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Jahrg. XIII, Nr. 7/8 vom 19. Februar 1939

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DIE WELT KUNST

Pariser Auktioiismarkt
Zahlreich haben die Kunstversteigerungen
in der französischen Hauptstadt im Februar
eingesetzt, ohne daß wirklich größere geschlos-
sene Bestände angeboten worden wären, sehen
wir von der Canonne-Auktion am 19. Februar
ab, deren Ergebnisse bei Redaktionsschluß noch
nicht vorliegen. Am 8. Februar erzielten im
Hotel Drouot ein kleiner Jan Steen, ehemals in
der Sammlung Kann, 90 000 ffr., was etwa einem
Drittel dessen entspricht, was er auf der be-
rühmten Auktion 1911 brachte. Dagegen waren
die neueren Bilder wieder beachtlich hoch im
Preise: Landschaften von Pissarro und Jong-
kind, die auf der Versteigerung Payen 1916 nur

5000 und 2000ffr. kamen, stell-
ten sich jetzt auf 87 000 und
35 100 ffr. Am folgenden Tage
wurde im selben Versteige-
rungshaus mit dem Nachlaß
M. Q., der über eine Million
Franken erbrachte, ein klei-
ner Sekretär von Delorme
bei 68 000 ffr. (Taxe 40 000),
ein kleiner Frisiertisch Louis
XV bei 45 000 ffr. und über-
raschenderweise zwei Kom-
moden derselben Epoche,
doch stark repariert und ohne
Garantie angeboten (!), bei
50 000 ffr. zugeschlagen.

Bilder aus Wiener Privatsaminliingen
in der neuen Galerie Wien

In sinnvoller Fortsetzung der Herbstausstel-
lung bringt die Neue Galerie in Wien
Werke österreichischer Maler des 19. Jahr-
hunderts, die in sorgfältiger Auswahl und ge-
schmackvoller Anordnung dargeboten werden.
Es ist ein Vorzug dieser Schau, daß sie darauf
verzichtet, alle großen Namen dieses Zeit-
abschnittes vollständig aufzuführen. Ein eigener
Saal faßt Werke Romakos zusammen, unter
denen sich eine schöne ungarische Landschaft
(Bälvänyos, s. Abb.) befindet, während in den
mythologischen Kompositionen die fast un-
begrenzte Farbenphantasie dieses Malers zu
glanzvoller Wirkung kommt und seine Zeichen-
kunst durch ein sehr schönes Blatt gezeigt wird.
Aus dem Klassizismus ist Füger mit Ölskizzen,
ferner Agricola mit einer beispielhaften farbig
getönten Zeichnung (Venus und Amor) vertreten.
Von Pettenkofen sieht man mehrere durch-
wegs gute Bilder. Mehrere Landschaftsbilder

von Reinhold, ergänzt durch
klare Zeichnungen, ferner
ein Bildnis von Kupelwieser
(der Sohn des Künstlers)
umschreiben die Malerei der
Romantik; die Alt-Wiener
Malerei ist durch ein kleines
Bildchen von J.B. Reiter (Die
Brautwerbung) angedeutet.
Eine bisher unbekannte Er-
scheinung ist Theodor Jachi-
mowicz, ein 1800 geborener
ukrainischer Maler, der in
Wien, bis 1871 als Theater-
maler, gewirkt hat und hier
1889 starb. Aus seinem Nach-
laß haben sich Zeichnungen
und Bilder erhalten, die das
Beste in der Landschafts-
malerei leisten. K. B.

Hans Thoma’, Sturm im Wiesengrund. 1S76 — Neuerwerbung des Kaiser-
F r i e d r i c h - M ü s e u m s , Magdeburg, Preis RM 7000.— (Bericht S. 6) (Phot. Schulz)


Die neue Sdiackgalerie

Ein Erlaß des Führers

Der Führer hat durch Erlaß vom 1. Februar
1939 aus den Kunstschätzen der bisherigen
Schack-Galerie in München und aus im Besitz
des bayerischen Staates befindlichen ergänzen-

Kunstausstellungsgebäude am Königlichen Platz
untergebracht werden soll, das bisher für die
Künstler unserer Zeit und die ausländischen
bestimmt war. Die Verfügung wird also eine

Anton Roma ko, Ungarische Landschaft — Ausstellung: Neue Galerie,
Wien (Foto Besitzer)


den Kunstwerken eine „Schack-Galerie der
deutschen Meister des 19. Jahrhunderts“ mit

grundlegende Umordnung zur Folge haben, die
aber erst spruchreif wird, wenn der in Aussicht

