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Zeitschrift für Ästhetik und allgemeine Kunstwissenschaft — 12.1917

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https://doi.org/10.11588/diglit.3621#0263

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BESPRECHUNGEN. 257

besondere Rolle spielt: hierin kommt wohl wieder der Künstler zu Worte; vielleicht
ist hier wie an anderen Punkten der Einfluß M. Klingers zu erkennen (z. v. a. a. O.
S. 13 f., 46). So sieht der Verfasser die Kunst darin, daß die zwei Welten, die
Schönheit in der Natur und die Schönheit des Materials, in ein Menschenwerk
zusammengezwungen werden und mit dem geeigneten Material der erschöpfende
Ausdruck für den Impuls, die aus der Anschauung entspringenden Bildidee, ge-
funden werde (S. 82 ff.): eine Auffassung, die in ihrem zweiten Glied bis in den
Ausdruck hinein an M. Klinger erinnert (a. a. O. S. 13). An Dürer, der das »Pro-
blem des menschlichen Körpers auf der Kupferplatte löste«, denkt man, wenn der
Verfasser in der Menschenbeobachtung das »Problem« für die Arbeit auf der
Kupferplatte sieht. Und auch wieder an Klinger, für den der Mensch und der
menschliche Körper der Kern und Mittelpunkt aller Kunst bleiben.

Was die Geschichte des Kupferstiches betrifft, so ist es wohl richtig, daß in
der Zeit, wo er nur die Aufgabe der Vervielfältigung hatte, der Kupferstecher nicht
seine eigene Sprache reden durfte (S. 79); dennoch erlaubte er sich unter Um-
ständen bekanntlich Freiheiten in der gegenständlichen Wiedergabe, die unsere Be-
griffe von Original und Kopie ausschließen.

In Sachen der Literatur möchte es wünschenswert sein, daß der Verfasser ein

ausgewähltes Verzeichnis der älteren und neueren Schriften über den Gegenstand

seiner Einführung beigäbe. — Die Ausstattung des Büchleins verdient Anerkennung.

München.

_________ Georg Schwaiger.

Charlotte Steinbrucker, Lavaters physiognomische Fragmente im
Verhältnis zur bildenden Kunst. Mit 64 Textabbildungen und 20 Bilder-
tafeln. Verlag von Wilhelm Borngräber, Berlin 1915. gr. 8°. 267 S.

Der Herausgeber unserer Zeitschrift hat einmal an dieser Stelle zwei Forde-
rungen erhoben, die an Anfängerschriften gestellt werden müssen: sie sollen die
durchschnittliche Befähigung zu wissenschaftlicher Arbeit nachweisen und unsere
Erkenntnis um ein bescheidenes Stückchen fördern. Wenn ich nicht sehr irre,
handelt es sich im vorliegenden Fall um eine wissenschaftliche Probefahrt. Und
sie ist gewiß gelungen im Sinne der obigen beiden Forderungen. Sie sind aber
zugleich auch ihre Grenzen. Man hätte mit dem Material mehr anfangen können,
wäre der Versuch gemacht worden, die Kreise weiter zu ziehen und abzuheben
von einem reicher und breiter ausgeführten Kulturhintergrund. So bleibt alles recht
mager und dürftig: eine fleißige und zuverlässige Darlegung der Ansichten Lavaters.
Im ersten Abschnitt wird uns der in den Fragmenten verwertete kunstgeschichtliche
Stoff vorgeführt; ein Exkuis unterrichtet über Lavater als Kenner, Sammler und
Ratgeber für die Beurteilung von Kunstwerken. Der zweite Abschnitt erörtert La-
vaters Theorien über die Bildniskunst; ein Exkurs schildert Lavater als Porträt-
beurteiler. Der dritte Abschnitt enthält Lavaters allgemeine Kunsttheorien, und ein
nochmaliger Exkurs bespricht Lavater als Kunstförderer. Eine Zusammenfassung
der Ergebnisse beschließt das Buch. Die Geschichte der Ästhetik und Kunstphilo-
sophie kann Lavater eine Anmerkung widmen, aber sicherlich nicht mehr. Seine
Bedeutung liegt nicht auf diesem Gebiet.

Die vornehme Ausstattung, welche der Verlag der Schrift angedeihen ließ, ver-
leiht ihr einen anspruchsvollen Nachdruck, der zu der Bescheidenheit der Arbeit im
Gegensatz steht.

Rostock. ___________ Emil Utitz.

Zeitschr. f. Ästhetik u. allg. Kunstwissenschaft. XII. 17
 
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