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DIE WELT KUN ST

Jahrg. XIII, Nr. 14 vom 9. April 1939

Nur wenige Gemälde, die in dem Scheufe-
lenschen Katalogbande verzeichnet sind, fallen
außerhalb der italienischen Barockschulen: die
zarte Muttergottes von Simon Marmion, zwei
Täfelchen in der Art des Lorenzo Monaco, das
interessante, Giulio di Amendola signierte Altar-
bild eines nur durch diese Inschrift zu be-
legenden Meisters (Abb. S. 4), ein im Um-

(F
kreis Leonardos entstandenes Bild der Maria
mit den spielenden Kindern, eine Sacra Con-
versazione aus der Werkstatt Palmas und die
„Anbetung der Hirten“, ein Frühwerk von
Tintoretto aus der Zeit um 1540, das die glän-
zende Reihe der Barockgemälde einleitet, in
der fast alle Schulen mit bezeichnenden, durch
Hermann Voß sachlich bestimmten Werken
vertreten sind. Es würde zu weit führen, hier
auf einzelne Werke einzugehen,: ohne nur eine
Aufzählung von Namen zu geben. Es genüge
daher der Hinweis, daß dieser Katalog für
jeden Freund und Kenner italienischer Barock-
malerei künftig unentbehrlich sein dürfte. Man
darf nunmehr mit berechtigter Spannung den
weiteren Teilen des Katalogs Scheufeien ent-
gegensehen, die die nordischen Schulen und die
Bronzen umfassen werden. W. R. D.
W iedererö Hi i u n g
der Noris-Halle
In der in ihrem Innern völlig umgestalteten
Noris-Halle in Nürnberg fand soeben die feier-
liche Eröffnung einer Ausstellung von Gemäl-
den und Plastiken aus dem Kunstbesitz der
Stadt der Reichsparteitage statt.
Oberbürgermeister Liebel wies in seiner
Ansprache darauf hin, daß in Nürnberg der fühl-
bare Mangel eines Gebäudes für große Kunst-
ausstellungen, ferner eines akustisch einwand-
freien Konzertraumes und einer Halle für
politische Großveranstaltungen deshalb habe

noch nicht behoben werden können, weil bei
der Neugestaltung Nürnbergs das Hauptge-
wicht zunächst auf die Erstellung der gewal-
tigen Führerbauten im Reichsparteitagsgelände
gelegt sei, so daß erst in den kommenden
Jahren die übrigen baulichen Wünsche erfüllt
werden könnten. Durch den glücklich gelösten
Umbau sei jetzt aber der Notwendigkeit der
Schaffung geeigneter
Kunstausstellungsräume
entsprochen, nachdem im
Augenblick an den Bau
eines neuen Gebäudes
noch nicht gedacht wer-
den könne. Der Ober-
bürgermeister wies be-
sonders auf die neuartige
Oberlicht - Konstruktion
hin, die neben der Ein-
richtung im Louvre in
Paris die modernste Be-
leuchtungsanlage in Eu-
ropa darstelle.
Zur Eröffnung der
neuen Räume sei eine
bedeutsame Ausstellung
veranstaltet worden, die
an einer Fülle ausgewähl-
ter Werke einen Über-
blick über den reichen
Besitz der Stadt an
Gemälden und Plastiken
gebe. In diesen Räumen
sollen nunmehr von Zeit
zu Zeit Schöpfungen der
deutschen Kunst und Kul-
tur zur Ausstellung ge-
langen.
Der Malerpreis
„Jung-Westfalen“
Der diesjährige Maler-
preis des Westfälischen
Kunstvereins wurde dem
Maler Hans Schmitz aus
Wiedenbrück zuerkannt.
Zwei weitere aus West-
falen gebürtige Maler,
Josef Pieper-Düsseldorf
und Alfred Meck-Neuß,
wurden mit der Plakette
des Westfälischen Kunst-
vereins ausgezeichnet.
Insgesamt hatten sich 51 Maler mit 251 Arbei-
ten an dem Wettbewerb beteiligt, aber nur
35 Maler mit insgesamt 107 Gemälden wurden
in die Ausstellung aufgenommen.

