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DIE WELTKUNST

Jahrg. XIII, Nr. 20 vom 21. Mai 1939


Wilhelm von Kobell, Gesellschaft im Freien vor München. Aquarell, signiert u. datiert 1833.

Hätten Herr X., Direktor der großen
Gesellschaft, oder Herr Y., Chef eines
Effektenkontors, für die zwanzig-, fünf-
undzwanzigtausend Mark, die sie, auch
aus Snobismus, in den Jahren nach dem
Krieg für Automobile ausgegeben haben,
Gemälde gekauft und wären sie bei
diesen Ankäufen ebenso verständig vor-
gegangen wie bei ihren Autos, dann
würden sie diesen Besitz noch immer
haben, während ihre Wagen alle längst
Zierrate eines Autofriedhofes geworden
sind. Wer Bilder Autos vorzieht, befindet
sich schon auf dem richtigen Wege, um
bei seinen Ankäufen das Element der
„Anlage“ eine Rolle spielen zu lassen.
Sicher, man entbehrt die Verzinsung;
aber man hat auch keine Unkosten für
Unterhalt und Betrieb. Ein gutes Gemälde
bleibt unter allen Umständen ein wert-
voller Besitz. Dies bedeutet nicht, daß
es bei einem Verkauf nun „mindestens“
ebensoviel bringen muß, als es vor Jahren
bei der Anschaffung gekostet. Die Kon-
junktur spricht dabei ein Wörtchen mit.
Jedoch die Anzahl der Gemälde, die
auf den Markt kommen, wird von Jahr
zu Jahr geringer. Bilder gehen zu Grunde
oder, und dies ist ein noch wichtigerer
Faktor, gehen aus Nachlassenschaften,
Schenkungen etc. in öffentliche Samm-
lungen über und verschwinden dadurch,
so gut wie für immer, vom Kunstmarkt.
Von dem höchst seltenen Fall ab-
gesehen, daß irgendwo eine bisher voll-
kommen unbekannte Sammlung alter
Bilder entdeckt wird — mit einem ein-
zelnen Stück geschieht dies noch wohl —,

vermehrt sich das Angebot nicht, (und wenn
es sich vermehrt, dann sind es keine alten
Gemälde!). Ein Gegengewicht gegen das
sich automatisch verringernde Angebot könnte
allein eine sich ständig auch vermindernde
Nachfrage sein, aber davon ist keine Rede.
Und wenn auch die heutige Jugend, wie
ein bekannter Sammler sagte, in den Jahren,
in denen wir an den Ankauf unseres ersten
Bildes dachten, lieber ein Auto haben möchte,
auf die Dauer wird doch gekauft, was schön
und seltsam ist, und mit der Ausbreitung des
Wohlstandes wird auch der Markt breiter.
Man erinnert sich noch, wie stark Amerika
in den Jahren 1880—1930 für beinahe jeden
Preis kaufte, daß Kanada schon lange begonnen
hat mit Kaufen, man denke auch an die aller-
dings bislang noch bescheidene Nachfrage von
Museen in Australien und Südafrika, welche
jedoch, wie auch Schweden und Schweiz, ge-
rade in den Jahren nach dem Krieg erhöhtes
Interesse für alte Gemälde gezeigt haben. Man
kann dann nicht pessimistisch sein in Bezug
auf die Zukunft des Kunsthandels.
Es wäre töricht, zu verlangen, daß jedes
Bild, das man kauft, und wäre es auch stets ein
gutes Werk, ein absolut wertbeständiger Besitz
ist, am liebsten bis an das Ende aller Tage.
Hier sprechen auch kulturelle Auffassungen,
Geschmack und Mode mit. Um ein großes und
ein kleines Beispiel zu nennen: im 17. Jahr-
hundert war ein Gemälde, das keinen italieni-
sierenden Einfluß zeigte, wenig gefragt. Heute
denken wir darüber anders: wir wollen in einem
Bild den Charakter des Malers und das für die
nationale Malkunst Typische darin finden.
(Aus „De Zakenwereld“, Amsterdam,
Übers, von B. B.) (Fortsetzung folgt.)

Ausstellung: „Landsehaftsbilder und Studien 1820—55“ bei Günther Franke, München.
CK1. Franke)

auch, und beinahe hätten wir sie vergessen,
glücklicherweise noch Menschen, die Gemälde
ausschließlich darum kaufen, weil sie sie schön
finden, weil sie ihnen etwas sagen, weil sie sie
einfach nicht entbehren können. Menschen, die
sehr oft schmerzhafte Opfer für ein Bild bringen,
welches zu ihnen spricht wie der Bruder zum
Bruder. Menschen, die sehr viel entbehren, nur
um nicht von einem so geliebten Besitz Abstand
nehmen zu müssen.
Und damit haben wir den Punkt erreicht, der
schließlich die Grundbedingung formt für alle
Spekulations- und Anlagekäufe, also Käufe mit
dem stillen Gedanken, sich früher oder später
von diesem Besitz zu trennen: die Überzeugung,

daß stets Menschen zu finden waren und zu
finden sind, die für alles, was schön (und selten)
ist, gerne bezahlen.
Bleiben wir bei den Beweggründen des An-
kaufes von alten Gemälden. Mit dem Snobismus
brauchen wir uns nicht lange aufzuhalten. Der
Snob und vor allem der kapitalkräftige wird
immer ohne Unterschied, was ihn von anderen
unterscheidet, kaufen; er wird stets danach
streben, die ihm fehlende innerliche Distinktion
durch gekaufte Äußerlichkeit zu ersetzen. Es
ist nun einmal vornehm, auf einen Besitz hin-
weisen zu können, den andere nicht haben und
von dem die große Menge meint, daß nur sehr
reiche Leute sich diesen Luxus erlauben können.