A uktions- Vorberichte
Frankfurt, 28. Febr.—1. März
Die nächste Versteigerung im Kunst haus
Heinrich Hahn, die Kunstwerke aus ver-
schiedenem Besitz und aus allen Gebieten ver-
einigt, bringt unter den alten Gemälden vor-
wiegend Arbeiten niederländischer und deut-
scher Meister des 17. und 18. Jahrhunderts,
darunter Namen wie Berchem, Faistenberger,
Neefs, Wouwerman, Mengs, Ridinger, Roos,
Schütz und Urlaub. Die
neueren Meister setzen
sich neben einer Kreide-
zeichnung von Menzel,
„Friedrich d. Große emp-
fängt Kaiser Joseph II.“,
aus Werken der Düssel-
dorfer und Münchener
Malerschulen zusammen.
Kunstgewerbe und Plastik
der verschiedensten Art
runden die Bestände ab.
München, 9.—10. März
Innerhalb kurzer Zeit
bringt das Münche-
ner Kunstverstei-
gerungshaus A.
Weinmüller eine weitere
bedeutende Sammlung
von Handzeichnungen auf
den Markt, der ein
Bestand mittelalterlicher
Buchmalereien aus Hand-
schriften sowie eine wohl
einzigartige Sammlung
von Stammbuchblättern
aus der Zeit von rund
1560 bis 1620 angeschlos-
sen ist. Unter den Minia-
turen nennen wir liier
nur eine Salzburger Ar-
beit des 12. Jahrhunderts
und sechs doppelseitige
Blätter einer wahrschein-
lich bayerischen Bilder-
handschrift um 1420. An
erster Stelle unter den
Zeichnungen ist ein Fund

die nach F. Kieslingers Feststellungen eine
Jugendarbeit Dürers aus dem Jahre 1494 dar-
stellt. Von weiteren deutschen Zeichnungen
seien genannt einige Studien von Wenzel
Jamnitzer. Andere Blätter von Bedeutung sind
eine Reihe von Arbeiten des Giulio Romano, ein
Bildnis Clouets, ein prächtiger Männerkopf von
Goltzius, dem sich Landschaften von Valcken-
borch, Jan Brueghel, Callot und Seghers, ferner
Blätter von Jan Wildens, Rubens, van Dyck, van
Goyen und ein reicher Bestand deutscher und


dem Sitz in München errichtet.
Die neue Galerie wird in der Kunstausstel-
lungs-Galerie auf dein Königlichen Platz in
München untergebracht werden, nachdem diese
zweckentsprechend ausgebaut worden ist.
Eigentümer der neuen Schack-Galerie wird das
Land Bayern. Die
Weisung des Führers
Präsident.

Das Wichtigste in diesem Erlaß des Führers
ist zunächst die Entscheidung, daß die Schack-
Galerie in das Eigentum des Landes Bayern
übergeht. Man muß sich dabei daran erinnern,
daß Graf Schack seine wundervolle Galerie dem
Deutschen Kaiser vermacht hatte. So kam sie
aus dem von Lorenz Qedon in den 70er Jahren
eigens dafür gebauten Palais an der Brienner
Straße in das neue Gebäude der preußischen
Gesandtschaft an der Prinzregentenstraße in
die dazu erstellten Räume, wo sie sich derzeit
noch befindet. Später wurde der preußische
Staat Eigentümer und es läßt sich verstehen,
daß man die Sammlung mit ihren herrlichen
Werken von Schwind, Feuerbach, Spitzweg,
Böcklin usw. gerne nach Berlin gebracht hätte.
Dieser Verlust bleibt nunmehr München durch
den Erlaß des Führers erspart. Es kommt darin
ferner zum Ausdruck, daß sie mit den z. Zt. in
der Neuen Pinakothek untergebrachten Gemäl-
den gleicher Gattung zu einer „Schack-Galerie
des 19. Jahrhunderts“ vereinigt wird, die im

genommene Erweiterungsbau des Hauses am zu nennen: die Zeichnung Laurent de la H1 r e (Paris, 1606—56, Madonna mit Kind. Lwa., 75:92 cm
Königlichen Platz zur Verfügung steht. F. eines sitzenden Kaisers, Ausgestellt in der Galerie L. T. Neumann, Wien (Foto Besitzer)

französischer Blätter des 18. Jahrhunderts an-
schließen. Auch Rembrandt und sein Kreis sind
mit einigen Skizzen vertreten. Den zweiten
Teil der Versteigerung bestreiten deutsche
Zeichnungen des 19. Jahrhunderts, darunter
größere Bestände Schinkel und Schnorr, Blätter
von Genelli, Krüger, Rottmann, Führich, Richter,
Venus u. a., ferner eine Gruppe monumentaler
Zeichnungen von Schwind.
Hamburg, 15.—16. März
Die erste Frühjahrsauktion bei Dr. E.Haus-
w e d e 11 & Co. beginnt mit einer Sammlung
interessanter Autographen. Es folgen deutsche
und ausländische Literatur in Ausgaben des
17.—19. Jahrhunderts, darunter eine Shake-
speare-Sammlung, dann kulturgeschichtlich
interessante Bücher, Graphik und Handzeich-
nungen, unter denen vielleicht die Blätter
der deutschen Meister des 19. Jahrhunderts wie
Cornelius, Schnorr von Carolsfeld, Overbeck,
Richter, Wasmann, Olivier, Blechen, Rohden,
Koch, Reinhart, Dahl u. a. vor allem zu ver-
zeichnen sind. Moderne Erstausgaben, Vorzugs-
drucke und illustrierte Bücher bilden neben den
Abteilungen Buchwesen und Kunstgeschichte
den Schluß der zweitägigen Versteigerung.

JULIUS BÖHLER
ALTE GEMÄLDE, ANTIQUITÄTEN
UND ALTE MÖBEL
KUNSTVERSTEIGERUNGEN
MÜNCHEN BRIENNER STRASSE 12
 
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