Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Zeitschrift für Ästhetik und allgemeine Kunstwissenschaft — 16.1922

DOI Heft:
Heft 2
DOI Artikel:
Besprechungen
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.3618#0264

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
258 BESPRECHUNGEN.

der Bearbeiter kein Ohr gehabt, so wenig wie die meisten deutschen Übersetzer
vor ihm (ausgenommen ist eigentlich nur Genzmer). Auch die Unterschiede der
einzelnen Denkmäler und zuweilen ihrer Teile unter sich — die Genzmer so reiz-
voll nachbildet — spielen für ihn keine Rolle. Am schlimmsten wird dem zweiten
eddischen Strophenmaß (dem Spruchmetrum, liodhahattr) mitgespielt: es erscheint
ganz modernisiert, erschreckend verflacht. Daß mancher Vers einzeln oder zu
zweien und dreien sich gefällig liest, auch daß hie und da Eigenheiten der Urverse
(z. B. Endreime) hübsch wiederklingen, soll nicht geleugnet werden. Aber im ganzen
trägt auch die Metrik den deutlichen Stempel der Unzulänglichkeit. Sie bringt
auch sprachliche Härten in Menge mit sich.

Berlin-Charlottenburg. Gustav Neckel.

Goethes Faust. Der Tragödie erster Teil mit Zeichnungen von Peter Cornelius.
Eingeleitet von Alfred Kuhn. Verlegt bei Dietrich Reimer (Ernst Vohsen)
A.G. Berlin 1920. 4°. XV u. 190 S.

Diese Faustausgabe ist mit Handzeichnungen des jungen Peter Cornelius ge'
schmückt und mit einer anspruchslos erläuternden Einleitung Alfred Kuhns versehen-
Vergleicht man, was Cornelius anstrebte, mit der bei Goethe ausgelösten Wirkung>
sieht man dort bewußte deutsche Romantik, hier den Standpunkt des Olympien
beachtet man beim Maler die Rückwendung zur Gotik, beim alternden Dichter den
nach Italien gerichteten Blick, so erhebt sich die Frage, ob Cornelius im Jahre 1811
dem Geist der Entstehung des Werks nicht vielleicht näher war als der Schöpfer
des Werkes selber. Anders gestaltet sich die Betrachtung, wenn man die Illustra-
tionen abschätzt nach den eigenen Bildvorstellungen, die die Einbildungskraft beim
Lesen der Dichtung hervorbringt, und an solchen, die in der Erinnerung an viele
und verschiedenartige Bühnenaufführungen aufbewahrt sind. Ich wenigstens ver-
mag mich dann für die saubere Strichelmanier und die gekünstelten Stellungen
nicht zu begeistern. Trotzdem bin auch ich durch die Illustrationen aufs lebhafteste
angeregt und durch das ausgezeichnete Schriftbild ohne Einschränkung erfreut
worden.

Berlin. ___________ Max Dessoir.

Hans von Marees, Briefe. Mit vier Lichtdrucken nach Zeichnungen. MüncheHi
R. Piper & Co., Verlag, 1920.
>Die Briefe Hans von Marees' wurden zum ersten Male im Jahre 1910 in Meier-
Graefes dreibändigem Marees-Werk veröffentlicht, nachdem schon Fiedler kurz nach
Marees' Tode einige besonders wichtige Stellen seinem Aufsatz über den Künstler
beigegeben hatte. Das große Marees-Werk ist wegen seines großen Umfanges nicht
jedermann zugänglich, zumal dem jungen Künstler nicht; auch wird es nächstens
vergriffen sein und ein Neudruck sich kaum mehr ermöglichen lassen. Deshalb
erscheint hier der Briefband in Auswahl.« Sie enthält alle für die Entwicklung
Marees' irgend bedeutungsvollen Briefe. Ich glaube, daß diese Sätze aus dem Vor-
wort das Buch vollständig rechtfertigen. Das letzte Jahrzehnt hat die Kunsttheorie
Fiedlers und die Kunst seines Freundes Marees keineswegs in den Schatten gerückt.
ihre Aktualität ist sogar wesentlich gestiegen. Darum ist diese handliche und wohl-
feile Ausgabe hochwillkommen, auch wenn sie nichts »Neues« bringt, das kritische
Stellungnahme erforderte oder unseren Horizont weitete. Für die meisten ist eS
neu, weil sie den Weg zu jenem großen Werk nicht finden konnten. Aber über
Kunst und Künstler soll man bei der Lektüre dieser Briefe nicht des großen Menschen-
 
Annotationen