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Zeitschrift für Ästhetik und allgemeine Kunstwissenschaft — 16.1922

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https://doi.org/10.11588/diglit.3618#0135

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BESPRECHUNGEN. 129

Kunst zu bestimmen, d. h. die Zeit, in der sie sich aus der Kunst der Vor- und
Frühzeit heraus entwickelt hat. Diese Teile seiner Arbeit werden für viele Fach-
genossen wohl die interessantesten sein. Er kommt dabei zu dem trotz des geringen
vorliegenden Materials fast sicheren Ergebnis, daß die endgültige Festlegung des
'ägyptischen« Stiles erst im Anfange der dritten Dynastie stattgefunden hat. Leider
|st, wie schon bemerkt, die Anzahl der Funde vor- und frühzeitlicher Kunst aus
Ägypten noch zu gering, als daß man der Frage bisher näher treten könnte, ob
diese Ausbildung des klassischen Stiles ägyptischer Darstellung nicht auf die Kunst-
enlwicklung hemmend gewirkt hat, ob ohne diese Festlegung aus der beweglicheren
Kunst der Vor- und Frühzeit sich nicht Besseres hätte entwickeln können. Es kann
einem jedenfalls manchmal so vorkommen, als ob diese Vor- und Frühzeit in zeich-
nerischer Hinsicht Besseres geleistet habe als die erste und auch noch spätere
leiten des »ägyptischen« Stils. Um nur ein kleines Beispiel dafür anzuführen: die
Darstellung des Uräus, der Königsschlange, wird »ägyptisch« stets aus Vorder- und
Seitenansicht zusammengefügt; die Vor- und Frühzeit kommt aber dem Gesehenen
näher, indem sie nur die Seitenansicht gab. Vielleicht wurden also durch die Fest-
igung des »ägyptischen« Teiles im Anfange der dritten Dynastie Keime erstickt,
"ie einer besseren Entwicklung fähig gewesen wären.

Berlin. Ludwig Borchardt.

Edwin Swift Balch und Eugenia Macfarlane Balch: Kujnst und
Mensch. Vergleichende Kunststudien. Deutsche Ausgabe von Erwin
Volkmann. Würzburg, Memminger 1921, 188 S., 8°, mit 27 Abb.

Das Buch, im Wesentlichen eine erweiterte, aber kaum vertiefte Neubearbeitung
des 1906 erschienenen -»comparative art* des Verfassers, will eine »Abhandlung über
die schönen Künste auf der ganzen Erde um der schönen Künste selbst willen«
(i>. 8) geben, schränkt aber auf der folgenden Seite diese etwas uferlose und eine
Welt von Möglichkeiten umfassende Aufgabe auf die Raumkünste, die Künste des
Gesichtssinns ein. Die keineswegs immer neuen Gedanken, die Balch darüber in
dfeiundzwanzig nicht eben systematisch irgendwie geordneten Kapiteln äußert,
sollen seiner Meinung nach einer neuen Disziplin, einem Bindeglied zwischen Kunst
und Wissenschaft, einer Durchdringung von Kunstwissenschaft und Ethnologie Bahn
brechen und neue Einblicke in das Werden der Menschheit gewähren (Kap. I.).
Von Versuchen ähnlicher Art und Richtung, wie sie Yrjö Hirn, Ernst Große, Wil-
helm Wundt, Karl Lamprecht und Kurt H. Busse vorsichtig angestellt haben, scheint
er nichts zu wissen oder zu halten. An ihnen gemessen wirkt der seine reichlich
dilettantisch und unüberlegt. Gerade auf diesem Versuchsfelde gilt es die Mahnun"
w- Hellpachs zu beherzigen: »Bei allen jungen Problemstellungen kann man die
"einen des Kausalregresses gar nicht kurz genug fassen, sich gar nicht entschieden
genug möglichst auf die beiden zunächstliegenden Kausalglieder beschränken, will
man nicht auf die schiefe Ebene des bloßen Raisonnements kommen.«

Die Fülle des herandrängenden Stoffes durch systematische Ordnung zu meistern,
fehlt Balch die durch straffe geistige Zucht geschulte Kraft und damit auch die
Fähigkeit, den Dingen auf den Grund zu gehen. Wissenschaftlich zu Hause ist
er wohl nur auf dem Gebiet der Prähistorie und Ethnologie. So ist das, was er
nber die Entwicklung der primitiven Kunsttechnik sagt (Kap. XV11), beachtlich, wie
auch keineswegs geleugnet werden soll, daß sich unter den übrigen sorglos auf
Grund roher Empirie zusammengetragenen Beobachtungen manche treffende und
anregende befindet — neben ebensovielen anfechtbaren und oberflächlichen. Ich
nebe besonders die Kapitel VI (Beurteilung) und IX (Vorwurf und Motiv) hervor.
Zeitechr. f. Ästhetik u. allg. Kunstwissenschaft. XVI. 9
 
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