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Zeitschrift für Ästhetik und allgemeine Kunstwissenschaft — 16.1922

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https://doi.org/10.11588/diglit.3618#0261

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BESPRECHUNGEN. 255

auszudrücken liebt, mit vollem Recht auch auf die wahrlich nicht dichterischem Un-
geschick oder intellektueller Unreife entspringenden Anachronismen und sonstigen
groben Verletzungen tatsächlicher Verhältnisse und Zusammenhänge in Kleists
Dramen, die eben einer viel höheren Kausalität als der der Erfahrung gehorchen.
Und kräftig arbeitet Ohmann weiterhin die Bedeutung der Liebe, des sympathe-
tischen Zuges der Herzen bei Heinrich Kleist heraus, dem gegenüber die Sprache
nur ein elendes Gestammel bleibt. Das Mißverständnis ist tatsächlich die vor-
nehmste Wurzel von Kleists Tragik. Nur ist dies Mißverständnis nicht auf die
Unfähigkeit der Sprache allein begründet, wie Ohmann doch recht einseitig es dar-
stellt, sondern auf die Trübung des ursprünglichen, reinen Gefühls durch tausend
Lebensfratzen, wie es vor allem die»>Penthesilea« zeigt. Ich möchte hier nochmals
auf meine Ausführungen in der Germanisch-Romanischen Monatsschrift Bd. 1, S. 543
Und vor allem auf die bedeutsame Klärung hinweisen, die der Begriff der Sympathie
°ei Kleist durch eine feinsinnige und tiefgrabende Arbeit Fr. Röbbelings ') erfahren hat.
Hamburg.

Robert Petsch.

^rnst Cassirer, Idee und Gestalt. Goethe — Schiller — Hölderlin — Kleist.
Fünf Aufsätze. Berlin, bei Bruno Cassirer, 1921. 200 S. Lex. 8°.
In diesem herrlich ausgestatteten Bande sind Aufsätze vereinigt, von denen der
über Goethes Pandora zuerst in unserer Zeitschrift erschien und der über Kleist
aui S. 253 besprochen wurde. Dazwischen stehen: eine erkenntnistheoretische Be-
achtung über Goethe und die mathematische Physik, eine Erörterung über die
(Methodik des Idealismus in Schillers philosophischen Schriften, und ein Aufsatz
u°er Hölderlin und den deutschen Idealismus. Das Gemeinsame der Untersuchungen
legt darin, daß sie die Fruchtbarkeit philosophischer Ideen für das Schaffen des
Richters erkennen lassen. Philosophische Gedanken leben sich nicht in ihrer engeren
"leirnat aus, sondern zerstreuen sich in die Lande: wirken auf Kunst und Religion,
raxis und Technik. Die Dichter aber haben den größten Nutzen von dieser Aus-
zahlung des Philosophischen. Sehr schön tritt das in dem Aufsatz über Hölderlin
nervor. Den Goethe-Aufsatz empfehle ich besonders denen zur Lesung, die uns
Se't einiger Zeit mit Beharrlichkeit einreden wollen, daß Herr Rudolf Steiner Ur-
sPriingliches und Bedeutendes über Goethe verkündet habe.
Berlin.

Max Dessoir.

>e Edda. Heldenlieder. Übertragen von Rud. John Gorsieben. Verlag Die
Heimkehr, München-Pasing 1920. 127 S. 8°.

Der Waschzettel des Verlages sagt von dieser »Übertragung«, sie gebe »bei
enrförchtigster Treue gegen den Urtext die Edda zum ersten Male als ganz reines
0raussetzungsloses Kunstwerk«. Heute sind manche echten Werte zum Gespött
geworden; so auch die Ehrfurcht. In Wahrheit ist diese Gorsieben-Edda« eine
reie Bearbeitung; wo der Verfasser übersetzt, und das tut er immerhin allermeist,
°a begegnen ihm auf Schritt und Tritt Mißverständnisse verschiedenster Art; von
reue gegen den Urtext kann in keinem Sinne die Rede sein — am wenigsten in
dem Sinne, den der Bearbeiter sich gegenüber dem philologischen Beurteiler viel-

') Fr. Röbbeling, Kleists Käthchen von Heilbrohn (Bausteine zur Geschichte der
"eueren deutschen Literatur, herausgeg. von Saran Bd. 12). Halle, Niemeyer, 1913.
gl. meine Besprechung Germanisch-Romanische Monatsschrift Bd. VI, S. 389 ff.
 
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