Das Museum
der Heiligen Apollonia
In Pierrefonds, einer kleinen Stadt der Um-
gebung von Paris, gibt es von demselben
Stifter zwei Museen. Das eine setzt die Tradition
von Fontainebleau und Malmaison fort, es ist
der Erinnerung an die Kaiserin Eugenie ge-
widmet. Das andere, das kürzlich das Jubi-
läum des zweijährigen Bestehens feiern konnte,
enthält ebenfalls eine Erinnerung an die Kai-
serin: den Schlägel des amerikanischen Zahn-
arztes, der ihre Zähne mit Gold füllte, so ein
goldenes Zeitalter herbeiführend, das nach
Funden aus der Antike schon viel früher ein-
mal bestanden hat. Die Räume dieses Museums
sind der Kunst der Zahnärzte gewidmet. Dicht
daneben ist ein Schloß, das dem Ruheaufent-
halt verdienter Aeskulapjünger dient, und der
Gründer beider Museen, HerrFerrand, ist selbst
Professor der Zahnheilkunde.
Es ist verständlich, wenn gelehrte Prak-
tiker, die ihre Arbeitsstunden den mensch-
lichen Gebrechen widmen, in ihren Muße-
stunden die Künste anrufen, bei Berliner Zahn-
ärzten findet man ausgezeichnete Sammlungen
zur Archäologie, zur Geschichte des Plakats
u. a. Herr Ferrand ist auch bei seinen ästhe-
tischen Neigungen in seinem Fach geblieben,
er durchforscht die Kunstgeschichte nach Do-
kumenten zur Zahnheilkunde. Seine Auto-
graphensammlung ist ebenfalls zielbetont: sie
enthält einen Brief Talmas aus der Zeit, da
er gerade sein zahnärztliches Kabinett in Paris
eröffnet hatte.
Außer dem dokumentarischen Material ent-
hält das Museum illustrative Darstellungen
bildender Kunst in Original oder Kopie, die
uns die Kenntnis der Prozeduren vergangener
Zeiten vermitteln. Die gleichmütige und be-
harrliche Chronistentreue der Holländer hat
sich dieses Themas bemächtigt, die spottlustige
Drastik vieler Darstellungen ist so stark,
daß keinem kunstliebenden Zahnarzt zu raten
wäre, eine Reproduktion in seinem Warte-
zimmer aufzuhängen. Daumier hat die Qualen
dieses Wartens in seinen Lithographien fixiert.
Sein großer Vorgänger Goya hat neben den
Schrecken des Daseins auch diese Misere auf-
gezeichnet. Der idealistischen Kunst genügt
es, die Schutzheiligen der Zahnleidenden und
ihrer Helfer, die heilige Apollonia zu malen
—• Reni, Carlo Dolci, Piazetta haben es ge-
tan —, die in ihrer Marter bat, allen sie an-
rufenden Heilung zu gewähren. Zu ihren
Schutzbefohlenen gehören auch die Affen, die,
wenn man dem Maler Decamps folgen soll.


Kommode. Polisander- und Wurzelholzfurnier. Norditalien, um 1750. Erzielte auf der Ver-
steigerung in Berlin am 30. März 1939: RM£4600,— (Taxpreis RM 1000,—) (Kl. Mann)


H ans Maler, Porträt der Königin Anaa, 1521. Holz, 27:15,5 cm. Neu-
werbung des Tiroler-Landes-Museums aus dem Wiener Kunsthandel.
oto Galerie St. Lueas)


B o d e n s e e - M e i s t e r, 1. H. 17. Jahrhundert,
Heilige. H. 95 cm. Versteigerung d. Samm-
lung Th. Schnell, bei Lempertz, Köln,
21.—22. April 1939
(Kl. Lempertz)

sich gegenseitig von kranken Zähnen befreien.
Dieses spezielle Thema hat auch der polnische
Bildhauer Wiwulski gewählt, da er eine Affen-
gruppe zeigt, deren operative Methode an die
der asiatischen Heilkundigen erinnert.
Kurt E. Simon

Gemälde und Skulpturen

Die Galerie Commeter in Hamburg ver-
steigert am 29. April eine umfangreiche Samm-
lung von Gemälden und Plastiken alter und
neuzeitlicher Meister aus Privatbesitz. In der
Sammlung der alten Meister steht an erster
Stelle ein hervorragendes Werk von Leandro
da Ponte gen. Bassano mit dem Bildnis des
Dogen Agostino Barbarigo, früher im Besitz
der Staatlichen Museen Berlin. Ferner wären
zu nennen eine charakteristische Marine von
Ludolph Backhuysen, zwei Blumenstilleben von
Ambrosius Bosschaert und Jean Baptiste Mon-
noyer sowie Werke von Pieter Bout, Balthasar
Denner, Jean Francois Millet I (Landschaft),
Claes Molenaer, Gerard Terborch („Bildnis eines
Ratsherrn von Deventer“). In der Sammlung

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