschung bei dem scharfen Wechsel
von der Außenwelt zum verborgensten Reich-
tum, der in der innersten Kammer des Bau-

MARIA ALMAS
Gemälde erster Meister des 15. bis einschließlich 19. Jahrhunderts
München • Ottostrasse 1b
Antiquitäten »Einrichtungen des 18. Jahrhunderts
ANGEBOTE ERBETEN
 
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