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Zeitschrift für Ästhetik und allgemeine Kunstwissenschaft — 3.1908

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https://doi.org/10.11588/diglit.3433#0297
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BESPRECHUNGEN. 2Q3

oben genannten Symbole: Rot wirkt erregend und ruft daher eine Wirkung hervor,
die der der Freude oder Liebe ähnelt. Aus der Ähnlichkeit des Gefühlseindrucks
erwuchs z. B. dieses Symbol. Auf das eben beschriebene Gefühlserlebnis kommt
es nun an, nicht aber auf das Symbol als solches. Wäre ersteres nicht gegeben,
sondern wüßte man bloß, Rot sei das Symbol für Freude, so wie Hund das Zeichen
für ein Tier ist, wäre ja die Beziehung ebenso äußerlich wie bei den meisten
Namen. Und diesen eigenartig charakterisierten Gefühlseindruck können wir wahr-
lich nicht einen unbewußten nennen. Wären aber jene Symbole wirklich unbewußt,
so hätten sie für den ästhetischen Genuß gar keinen Wert, da ja dieser gerade in
dem Erleben liegt und mit ihm wächst und sich steigert. Dabei sei aber die Frage
gar nicht angeschnitten, ob in Wahrheit diesen sogenannten ästhetischen Elementar-
gefühlen ästhetischer Wert zukommt, oder ob sie lediglich eine mehr oder weniger
günstige Bedingung für das ästhetische Genießen schaffen.

Ich kann nun das Folgende nicht mit der gleichen Ausführlichkeit erörtern, weil
sonst die Länge des Berichtes kaum im Verhältnis zur Bedeutung des Buches stünde.
Ich wollte lediglich an zwei Beispielen zeigen, daß der Verfasser selbst gegenüber
relativ einfachen Fragen die so dringend nötige Vorsicht außer Acht läßt. Im weiteren
Verlauf wendet sich der Verfasser gegen Naturalismus und abstrakte Gedanken-
kunst; Ausführungen, die — wenn sie auch nicht neu sind — so doch ihre Berech-
tigung haben in einem Werke, das für das weitere Publikum bestimmt ist. Das
Wesen der Plastik erblickt Heilmeyer darin, daß die »Form« ihr einziges Ausdrucks-
mittel bildet. Ich möchte jedenfalls nicht ein so vieldeutiges Wort wählen. Man
kann Form im Gegensatz zur Farbe verstehen — obwohl das im Grunde kein
Gegensatz ist —, dann wäre jede polychrome Plastik von vornherein verfehlt; man
kann Form im Gegensatz zum Gehalt meinen, dann wäre wieder jede Plastik zu
verdammen, die mehr als Sinnesreiz zu bieten hat. Doch gegen diese Deutungen
würde sich der Autor wehren, obgleich er in der Tat für polychrome und gehalt-
erfüllte Plastik nicht allzuviel Verständnis zeigt. Was haben wir also unter Form
"•er zu verstehen? Sie soll überall dort sein, »wo das Körperliche aufhört, an den
äußersten Enden und Spitzen des Gegenstandes«. Eine Frage: Ist sie auch dort,
wo das Flächenhafte endigt? Und wenn nicht, aus welchem Grunde fehlt sie hier?
vielleicht sagt der Verfasser: in diesem Fall ergeben sich lediglich Linien als
Frenzen. Ja, aber beim Körper ergeben sich auch dort Linien, wo Flächen zu-
sammenstoßen. Sollten diese für den plastischen Eindruck ganz unwesentlich sein?
Uas widerspräche jeglicher Erfahrung. So scheint Heilmeyer auch hier im Irrtum.
|Jer Fehler wäre leicht zu vermeiden gewesen, wenn der Verfasser sich ein wenig
in den Schriften der Ästhetiker umgesehen hätte: Dessoir (Ästhetik und allgemeine
Kunstwissenschaft S. 402) sagt, die Eigenart der Plastik liege in der künstlerischen
mgestaltung organischer Körper; Lipps (Ästhetik II) nennt die Plastik »Körper-
arstellerin« und meint, sie sei nichts anderes als dies, und Hamann (Zeitschr. f.
sth. u. allg. Kunstw. III, 1) bezeichnet die Plastik geradezu als »Körperkunst«,
lese Ansicht scheint mir die richtige zu sein. Aus ihr ergibt sich leicht — was
eilmeyer uns nicht klar machen kann —, daß alles, im vulgären Sinne, Körperlose
v°n der plastischen Darstellung verbannt sein sollte; ein Satz, der gar nicht so
bstverständlich lst' wie er aussieIlt> wenn wir etwa an Arbeiten von Rosso denken,
er in einem plastischen Damenporträt das Flimmern der Sonnenstrahlen auf ihrem
esicht darzustellen versuchte, oder es gar unternahm, bei einer Gruppe von zwei
enschen auch den sie begleitenden Schatten plastisch darzustellen (vgl. Emil Heil-
ut> Die Impressionisten, 1903).

Als die drei Haupteigentümlichkeiten der Plastik betrachtet Heilmeyer: Ruhe
 
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