NEUE K U N S T L! T E R A TU R

Hermann Beenken, Der Meister von Naumburg. 160 S.
m. 123 Abb. (darunter 109 nach neuen Aufnahmen
von Erich Kirsten). Rembrandt-Verlag, Berlin,
1939 (Lwd. RM 7.80).
In der Serie der „Kunstbücher des Volkes“ legt
nunmehr der Leipziger Kunsthistoriker einen reich
und interessant illustrierten Band über den „für uns
Deutsche in dem langen Zeitraum zwischen Antike
und Neuzeit größten, schöpferischen Genius unter den
abendländischen Bildhauern“ vor. Man kann nicht
ohne weiteres behaupten, daß diese Veröffentlichung
„volkstümlich“ im allgemeinen Sinne ist: dazu ist sie
doch zu sehr beschwert mit rein kunstwissenschaft-

im Stuttgarter Archiv Planungsarbeiten der deutschen
Dombauhütte in Prag aus der Zeit des großen Meisters
Peter Parier. Nach interessanten grundsätzlichen
Darlegungen, die besonders auch für die Soziologie
des mittelalterlichen Bauwesens und die Stellung des
Künstlers von Bedeutung sind, weist der Verfasser
nach, daß es sich bei den Stuttgarter Funden zum
Teil um Planungen für den Prager Dom handelt und
zwar gerade auch für dessen nicht zur Ausführung
gelangte Bauteile. Der Verlag hat dem Werk eine
drucktechnisch über das Übliche hinausgehende
musterhafte Ausstattung angedeihen lassen.
Werner R. D e u s c h


Erich Glette, Landschaft auf Madeira. Münchener Kunstausstellung 1939 im Maximilianeum
(Fot. Ausst.-Ltg.)

liehen Untersuchungen, die vielleicht an anderem
Orte, ihrer Beachtung sicher, einen geeigneteren Platz
gefunden hätten. Den vielen Theorien und Hypothesen
über Werden und Verklingen der Persönlichkeit des
Naumburgers fügt Beenken eine weitere zu, die in
vielen Punkten die Überzeugung der Beweiskraft
besitzt, während doch auch, trotz der bestechenden
Darstellung von Werden, Reife und letzter Meister-
schaft als Begriff der Persönlichkeit, mancher Wider-
spruch, auf den an dieser Stelle nicht eingegangen
werden kann, nicht ganz zum Schweigen gebracht
werden will. Die künstlerisch so „richtig“ gesehenen
Aufnahmen Kirstens kommen leider im Druck nicht
immer zu der Wirkung, die man ihnen wünschen
möchte.
Fayence-Markentafeln
Zu dem an dieser Stelle besprochenen umfang-
reichen Kataloge „Kölner Fayence-Sammler stellen
aus“, der anläßlich der gleichnamigen Ausstellung im
Kölner Kunstgewerbe-Museum erschienen war, ist als
Nachtrag soeben eine Marken-Tafel erschienen, die
die Marken nicht in der üblichen Nachzeichnung,
sondern in Klischees nach scharfen Fotos wiedergibt.
Otto Kletzl, Planfragmente aus der deutschen Dom-
bauhütte von Prag in Stuttgart und Ulm. Veröffent-
lichungen des Archivs der Stadt Stuttgart, Heft 3.
152 S., 14 Abb., 7 Lichtdrucke. Verlag Felix Krais,
Stuttgart, 1939 (kart. 8.50).
Kletzl, bekannt durch seine grundlegenden
Forschungen über die mittelalterlichen Bauhütten,
erkannte in Bruchstücken mittelalterlicher Baurisse

LUDWIGS-GALERIE
K. THÄTER
GEMÄLDE
ERSTEN RANGES
MÜNCHEN 2, OTTOSTRASSE 5

Landschaftsbilder
und Studien 1825-1855

In den Mittelpunkt der Ausstellung bei
Günther Franke in München sind die drei Maler
Louis G u r 1 i 11, Christian Friedrich G i 11 e
und Friedrich Loos mit vierundsiebzig sorg-
fältig gewählten Ölbildern und der gleichen Zahl
an Aquarellen und Handzeichnungen gestellt.
Diese Maler erlebten ähnliches Schicksal, indem
sich ihr Leben fast über das ganze Jahrhundert
erstreckte. Bewußt wurde jedoch an dieser
Stelle auf die in der ersten Hälfte des Jahrhun-
derts entstandenen Bilder hingewiesen, in denen
bei Gurlitt der Einfluß der Kopenhagener Maler-
schule, bei Gille der der Lehrerpersönlichkeit
Christian Clausen Dahls in Dresden sichtbar
wird, während Loos durch die Salzburger und
Wiener Schule im frühen 19. Jahrhundert an-
geregt wurde. Es sind also Landschaftsthemen
aus Skandinavien, Dänemark, der Umgebung
Dresdens, aus dem Salzkammergut und Italien
Leitmotiv der Ausstellung.
Außer von den genannten Künstlern kommt
manches seltene Bild und Aquarell in dieser
Ausstellung zum Vorschein, beispielsweise von
Fearnley, Fohr, Wallis, Brandes, August Hein-
rich, Horny, Wilhelm von Kobell, von dem wir
hier ein reizvolles Aquarell abbilden.

Gemälde erster Meister des 15. bis einschließlich 19. Jahrhunderts
Antiquitäten • Einrichtungen des 1 8. J a h r h u n d e r t s
ANGEBOTE ERBETEN

MARIA ALMAS
München • Ottostrasse 1b

GEMÄLDE
HEINEMANN
ANTIQUITÄTEN
15. BIS 19. JAHRHDT.
WIESBADEN - TAUNUSSTR. 39 - F 28358
MÖBEL PLASTIKEN
 
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